Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0156
DOI issue:
4. Heft
DOI article:Braun, Edmund Wilhelm: Die Sammlung von Porträtminiaturen des Herrn Dr. Ludwig von Flesch-Festau in Wien
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PORTRÄTMINI ATUREN-SAMMLUNG VON LUDWIG VON FLESCH-FESTAU
welche einige Haare des am 13. Februar
1820 zu Paris ermordeten Herzogs und
feiner Gemahlin Karoline Ferdinande unter
Glas einfchließen und zwar trägt die Platte
mit des Herzogs Haaren das Datum feiner
Ermordung, während diejenige mit den
Haaren der Herzogin den darauffolgenden
Tag, den 14. Februar, angibt, an welchem
fie fich offenbar die Haare abfchnitt, um
fie dem Rahmen mit der Miniatur ihres
Gemahls für den Bifchof von Chartres
einzufügen. Den oberen Teil des Rahmens
zieren drei durchbrochene Goldbronzeappli-
queen mit den Lilien der Bourbonen. Auch
diefe Miniatur ift unfigniert, aber wohl
ficher eine Arbeit von Jean Baptift Jacques
Auguftin (1759 — 1832).
Die glatte, elegante Malweife des dritten
Kaiferreiches bringt das fubtil gemalte Mi-
niaturporträt einer jungen, braunlockigen
Dame (Abb. 17) in weißem Kleid mit
Schleier und gelbem Seidenband um die
Taille gut zum Ausdruck. Es ift bezeichnet
„millet“, alfo ein Werk von Frederic Millet
(1786—1859).
Von hiftorifchem Intereffe ift die quer-
ovale Elfenbeinplatte, die um 1860 Goudon, „medaille de Ste HJ=“ mit den Porträts
der Kaiferin Eugenie und des kleinen Prinzen Lulu bemalt hat, der eine Büfte feines
Vaters bekränzt. Der Kronprinz trägt das Großkreuz der Ehrenlegion, während die
Kaiferin ein ungemein fauber ausgeführtes, dekolletiertes, violettes Spißenkleid trägt
(Abb. 18, 15X11 cm).
Nach dem gefchwungenen Format zu fchließen,
diente die Elfenbeinplatte mit dem Bruftbild eines
geiftlichen Kurfürften (Abb. 19) zur Bekleidung
des inneren Deckels einer Tabatiere. In Email-
und Porzellanmalerei gibt es noch manche Minia-
turporträts in diefem Format. Das Bildchen ift
eine anonyme mittel- oder füddeutfche Arbeit
aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts. Der Typus folcher Porträts von Kir-
chenfürften ift ein ziemlich feftftehender, meift
mit dem Ausblick in die Landfchaft, dem pom-
pöfen Vorhang und den Attributen, in diefem
Falle zwei Kurhüte, die Mitra und der Hirtenftab.
Einen ähnlichen, etwas früheren Typus re-
präfentativer Porträtminiaturen gibt das Kniebild
eines Fürften in Allongeperrücke, mit Panzer
Abb. 2t
Äbb. 20
132
welche einige Haare des am 13. Februar
1820 zu Paris ermordeten Herzogs und
feiner Gemahlin Karoline Ferdinande unter
Glas einfchließen und zwar trägt die Platte
mit des Herzogs Haaren das Datum feiner
Ermordung, während diejenige mit den
Haaren der Herzogin den darauffolgenden
Tag, den 14. Februar, angibt, an welchem
fie fich offenbar die Haare abfchnitt, um
fie dem Rahmen mit der Miniatur ihres
Gemahls für den Bifchof von Chartres
einzufügen. Den oberen Teil des Rahmens
zieren drei durchbrochene Goldbronzeappli-
queen mit den Lilien der Bourbonen. Auch
diefe Miniatur ift unfigniert, aber wohl
ficher eine Arbeit von Jean Baptift Jacques
Auguftin (1759 — 1832).
Die glatte, elegante Malweife des dritten
Kaiferreiches bringt das fubtil gemalte Mi-
niaturporträt einer jungen, braunlockigen
Dame (Abb. 17) in weißem Kleid mit
Schleier und gelbem Seidenband um die
Taille gut zum Ausdruck. Es ift bezeichnet
„millet“, alfo ein Werk von Frederic Millet
(1786—1859).
Von hiftorifchem Intereffe ift die quer-
ovale Elfenbeinplatte, die um 1860 Goudon, „medaille de Ste HJ=“ mit den Porträts
der Kaiferin Eugenie und des kleinen Prinzen Lulu bemalt hat, der eine Büfte feines
Vaters bekränzt. Der Kronprinz trägt das Großkreuz der Ehrenlegion, während die
Kaiferin ein ungemein fauber ausgeführtes, dekolletiertes, violettes Spißenkleid trägt
(Abb. 18, 15X11 cm).
Nach dem gefchwungenen Format zu fchließen,
diente die Elfenbeinplatte mit dem Bruftbild eines
geiftlichen Kurfürften (Abb. 19) zur Bekleidung
des inneren Deckels einer Tabatiere. In Email-
und Porzellanmalerei gibt es noch manche Minia-
turporträts in diefem Format. Das Bildchen ift
eine anonyme mittel- oder füddeutfche Arbeit
aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts. Der Typus folcher Porträts von Kir-
chenfürften ift ein ziemlich feftftehender, meift
mit dem Ausblick in die Landfchaft, dem pom-
pöfen Vorhang und den Attributen, in diefem
Falle zwei Kurhüte, die Mitra und der Hirtenftab.
Einen ähnlichen, etwas früheren Typus re-
präfentativer Porträtminiaturen gibt das Kniebild
eines Fürften in Allongeperrücke, mit Panzer
Abb. 2t
Äbb. 20
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