Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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AUSSTELLUNGEN
gefchritten. Kein Zeitgenoffe beherrfcht Tem-
perament, Charakter und farbig plaftifche Er-
fcheinung mit allen Vielfältigkeiten der Form-
elemente des Pferdes fo wie Trübner, der fich
als eminenter Tierporträtift — Pferd und Dogge
— mit allen koftbaren Eigenfdiaften des Bildnis-
malers manifeftiert. Nicht etwa einzelne Leitungen,
wie der Bürgermeifter Hoffmeifter (1812), der
Einjährige mit Säbel (1875), Porträt L. T. (1885)
oder Profeffor W. (1894) u. a., wie z. B. die pracht-
vollen Reiterporträts, fondern die ganze Folge
der Bildniffe find malerifche und charakteri-
fierende Glanzftücke von einer fachlichen Ruhe
und Wucht, die ohnegleichen in unferer neuern
Kunft dafteht.
Die Landfchaft ift für Trübner kein Seelen-
zuftand, fondern ein von ätherifchen Lüften
durchflutetes, lichterfülltes, in hellen Farben
ftrahlendes Raumgebilde von manchmal unbe-
greiflichem Einklang von Wahrhaftigkeit und
Einfachheit. Man weiß, namentlich in feinen
lebten Werken, nicht, was man ftärker zu be-
wundern hat: den gewaltigen Raum, das flim-
mernde Licht, die ätherifche Luft, die ftrahlende
Farbe, oder die einfache Linienführung, die alles
feft und ficher umfchließt und zufammenfaßt.
Trübner ift der Darfteller der Bewegung durch
die Mittel der Farbe, ohne auf fefte Zeichnung
zu verzichten. — Die fünfzig Zeichnungen, die
man aus Trübners Mappen erftmalig fehen kann,
klären das Bild von Trübners Schaffensweife
ungemein. Wie der Pinfelfchlag Trübners immer
breiter und freier wird, fo geht auch dasZeich-
nerifche bei Trübner aus der Kontraftwirkung
von Hell und Dunkel allmählich zur bewegten
und dann zur breit und ficher hingefeßten Linie
über, die in der Beftimmtheit und Feftigkeit
ihres Äusdruckes Farbe, Form und Raum deter-
miniert.
Die Karlsruher Trübner-Ausftellung zeigt erft
die volle Bedeutung des großen Künftlers. B.
LONDON GUTEKUNSTS GALLERY in Graf-
ton Street, Bond Street ftellt ca. 40 ganz vor-
zügliche Radierungen des Böhmen Hollar aus,
der im 17. Jahrhundert nach England kam und
dafelbft fehr zahlreiche Werke, auch Buchilluftra-
tionen fchuf. Die ausgeftellten Blätter find fehr
charakteriftifch für die Auffaffung und Arbeits-
weife des Künftlers, der bei oft minutiöfer Aus-
führung doch niemals die Weite des Blickes,
den Sinn fürs Ganze verlor. Unter den Stücken
befinden fich einige Änfichten vom Rhein, von
London und auch einige Radierungen nach be-
kannten Bildern, u. a. von Dürer und van Dyck.
Da Hollar noch nicht zur Mode geworden ift,
find die Preife verhältnismäßig noch niedrig.
Das Zufammenbringen der Ausftellung hat viel
Mühe verurfacht, und man mußMr. Gutekunft für
diefe feltene Gabe dankbar fein.
Die NATIONAL PORTRAIT SOCIETY hält
momentan ihre erfte Londoner Ausftellung unter
der Leitung des bekannten Malers Francis Ho-
ward ab, dem London fchon fo manche wert-
volle Ausftellung verdankt. Die Kollektion ift
fehr gut und führt meift repräfentative Beifpiele
der Kunft ihrer Mitglieder vor. Ein paar alte
Bilder, darunter eines von Whiftler und einige
von G.F. Watts, find der Ausftellung einverleibt
worden. Die Society hat eine ganze Reihe von
deutfchen Porträtmalern zu Ehrenmitgliedern er-
klärt, u. a. Freiherrn von Habermann, Max
Klinger, Max Liebermann und Leo Samberger,
aber nur letzterer hat vier feiner charakteriftifchen
Köpfe gefchickt, die ein wenig wie Hechte im
Karpfenteich wirken, hier aber durch die kühne
Wucht ihrer Vifion und Durchführung großes In-
tereffe erregen. Von deutfchen, in London leben-
den Künftlern bietet die Ausftellung ein Damen-
porträt „A Smile“ von Jofeph Oppenheimer und
ein vornehm ftilles Herrenporträt Profeffor G.
Sauters.
In der im Stadtteil Chelfea neuerrichteten
Crosby Hall findet momentan eine zweite Städte-
bauausftellung ftatt, die den Londonern noch-
mals die dringende Notwendigkeit eines plan-
mäßigen Vorgehens im Ausbau der Städte
vorführen foll. Vorträge follen während der
Ausftellung abgehalten werden. Den erften hält
der Minifter John Burns, Schöpfer des neuen
Städtebaugefeßes, felber. F.
MÜNCHEN Die Kollektivausftellung plafti-
fcher Werke von M. 0. Müller - Liebental im
KUNSTSALON W. ZIMMERMANN macht mit
einem jungen Bildhauer bekannt, deffen Stärke
zunächft entfchieden auf dem Gebiete ftiliftifcher
Geftaltung zu fuchen ift. Ein paar Tiergeftalten
feffeln ihrer ftraffen Formung wegen ganz be-
fonders, um fo mehr, als trolj der ftilifierenden
Vereinfachung alles Wefentliche wiedergegeben
ift, und die Modellierung gute Naturbeobachtung
bekundet. Das Kaifer Friedrich - Mufeum in
Berlin und die Nationalgalerie haben Arbeiten
des Künftlers erworben. In BRAKLS MODER-
NER KUNSTHANDLUNG ift neu Heinrich Kley
mit nicht weniger als 130 Federzeichnungen
und Aquarellen vertreten. Kley, der durch
feine Zeichnungen, namentlich im Simpliziffimus
und der Jugend rafch populär geworden ift, ift
in der Tat ein illuftratives Talent hervorragenden
Ranges. Nichts fehlt ihm, was feine künft-
lerifche Erfcheinung feffelnd und allgemein an-
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gefchritten. Kein Zeitgenoffe beherrfcht Tem-
perament, Charakter und farbig plaftifche Er-
fcheinung mit allen Vielfältigkeiten der Form-
elemente des Pferdes fo wie Trübner, der fich
als eminenter Tierporträtift — Pferd und Dogge
— mit allen koftbaren Eigenfdiaften des Bildnis-
malers manifeftiert. Nicht etwa einzelne Leitungen,
wie der Bürgermeifter Hoffmeifter (1812), der
Einjährige mit Säbel (1875), Porträt L. T. (1885)
oder Profeffor W. (1894) u. a., wie z. B. die pracht-
vollen Reiterporträts, fondern die ganze Folge
der Bildniffe find malerifche und charakteri-
fierende Glanzftücke von einer fachlichen Ruhe
und Wucht, die ohnegleichen in unferer neuern
Kunft dafteht.
Die Landfchaft ift für Trübner kein Seelen-
zuftand, fondern ein von ätherifchen Lüften
durchflutetes, lichterfülltes, in hellen Farben
ftrahlendes Raumgebilde von manchmal unbe-
greiflichem Einklang von Wahrhaftigkeit und
Einfachheit. Man weiß, namentlich in feinen
lebten Werken, nicht, was man ftärker zu be-
wundern hat: den gewaltigen Raum, das flim-
mernde Licht, die ätherifche Luft, die ftrahlende
Farbe, oder die einfache Linienführung, die alles
feft und ficher umfchließt und zufammenfaßt.
Trübner ift der Darfteller der Bewegung durch
die Mittel der Farbe, ohne auf fefte Zeichnung
zu verzichten. — Die fünfzig Zeichnungen, die
man aus Trübners Mappen erftmalig fehen kann,
klären das Bild von Trübners Schaffensweife
ungemein. Wie der Pinfelfchlag Trübners immer
breiter und freier wird, fo geht auch dasZeich-
nerifche bei Trübner aus der Kontraftwirkung
von Hell und Dunkel allmählich zur bewegten
und dann zur breit und ficher hingefeßten Linie
über, die in der Beftimmtheit und Feftigkeit
ihres Äusdruckes Farbe, Form und Raum deter-
miniert.
Die Karlsruher Trübner-Ausftellung zeigt erft
die volle Bedeutung des großen Künftlers. B.
LONDON GUTEKUNSTS GALLERY in Graf-
ton Street, Bond Street ftellt ca. 40 ganz vor-
zügliche Radierungen des Böhmen Hollar aus,
der im 17. Jahrhundert nach England kam und
dafelbft fehr zahlreiche Werke, auch Buchilluftra-
tionen fchuf. Die ausgeftellten Blätter find fehr
charakteriftifch für die Auffaffung und Arbeits-
weife des Künftlers, der bei oft minutiöfer Aus-
führung doch niemals die Weite des Blickes,
den Sinn fürs Ganze verlor. Unter den Stücken
befinden fich einige Änfichten vom Rhein, von
London und auch einige Radierungen nach be-
kannten Bildern, u. a. von Dürer und van Dyck.
Da Hollar noch nicht zur Mode geworden ift,
find die Preife verhältnismäßig noch niedrig.
Das Zufammenbringen der Ausftellung hat viel
Mühe verurfacht, und man mußMr. Gutekunft für
diefe feltene Gabe dankbar fein.
Die NATIONAL PORTRAIT SOCIETY hält
momentan ihre erfte Londoner Ausftellung unter
der Leitung des bekannten Malers Francis Ho-
ward ab, dem London fchon fo manche wert-
volle Ausftellung verdankt. Die Kollektion ift
fehr gut und führt meift repräfentative Beifpiele
der Kunft ihrer Mitglieder vor. Ein paar alte
Bilder, darunter eines von Whiftler und einige
von G.F. Watts, find der Ausftellung einverleibt
worden. Die Society hat eine ganze Reihe von
deutfchen Porträtmalern zu Ehrenmitgliedern er-
klärt, u. a. Freiherrn von Habermann, Max
Klinger, Max Liebermann und Leo Samberger,
aber nur letzterer hat vier feiner charakteriftifchen
Köpfe gefchickt, die ein wenig wie Hechte im
Karpfenteich wirken, hier aber durch die kühne
Wucht ihrer Vifion und Durchführung großes In-
tereffe erregen. Von deutfchen, in London leben-
den Künftlern bietet die Ausftellung ein Damen-
porträt „A Smile“ von Jofeph Oppenheimer und
ein vornehm ftilles Herrenporträt Profeffor G.
Sauters.
In der im Stadtteil Chelfea neuerrichteten
Crosby Hall findet momentan eine zweite Städte-
bauausftellung ftatt, die den Londonern noch-
mals die dringende Notwendigkeit eines plan-
mäßigen Vorgehens im Ausbau der Städte
vorführen foll. Vorträge follen während der
Ausftellung abgehalten werden. Den erften hält
der Minifter John Burns, Schöpfer des neuen
Städtebaugefeßes, felber. F.
MÜNCHEN Die Kollektivausftellung plafti-
fcher Werke von M. 0. Müller - Liebental im
KUNSTSALON W. ZIMMERMANN macht mit
einem jungen Bildhauer bekannt, deffen Stärke
zunächft entfchieden auf dem Gebiete ftiliftifcher
Geftaltung zu fuchen ift. Ein paar Tiergeftalten
feffeln ihrer ftraffen Formung wegen ganz be-
fonders, um fo mehr, als trolj der ftilifierenden
Vereinfachung alles Wefentliche wiedergegeben
ift, und die Modellierung gute Naturbeobachtung
bekundet. Das Kaifer Friedrich - Mufeum in
Berlin und die Nationalgalerie haben Arbeiten
des Künftlers erworben. In BRAKLS MODER-
NER KUNSTHANDLUNG ift neu Heinrich Kley
mit nicht weniger als 130 Federzeichnungen
und Aquarellen vertreten. Kley, der durch
feine Zeichnungen, namentlich im Simpliziffimus
und der Jugend rafch populär geworden ift, ift
in der Tat ein illuftratives Talent hervorragenden
Ranges. Nichts fehlt ihm, was feine künft-
lerifche Erfcheinung feffelnd und allgemein an-
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