Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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6. Heft
DOI article:Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN
C. Jörres, Udo Peters, Paul Schröter und der
Graphiker C. Weidemeyer vor, fie find durch-
wegs tüchtig und von beftem Streben erfüllt.
Inwieweit diefe neue Gruppe aber an die be-
rühmte Gruppe ihrer Vorgänger heranzureichen
vermag fteht noch dahin. M. K. R.
WEIMÄR Im GROSSHERZOGL. MUSEUM
für Kunft und Kunftgewerbe (Karlspla^) waren
im Februar Gemälde von Walter Püttner, dem
Mitglied der Münchener „Scholle“, ausgeftellt;
ein größeres Stilleben „Masken“ wurde für die
moderne Galerie des Mufeums angekauft.
Der März hat eine überrafchend reichhaltige
Äusftellung von Werken Wilhelm Gailhofs ge-
bracht. Die Verfchiedenartigkeit, namentlich der
Gemälde, läßt fich wohl zumeift auf die ver-
fchiedene Entftehungszeit mit ihren wechfelnden
Einflüffen zurückführen; doch zeigen fich auch
in der Qualität ftarke Schwankungen. Stark-
empfundenes wechfelt mit fpielerifcher Improvi-
fation, frifches Naturftudium mit ausgelernten
Effekten. Hervorgehoben werden müffen neben
der älteren „Verfuchung des Ritters“ haupt-
fächlich die große, gewaltfameKompofition „Prin-
zeffin von Judäa“, eine weibliche Halbfigur, die
feinen Landfchaftsftudien und Parifer Anfichten,
die famofe Paftellfkizze „Stier bei der Zirkus-
probe“.
Gailhof lebt zurzeit in Paris; nach Weimar
wird er zu dauerndem Aufenthalt kaum mehr
zurückkehren. W. H.
WIEN In der Galerie MIETHKE veranftalteten
Carl Moll und Max Kurzweil eine Kollektiv-
ausftellung. Die Kunft Molls bedarf keines Mitt-
lers mehr. Seit längerer Zeit kennt und fchät^t
man feine rötlich und golden flimmernden Inte-
rieurs aus altadeligen Prunkfehlöffern; man weiß,
wie reizvoll er in feinen „Stilleben“ das anmutige
Spiel des Lichtes auf zarten Gläfern und Schalen
wiederzugeben weiß. Schon bei einer früheren
Gelegenheit wurde hier an das „weiße Zimmer“
und das Interieur aus dem Finanzminifterium
erinnert, die in der „Kunftfchau“ des Jahres 1908
die Eigenart des Künftlers fo trefflich zur Gel-
tung brachten. Mindergelungene Werke dieser
Art ftreifen manchmal freilich ein wenig ans
Süßliche; das flimmerige Licht läßt die einzelnen
Gegenftände gleichfam zerflattern und beraubt
fie allzu fehr ihrer ftofflichen Eigenart. Als Bei-
fpiel diene Nr. 28 „Gedeckter Tifch“; Meffer,
Teller, Gläfer und Schalen zeigen gleichmäßig
denfelben Perlmutterton. Von den unabläffigen
ehrlichen Naturftudien des Künftlers legen neben
den Landfchaften aus Göding insbefondere die
Parkmotive aus Schönbrunn (Nr. 17, 22, 25
„Springbrunnen“ u. a. m.) beredtes Zeugnis ab.
Molls hinlänglich bekannte, hübfehe Farben-
holzfchnitte follen nicht vergeffen werden; be-
fonders reizvoll das Blatt „Villa in Döbling“
mit den glänzend herausgebrachten Lichtrefle-
xen auf den Fenftern der gefchloffenen Veranda.
— Kurzweils Bildern vermag ich nur wenig
Gefchmack abzugewinnen; fein Können fcheint
dem vielleicht höheren Wollen nicht gewach-
fen. Seine recht konventionellen Porträts fuchen
durch pikante Farbenzufammenftellungen Inter-
effe zu erwecken. Völlig verfagt K. in feinen
weiblichen Akten, die durch dasfelbe Mittel
wirken wollen. Ganz abgefehen von aller
groben zeichnerifchen Unzulänglichkeit fehlt
diefen künftlich leuchtenden Körpern jeglicher
Rhythmus und das Zwingende der Proportion.
Am anfprechendften wirken noch die dalmati-
nifchen Landfchaftsftudien des Künftlers. Die im
Oberftock ausgeftellten Zeichnungen und gra-
phifchen Arbeiten Kurzweils (darunter japani-
fierende Farbenholzfchnitte) können das Gesamt-
urteil über den Künftler nur beftätigen. — Im
Oberftock der Galerie Miethke find gegenwärtig
fünf Werke Cezannes ausgeftellt, eine Landfchaft
aus der reifen Zeit des Meifters (abgeb. in
Meier-Graefes Monographie S. 71), zwei Still-
leben (eines davon das frühe „mit der fchwarzen
Uhr“, abgeb. a. a. 0. S. 77) und zwei Porträts
(deren eines das herrliche Bildnis der Gattin
des Künftlers, abgeb. a. a. 0. S. 46 „gegen 1885“).
Eine willkommene Gelegenheit, hier neuerlich
auf die großen Verdienfte Carl Molls, des
artiftifchen Leiters der Galerie Miethke, um das
gefamte Wiener Kunftleben und die Förderung
der modernen Kunft hinzuweifen, denen auch
an diefer Stelle wiederholt dankbare Anerken-
nung gezollt wurde.
Im Kunftfalon HELLER veranftaltet der Ver-
lag Paul Caffirer eine Äusftellung einer größeren
Zahl graphischer Blätter, die auf der Panpreffe
gedruckt wurden. Die Panpreffe veröffentlicht
nur Handdrücke; die Leitung des Druckes liegt
in den Händen des Graphikers R. Hoberg. Die
Mehrzahl der ausgeftellten Blätter, wie z. B. die
lebten graphifchen Arbeiten Liebermanns, die
Lithographien Slevogts zum Cooperfchen „Leder-
ftrumpf“, Corinths Lithographien zum „Buch
Judith“ find jedem Kenner und Freunde moderner
Graphik hinlänglich vertraut. Auch die Werke
der übrigen von der Panpreffe befchäftigten
Künftler (ich nenne nur Struck, Orlik, Pascin,
E. R. Weiß, Meid, Pechftein) find durch die gra-
phifchen Ausheilungen des lebten Jahres, ins-
befondere durch die Äusftellung „zeichnende
Künfte“ der Berliner Sezeffion in weiteren
Kreifen bekannt geworden, so daß fich hier ein
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C. Jörres, Udo Peters, Paul Schröter und der
Graphiker C. Weidemeyer vor, fie find durch-
wegs tüchtig und von beftem Streben erfüllt.
Inwieweit diefe neue Gruppe aber an die be-
rühmte Gruppe ihrer Vorgänger heranzureichen
vermag fteht noch dahin. M. K. R.
WEIMÄR Im GROSSHERZOGL. MUSEUM
für Kunft und Kunftgewerbe (Karlspla^) waren
im Februar Gemälde von Walter Püttner, dem
Mitglied der Münchener „Scholle“, ausgeftellt;
ein größeres Stilleben „Masken“ wurde für die
moderne Galerie des Mufeums angekauft.
Der März hat eine überrafchend reichhaltige
Äusftellung von Werken Wilhelm Gailhofs ge-
bracht. Die Verfchiedenartigkeit, namentlich der
Gemälde, läßt fich wohl zumeift auf die ver-
fchiedene Entftehungszeit mit ihren wechfelnden
Einflüffen zurückführen; doch zeigen fich auch
in der Qualität ftarke Schwankungen. Stark-
empfundenes wechfelt mit fpielerifcher Improvi-
fation, frifches Naturftudium mit ausgelernten
Effekten. Hervorgehoben werden müffen neben
der älteren „Verfuchung des Ritters“ haupt-
fächlich die große, gewaltfameKompofition „Prin-
zeffin von Judäa“, eine weibliche Halbfigur, die
feinen Landfchaftsftudien und Parifer Anfichten,
die famofe Paftellfkizze „Stier bei der Zirkus-
probe“.
Gailhof lebt zurzeit in Paris; nach Weimar
wird er zu dauerndem Aufenthalt kaum mehr
zurückkehren. W. H.
WIEN In der Galerie MIETHKE veranftalteten
Carl Moll und Max Kurzweil eine Kollektiv-
ausftellung. Die Kunft Molls bedarf keines Mitt-
lers mehr. Seit längerer Zeit kennt und fchät^t
man feine rötlich und golden flimmernden Inte-
rieurs aus altadeligen Prunkfehlöffern; man weiß,
wie reizvoll er in feinen „Stilleben“ das anmutige
Spiel des Lichtes auf zarten Gläfern und Schalen
wiederzugeben weiß. Schon bei einer früheren
Gelegenheit wurde hier an das „weiße Zimmer“
und das Interieur aus dem Finanzminifterium
erinnert, die in der „Kunftfchau“ des Jahres 1908
die Eigenart des Künftlers fo trefflich zur Gel-
tung brachten. Mindergelungene Werke dieser
Art ftreifen manchmal freilich ein wenig ans
Süßliche; das flimmerige Licht läßt die einzelnen
Gegenftände gleichfam zerflattern und beraubt
fie allzu fehr ihrer ftofflichen Eigenart. Als Bei-
fpiel diene Nr. 28 „Gedeckter Tifch“; Meffer,
Teller, Gläfer und Schalen zeigen gleichmäßig
denfelben Perlmutterton. Von den unabläffigen
ehrlichen Naturftudien des Künftlers legen neben
den Landfchaften aus Göding insbefondere die
Parkmotive aus Schönbrunn (Nr. 17, 22, 25
„Springbrunnen“ u. a. m.) beredtes Zeugnis ab.
Molls hinlänglich bekannte, hübfehe Farben-
holzfchnitte follen nicht vergeffen werden; be-
fonders reizvoll das Blatt „Villa in Döbling“
mit den glänzend herausgebrachten Lichtrefle-
xen auf den Fenftern der gefchloffenen Veranda.
— Kurzweils Bildern vermag ich nur wenig
Gefchmack abzugewinnen; fein Können fcheint
dem vielleicht höheren Wollen nicht gewach-
fen. Seine recht konventionellen Porträts fuchen
durch pikante Farbenzufammenftellungen Inter-
effe zu erwecken. Völlig verfagt K. in feinen
weiblichen Akten, die durch dasfelbe Mittel
wirken wollen. Ganz abgefehen von aller
groben zeichnerifchen Unzulänglichkeit fehlt
diefen künftlich leuchtenden Körpern jeglicher
Rhythmus und das Zwingende der Proportion.
Am anfprechendften wirken noch die dalmati-
nifchen Landfchaftsftudien des Künftlers. Die im
Oberftock ausgeftellten Zeichnungen und gra-
phifchen Arbeiten Kurzweils (darunter japani-
fierende Farbenholzfchnitte) können das Gesamt-
urteil über den Künftler nur beftätigen. — Im
Oberftock der Galerie Miethke find gegenwärtig
fünf Werke Cezannes ausgeftellt, eine Landfchaft
aus der reifen Zeit des Meifters (abgeb. in
Meier-Graefes Monographie S. 71), zwei Still-
leben (eines davon das frühe „mit der fchwarzen
Uhr“, abgeb. a. a. 0. S. 77) und zwei Porträts
(deren eines das herrliche Bildnis der Gattin
des Künftlers, abgeb. a. a. 0. S. 46 „gegen 1885“).
Eine willkommene Gelegenheit, hier neuerlich
auf die großen Verdienfte Carl Molls, des
artiftifchen Leiters der Galerie Miethke, um das
gefamte Wiener Kunftleben und die Förderung
der modernen Kunft hinzuweifen, denen auch
an diefer Stelle wiederholt dankbare Anerken-
nung gezollt wurde.
Im Kunftfalon HELLER veranftaltet der Ver-
lag Paul Caffirer eine Äusftellung einer größeren
Zahl graphischer Blätter, die auf der Panpreffe
gedruckt wurden. Die Panpreffe veröffentlicht
nur Handdrücke; die Leitung des Druckes liegt
in den Händen des Graphikers R. Hoberg. Die
Mehrzahl der ausgeftellten Blätter, wie z. B. die
lebten graphifchen Arbeiten Liebermanns, die
Lithographien Slevogts zum Cooperfchen „Leder-
ftrumpf“, Corinths Lithographien zum „Buch
Judith“ find jedem Kenner und Freunde moderner
Graphik hinlänglich vertraut. Auch die Werke
der übrigen von der Panpreffe befchäftigten
Künftler (ich nenne nur Struck, Orlik, Pascin,
E. R. Weiß, Meid, Pechftein) find durch die gra-
phifchen Ausheilungen des lebten Jahres, ins-
befondere durch die Äusftellung „zeichnende
Künfte“ der Berliner Sezeffion in weiteren
Kreifen bekannt geworden, so daß fich hier ein
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