Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:
Rundschau - Sammlungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0376

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SAMMLUNGEN

LEIDEN Das STÄDTISCHE MUSEUM ge-
langte vor kurzem in den Befiß eines Gemäldes
von Jan Lievens, das die Gefchichte der Su-
fanna mit den beiden Älten wiedergibt. In
einer Landfchaft fpielt [ich rechts vor einer
dunklen Baumwand die Szene ab. Hier [ißt
die nackte Sufanna, nur umrahmt von einem
weißen Laken und wird handgreiflich beläftigt
von den beiden alten Juden, neben denen ein
Stuhl mit rotem Kiffen fteht. Ein Gegengewicht
erhält die Kompofition links durch zwei Zypreffen
und einen Brunnen. In die Tiefe führen zwei
Gebäudekuliffen. Wie auf dem Rembrandt in
Berlin beruht die höchfte künftlerifche Wirkung
diefes Gemäldes auf dem Gegenfaß des blühen-
den Fleifches zum Rot des Stuhles. Das Bild
ift voll bezeichnet aber leider nicht datiert, je-
doch kann es kaum vor dem erften Viertel des
17. Jahrhunderts entftanden fein, fchon aus all-
gemein entwicklungsgefchichtlichen Gründen. Die
Abhängigkeit Lievens’ von feinem Lehrer Laft-
man geht aus diefem Gemälde deutlich hervor,
z. B. von deffen Sufannabild bei Delaroff von
1614 wie auch der Bathfeba bei Zabielsky von
1619, aber die Änfidit Martins (Oud Holland 1911,
Lieferung 2), daß es in feiner Lehrzeit (1617
bis 1619) vor 1619 entftanden fein muß, ift nicht
aufrechtzuerhalten, fchon deshalb nicht, weil ein
Knabe von 12 Jahren unmöglich ein kompofi-
tionell fo entwickeltes Werk fchaffen kann, wie
das unfere. Kurt Erasmus.

LONDON Die Architektur- und Skulpturen-
abteilung des VICTORIA AND ALBERT MU-
SEUMS (South Kenfington Mufeum) ift kürzlich
um zwei Werke der franzöfifchen Gotik be-
reichert worden, die in Saal 8 aufgeftellt worden
find. Das eine, eine Gruppe von fünf an der
Bafis verbundenen Säulenfchaften aus grauem
Marmor mit Steinkapitälen, ftammt aus Villemer,
einem Dorfe in der Nähe von Fontainebleau.
Die grotesken Köpfe der Kapitäle wie die kühn
ftilifierten Pflanzenornamente laffen auf eine
fehr frühe Zeit der Entftehung fchließen. Das
andere Werk ift eine Madonnenftatue mit Kind
aus Sandftein aus dem frühen 14. Jahrhundert.
Sie ftammt aus Ecouen und ift ein typifches
Parifer Stüde. Die Behandlung der Figur wie
der Draperie erinnert ftark an die Reliefs an
den Nordkapellen von Notre Dame. Der obere
Teil des Körpers des Kindes fehlt leider.

Mr. A. G. Temple, der wohlbekannte Direktor
der GUILDHALL ART GALLERY, hat einen
Katalog der Galerie herausgegeben, in dem deren
Entftehungsgefchichte und ihr allmähliches An-
wachfen in recht intereffanter Weife gefchildert

wird. Den Beginn der Galerie [teilten einige
Porträts der Richter dar, die nach dem großen
Feuer im Jahre 1666 die verfchiedenen Erfaß-
anfprüche zu prüfen und zu entfeheiden hatten.
Dann kamen weitere Porträts hinzu, Bilder und
Statuen wurden gefchenkt, einige auch angekauft.
Momentan befißt die Galerie 891 Werke. Von
1890—1907 fanden 15 internationale Ausheilungen
in ihren Räumen, von Mr. Temple veranftaltet,
ftatt. Seitdem hat man diefe ftets fehr wert-
vollen und anregenden Ausheilungen leider
nicht mehr wiederholt.

Der eben ausgegebene Jahresbericht der NA-
TIONAL GALLERY behandelt vor allem den
großen Zuwachs aus dem George Saltingerbe,
der im ganzen aus 164 Bildern befteht. Dazu
kommen eigentlich noch 28 Bilder hinzu, die
Salting gehört hatten, aber fchon während feiner
Lebzeiten der Galerie zur Ausftellung überlaffen
worden waren. Neben den Saltingbildern find
noch einige andere von Mr. Claude Phillips,
dem Earl of Northbrook, Mr. A. E. Anderfon u. a.
der Galerie zum Gefchenk überwiefen worden.
Angekauft wurden während des Berichtjahres:
John Cromes „The Poringland Ook“; William
Hogarth „Dr. Hoadley, Bishop of Winchester“;
Jan Vermeer (zugefchrieben) „A Family Group“ ;
W. Buitenweg „Landscape“.

Die Behörden des BRITISCHEN MUSEUMS
haben nunmehr die ihnen laut Teftament zu-
ftehende Auswahl von 50 Werken aus der großen
Bibliothek des verdorbenen A. H. Huth ge-
troffen, von der hier vor einiger Zeit die Rede
war. Der Reft der Bibliothek wird von Sotheby
privatim en bloc oder in öffentlicher Auktion
verkauft werden.

Sir Alfred Eaft, der bekannte Landfchafter,
hat feiner Vaterftadt Kettering eine Anzahl feiner
Werke zum Gefchenk gemacht. F.

NEUCHÄTEL Das KUNSTMUSEUM publi-
ziert folgende Neuerwerbungen: Als Depofitum
der Eidgenoffenfchaft das Ölbild Emond Billes:
„La Mort et leBucheron“; als Gefchenk „Straße
in Algier“ von Eugene Girardet; als Gefchenk
aus dem Nachlaß des Malers Anker, Paul Ro-
berts 1881 entftandenes „Le Premier Printemps“.
Ferner eine große Landfchaft „Matinee d’Au-
tomne“, welche die Mufeumskommiffion bei Paul
Robert beftellte. Dann ein Stilleben von Charles
Colonne, eine Anzahl Zeichnungen und Radie-
rungen Evert van Muydens; weitere Radierungen
von Guftav von Steiger und ein Aquarell von
Rofa d’Ofterwald. J. C.

344
 
Annotationen