Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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11. Heft
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AUSSTELLUNGEN
tion Braffeur in Köln zwifchen 1850 und 1860
gehörig erwähnt, ging von dort über in den
Befiß Dr. Leopold Stickers in Köln, kam dann
zu Emil Brandt in Wiesbaden und von dort zu
A. Mager in Paris. Nr. 24 figuriert unter Nr. 378
in Hofftede de Groots Katalog und unter Nr. 231
bei Smith und ging von Mayor Sirr zu R. Weft
in Älcote, zu Coureau und fchließlich zu Klein-
berger in Paris; es [teilt eine große Landfchaft
mit Bauernhaus und zwei Kühen dar. Audi
Nr. 70, eine große Landfchaft mit Haus und
Figuren von Hoblema ift von Hofftede de Groot
erwähnt und ift durch die Sammlungen von
Thomas Emmerfon, Niewenhuys, Ädrian Hope,
Wertheimer und Sedelmayer durchgegangen, von
dem Kleinberger es erwarb. 0. G.
DIE AUSSTELLUNG DER MÜNCH-
NER SEZESSION Die Sezeffion hat Diens-
tag, den 16. Mai, ihre dritte Veranftaltung im Jahr,
die Sommerausftellung eröffnet. Sie enttäufcht,
um es rund heraus zu fagen, alle diejenigen aufs
fchwerfte, die auf die Frühjahrsrevue hin, an
einen Verjüngungswillen innerhalb diefer Kor-
poration zu glauben [ich anfchickten. Es fchien
fo, als folle eine neue Ära einfeßen; dies war
aber nur eine Täufchung und man hat [ich wie-
der hübfch auf [ich felbft zurückgezogen. Zum
Schein zwar hat man auch diesmal einigen
wenigen jüngeren und ein paar ausländifchen
Gäften Einlaß gewährt; im übrigen aber herr-
fchen — was daraus hervorgeht, daß man
(angeblich aus Platzmangel) eine beträchtliche
Reihe guter und vorzüglicher Arbeiten neu-
aufftrebender Talente refüfierte, während man
von den Stammitgliedern jeden Schund annahm
— lediglich merkantile, nicht aber künftlerifdie
Abfichten vor. Jeßt, wo das kauffähige Fremden-
publikum anrückt, wollen die Erbeingefeffenen
an der Pforte ftehen, gleichgültig, mit was für
Gaben immer, und die Jugend mag zufehen,
wo fie bleibe und was fie treibe. Solche und
ähnliche Erfcheinungen find nicht eben Anzeichen
von Kraft und Tüchtigkeit und gerade bei der
Sezeffion aufs allertieffte zu beklagen. Da auch
fie zu verfagen beginnt, fteuern wir nun immer
tiefer in den Sumpf hinein, in dem wir uns auf
künftlerifchem Gebiet hier fchon feit geraumen
befinden und das Mißtrauen, das uns in leß-
terer Zeit von außen vielfach entgegengebracht
wurde, fcheint nach mancher Seite hin mehr als
gerechtfertigt. Energifche Äufraffung und rück-
haltlofefte Wahrheit könnten hier einzig und
allein dem Übel Einhalt gebieten und eine Sa-
nierung anbahnen. Für die Wahrheit fcheint
man aber nur wenig Gehör mehr zu befißen. Die
Künftler felbft treiben die lächerlichfte Vogel
Straußpolitik und der Kritik find faft überall
Hände und Füße gebunden. Daß man ihr jede
Wirkungskraft entzogen und ihren Sinn in Lä-
cherlichkeit und Unfinn verkehrt hat, trägt mit
die Hauptfchuld an dem unleugbaren Verfall
unferes künftlerifchen Lebens.
Das wenige Gute, was die Sommerfezeffion
bietet, ift rafch aufgezählt. Da find zunächft
zwei ausgezeichnete Malereien Friß von Uhdes
zu erwähnen, beide ficherlich mit zum Beften
gehörend, was der Meifter je gefchaffen. Es
find dies Arbeiten voll reinen künftlerifchen
Gehaltes, ohne eine Spur anektodifchen Beige-
fchmacks. Auch bei der kleinen Kollektion Ä. von
Kellers ftößt man da und dort auf Gutes, troß-
dem die Mehrzahl der Bilder fchon die Grenz-
linie berührt, die zum Süßlichen und lediglich vir-
tuofenhaft Gefchickten hinüberleitet. Die „Höllen-
fahrt“ ift befonders hervorzuheben, obgleich auch
fie nicht völlig einwandfrei ift. Die frifchen de-
korativen Stücke von Julius Dieß waren hier
fchon einmal, und zwar bei Brakl, ausgeftellt
und ich habe fie damals fchon gewürdigt. Eine
große Leinwand von R. Schramm-Zittau mit
„Gänfen im Waffer“ figuriert ebenfalls unter den
am meiften zu beobachtenden Darbietungen;
diefer Künftler bewahrt feinen Standard; unent-
wegte Solidität, Gewiffenhaftigkeit und Feftigkeit
find die Grundzüge feines Wefens. F. Boehle wird
man, infoferne man die von ihm ausgeftellten Li-
thographien nüchternen Blickes durchmuftert, nicht
mehr fo über den Schellkönig zu loben geneigt
fein, wie dies in den leßten Jahren in gedanken-
lofem Nachplappern des einmal ausgegebenen
Urteils allfeitig gefchehen ift. Ich halte dafür,
daß Boehle von dem Moment an zurückgegangen
ift, wo er [ich archaiftifchen Neigungen ver-
fchrieb und für feine frühen, zur Natur noch
unmittelbarfte Beziehungen unterhaltenden Blät-
ter gebe ich bereitwilligft faft fämtliche feiner
fpäteren Stilverfuche hin, obgleich natürlich auch
diefe noch vielfach den bedeutenden Menfchen
und Künftler erkennen laffen. E. Oppler hat
zwei Bilder, Impreffionen großer Menfchen-
anfammlungen, eingefchickt; dem „Badeleben in
Oftende“ wird man den Vorzug davon geben;
es ift in der Tat auch eine Meifterleiftung voll
Qualität und inneren Lebens. Auch A. Lamberts
„Kleopatra“ fasziniert. Es ift ein kleines, im For-
mat unfeheinbares Bildchen, etwas antiquarifch
in Gefchmack und Empfindung, aber von phan-
tafievoller Erfindung und delikater zeichnerifcher
Geftaltung. Die „Medufa“ von Edwin Scharff
ift eine der ganz wenigen, in gutem Sinne
fortfchrittlichen Erfcheinungen der Schau; man
wird fich den Namen diefes jungen Künftlers
430
tion Braffeur in Köln zwifchen 1850 und 1860
gehörig erwähnt, ging von dort über in den
Befiß Dr. Leopold Stickers in Köln, kam dann
zu Emil Brandt in Wiesbaden und von dort zu
A. Mager in Paris. Nr. 24 figuriert unter Nr. 378
in Hofftede de Groots Katalog und unter Nr. 231
bei Smith und ging von Mayor Sirr zu R. Weft
in Älcote, zu Coureau und fchließlich zu Klein-
berger in Paris; es [teilt eine große Landfchaft
mit Bauernhaus und zwei Kühen dar. Audi
Nr. 70, eine große Landfchaft mit Haus und
Figuren von Hoblema ift von Hofftede de Groot
erwähnt und ift durch die Sammlungen von
Thomas Emmerfon, Niewenhuys, Ädrian Hope,
Wertheimer und Sedelmayer durchgegangen, von
dem Kleinberger es erwarb. 0. G.
DIE AUSSTELLUNG DER MÜNCH-
NER SEZESSION Die Sezeffion hat Diens-
tag, den 16. Mai, ihre dritte Veranftaltung im Jahr,
die Sommerausftellung eröffnet. Sie enttäufcht,
um es rund heraus zu fagen, alle diejenigen aufs
fchwerfte, die auf die Frühjahrsrevue hin, an
einen Verjüngungswillen innerhalb diefer Kor-
poration zu glauben [ich anfchickten. Es fchien
fo, als folle eine neue Ära einfeßen; dies war
aber nur eine Täufchung und man hat [ich wie-
der hübfch auf [ich felbft zurückgezogen. Zum
Schein zwar hat man auch diesmal einigen
wenigen jüngeren und ein paar ausländifchen
Gäften Einlaß gewährt; im übrigen aber herr-
fchen — was daraus hervorgeht, daß man
(angeblich aus Platzmangel) eine beträchtliche
Reihe guter und vorzüglicher Arbeiten neu-
aufftrebender Talente refüfierte, während man
von den Stammitgliedern jeden Schund annahm
— lediglich merkantile, nicht aber künftlerifdie
Abfichten vor. Jeßt, wo das kauffähige Fremden-
publikum anrückt, wollen die Erbeingefeffenen
an der Pforte ftehen, gleichgültig, mit was für
Gaben immer, und die Jugend mag zufehen,
wo fie bleibe und was fie treibe. Solche und
ähnliche Erfcheinungen find nicht eben Anzeichen
von Kraft und Tüchtigkeit und gerade bei der
Sezeffion aufs allertieffte zu beklagen. Da auch
fie zu verfagen beginnt, fteuern wir nun immer
tiefer in den Sumpf hinein, in dem wir uns auf
künftlerifchem Gebiet hier fchon feit geraumen
befinden und das Mißtrauen, das uns in leß-
terer Zeit von außen vielfach entgegengebracht
wurde, fcheint nach mancher Seite hin mehr als
gerechtfertigt. Energifche Äufraffung und rück-
haltlofefte Wahrheit könnten hier einzig und
allein dem Übel Einhalt gebieten und eine Sa-
nierung anbahnen. Für die Wahrheit fcheint
man aber nur wenig Gehör mehr zu befißen. Die
Künftler felbft treiben die lächerlichfte Vogel
Straußpolitik und der Kritik find faft überall
Hände und Füße gebunden. Daß man ihr jede
Wirkungskraft entzogen und ihren Sinn in Lä-
cherlichkeit und Unfinn verkehrt hat, trägt mit
die Hauptfchuld an dem unleugbaren Verfall
unferes künftlerifchen Lebens.
Das wenige Gute, was die Sommerfezeffion
bietet, ift rafch aufgezählt. Da find zunächft
zwei ausgezeichnete Malereien Friß von Uhdes
zu erwähnen, beide ficherlich mit zum Beften
gehörend, was der Meifter je gefchaffen. Es
find dies Arbeiten voll reinen künftlerifchen
Gehaltes, ohne eine Spur anektodifchen Beige-
fchmacks. Auch bei der kleinen Kollektion Ä. von
Kellers ftößt man da und dort auf Gutes, troß-
dem die Mehrzahl der Bilder fchon die Grenz-
linie berührt, die zum Süßlichen und lediglich vir-
tuofenhaft Gefchickten hinüberleitet. Die „Höllen-
fahrt“ ift befonders hervorzuheben, obgleich auch
fie nicht völlig einwandfrei ift. Die frifchen de-
korativen Stücke von Julius Dieß waren hier
fchon einmal, und zwar bei Brakl, ausgeftellt
und ich habe fie damals fchon gewürdigt. Eine
große Leinwand von R. Schramm-Zittau mit
„Gänfen im Waffer“ figuriert ebenfalls unter den
am meiften zu beobachtenden Darbietungen;
diefer Künftler bewahrt feinen Standard; unent-
wegte Solidität, Gewiffenhaftigkeit und Feftigkeit
find die Grundzüge feines Wefens. F. Boehle wird
man, infoferne man die von ihm ausgeftellten Li-
thographien nüchternen Blickes durchmuftert, nicht
mehr fo über den Schellkönig zu loben geneigt
fein, wie dies in den leßten Jahren in gedanken-
lofem Nachplappern des einmal ausgegebenen
Urteils allfeitig gefchehen ift. Ich halte dafür,
daß Boehle von dem Moment an zurückgegangen
ift, wo er [ich archaiftifchen Neigungen ver-
fchrieb und für feine frühen, zur Natur noch
unmittelbarfte Beziehungen unterhaltenden Blät-
ter gebe ich bereitwilligft faft fämtliche feiner
fpäteren Stilverfuche hin, obgleich natürlich auch
diefe noch vielfach den bedeutenden Menfchen
und Künftler erkennen laffen. E. Oppler hat
zwei Bilder, Impreffionen großer Menfchen-
anfammlungen, eingefchickt; dem „Badeleben in
Oftende“ wird man den Vorzug davon geben;
es ift in der Tat auch eine Meifterleiftung voll
Qualität und inneren Lebens. Auch A. Lamberts
„Kleopatra“ fasziniert. Es ift ein kleines, im For-
mat unfeheinbares Bildchen, etwas antiquarifch
in Gefchmack und Empfindung, aber von phan-
tafievoller Erfindung und delikater zeichnerifcher
Geftaltung. Die „Medufa“ von Edwin Scharff
ift eine der ganz wenigen, in gutem Sinne
fortfchrittlichen Erfcheinungen der Schau; man
wird fich den Namen diefes jungen Künftlers
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