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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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13. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0555

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LITERATUR

Sammlungen beweift aber die neue Publikation
im befonderen noch den erfreulichen Willen,
endlich auf eine Bafis zu kommen, wie fie den
mufealen Anforderungen der Gegenwart ent-
fpricht.

PÄRIS Die „Bibliotheque d’Ärt et
d’Ärcheologie“ (Doucet) bringt in dem vierten
Heft ihres „Repertoire d’Ärt et d’Ärcheologie“
wiederum eine ausgezeichnete bibliographifche
Überficht über die in der Zeit der Berichterftat-
tung erfchienene kunftgefchichtliche Literatur
aller Staaten. Neben den Titelangaben finden
fich bei jedem Äuffaß kurze Hinweife auf den
Inhalt, die allgemein orientieren. Bei diefer
Gelegenheit mag daran erinnert fein, daß der
Bibliothek für die Zufammenftellung Abzüge
aller auch an entlegenen Stellen erfchienenen
kunftgefchichtlichen Beiträge fehr erwünfcht find,
denn nur fo wird es ihr auf die Dauer möglich
fein, ein lückenlofe Zufammenftellung der ge-
famten Literatur zu geben. Welch ungeheures
Material die Bibliothek durch ihr Repertoire der
Wiffenfchaft unterbreitet, wird man erft dann
ermeffen, wenn alles nach Stoffgebieten biblio-
graphifch geordnet ift. Es ift wohl nicht ver-
kehrt, wenn wir vermuten, daß das Repertoire
zunächft eine Vorftufe für eine in Äusficht ge-
nommene allgemeine Bibliographie der Kunft-
wiffenfchaft darftellt, womit fich freilich alle
bisherigen Verfuche diefer Art erübrigen würden.

Die Bibliothek teilt ferner mit, daß fie eine
neue Gefellfchaft ins Leben gerufen hat unter
dem Titel „Societe pour l’etude de la
gravure fran<;aise“ (fiehe auch die Rubrik
Gefellfchaften und Vereine). Diefe Gefellfchaft hat
den Wunfch, die Amateure, die Sammler und
die Gelehrten, die fich für die Gefchichte der
graphifchen Kunft und fpeziell des franzöfifchen
Kupferftiches bis auf die Gegenwart intereffieren,
zu vereinigen. Sie beabfichtigt:

Die Herausgabe von Originalarbeiten und
von Spezialwerken für die Gelehrten, ferner
den Neudruck bibliophiler Seltenheiten und
Will fich im befonderen grundlegender Publi-
kationen über den franzöfifchen Kupferftich
annehmen.

Der jährliche Beitrag beträgt für die Mitglieder
25 fr. Über die Begründung der Bibliothek
wurde bereits an diefer Stelle eingehend durch
Ernft Steinmann berichtet (siehe Cicerone, II. Jq.,
Heft 23).

Paul Heiß in Straßburg publizierte unlängft
eine Federzeichnung der Madonna mit Kind als
Straßburgs Stadtpatronin, die er als die „Straß-

burger Madonna des Meifters E. S.“ bezeich-
net. Es handelt fich um das Titelbild eines
Straßburger Kopialbuches, für deffen Anfertigung
die Zeit zwifchen 1452 und 1473 mit größter
Wahrfdheinlichkeit angenommen werden darf.
Die Zeichnung geht in ihrer ganzen Anlage und
der architektonifchen Rahmenkompofition auf das
alte Straßburger Stadtfiegel zurück, das feit An-
fang des 13. Jahrhunderts in Gebrauch war. Aus
der altertümlichen Gedrungenheit der plaftifchen
Vorlage hat der Zeichner, der wohl ficher im
Auftrag des Magiftrates die erfte Seite des
Kopialbuches fchmückte, eine durch ihre Lebens-
wahrheit und herbe Größe packende Darftellung
gefchaffen, auf deren hohe künftlerifche Bedeu-
tung und deren Stilnähe zu Meifter E. S. Paul
Heiß als erfter verweift. Wer feiner fcharf-
finnigen kritifchen Änalyfe folgt — eine Reihe
von Abbildungen aus Geisberg und Lehrs er-
leichtern den Vergleich — wird die Urheber-
fchaft des Meifters E. S. nicht von der Hand
weifen können. Das Ergebnis diefer Forfchung
ift nun auch deshalb fo intereffant, weil es wohl
mitBeftimmtheit einen Aufenthalt des MeiftersE.S.
in Straßburg um das Jahr 1465 belegt. J. C.

L’art de notre temps: I. Band: Chafferiau
par Henri Marcel. 48Tafeln. (LaRenaissance
du Livre. Paris. 3.50 Fr.)

Der junge, fchnell und erfolgreich aufftrebende
Verlag von Jean Gillequin & Cie. eröffnet mit
einem Bande über Chafferiau eine neue Serie
von Kunfthandbüchern über Meifter des 19. Jahr-
hunderts, die, fo feltfam es deutfchen Öhren
klingen mag, in Frankreich ganz einzigartig und
konkurrenzlos dafteht. Es gibt über moderne
Künftler in Frankreich keine guten, knapp ge-
faßten Monographien mit fchönen Abbildungen.
Daher ift wohl anzunehmen, daß die Serie, in
der rafch weitere Bände über Courbet, Puvis de
Chavannes, Guftave Moreau, Manet und Degas
folgen füllen, fich rafch ein großes Publikum
erobern werden, zumal die handlichen Bücher
auf gutem Papier gedruckt mit vortrefflichen,
ganzfeitigen Abbildungen gefchmückt find. Henri
Marcel hat diefem erften Bande eine kurze Bio-
graphie vorangeftellt und erzählt dann an der
Hand jeder Abbildung die Gefchichte der einzel-
nen Bilder, deren Kompofition auch charakteri-
fiert wird. Über Chafferiau exiftierte bisher
außer mehreren Zeitfchriftenauffäßen nur das
große Werk von Chevillard. Diefe populäre
Puplikation ift dazu berufen, dem größten Schüler
Ingres, in breiteren Kreifen Freunde zu gewinnen.

Otto Grautoff.

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