Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0620
DOI issue:
15. Heft
DOI article:Haberfeld, Hugo: Die französischen Bilder der Sammlung Kohner
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DIE FRANZÖSISCHEN BILDER DER SAMMLUNG KÜHNER
Äbb. 1. GOYA, Der Gehenkte
jüngeren Malern, die in der Kohnerfchen Sammlung die ungarifche Sezeffion repräfen-
tieren, find hauptfächlich J. Rippl-Ronai, Karl Kernftock, Adolf Fenyes, Stefan Csök,
Johann Vaszary, Karl Ferenczy, Lajos Szlanyi, Franz von Olgyay und Oskar Glat} zu
nennen. Eine fehr refpektable Vereinigung ungarifcher Kunft, ein kleines Mufeum von
des Landes beften Malern ift hier beifammen und der Befißer fpricht, nicht zuleßt als
Ungar, mit Stolz davon. Wenn aber feinen Bewertungen der Fremde vielleicht nicht
immer zu folgen vermag, fo trifft er umfo bereitwilliger in der Schälung der franzö-
fifchen Bilder mit ihm zufammen.
Ich kann hier auf den kürzlich vom Zaun gebrochenen „Proteft deutfcher Künftler“
nicht eingehen, auch trifft die Vinnenfche Formulierung fo wenig den Kern der Sache,
daß ich nicht erft Worte an fie verfchwenden will. Aber auf folgende Erfcheinung
möchte ich hinweifen: warum kauft z. B. ein Ungar nicht fchwedifche Bilder oder ein
Schwede ungarifche? Es fammelt wohl auch kein Deutfcher moderne Engländer und
ficherlich kein Engländer moderne Deutfche! Sie alle jedoch kaufen und fammeln
franzöfifche Bilder. Es muß demnach in der franzöfifchen Malerei ein Wert ftecken,
der über das Nationale und die landläufige Qualität hinaus etwas bezwingend Vorbild-
liches befißt, einen Reiz der Gefchloffenheit und Adel der Reife, wie fie nur aus der
Notwendigkeit ftreng gewachfenen, von jeder Schönheit felig befruchteten Gebilden zu
eigen ift. Zweifellos befißt die franzöfifche Malerei das fieghaftefte Element an der
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Äbb. 1. GOYA, Der Gehenkte
jüngeren Malern, die in der Kohnerfchen Sammlung die ungarifche Sezeffion repräfen-
tieren, find hauptfächlich J. Rippl-Ronai, Karl Kernftock, Adolf Fenyes, Stefan Csök,
Johann Vaszary, Karl Ferenczy, Lajos Szlanyi, Franz von Olgyay und Oskar Glat} zu
nennen. Eine fehr refpektable Vereinigung ungarifcher Kunft, ein kleines Mufeum von
des Landes beften Malern ift hier beifammen und der Befißer fpricht, nicht zuleßt als
Ungar, mit Stolz davon. Wenn aber feinen Bewertungen der Fremde vielleicht nicht
immer zu folgen vermag, fo trifft er umfo bereitwilliger in der Schälung der franzö-
fifchen Bilder mit ihm zufammen.
Ich kann hier auf den kürzlich vom Zaun gebrochenen „Proteft deutfcher Künftler“
nicht eingehen, auch trifft die Vinnenfche Formulierung fo wenig den Kern der Sache,
daß ich nicht erft Worte an fie verfchwenden will. Aber auf folgende Erfcheinung
möchte ich hinweifen: warum kauft z. B. ein Ungar nicht fchwedifche Bilder oder ein
Schwede ungarifche? Es fammelt wohl auch kein Deutfcher moderne Engländer und
ficherlich kein Engländer moderne Deutfche! Sie alle jedoch kaufen und fammeln
franzöfifche Bilder. Es muß demnach in der franzöfifchen Malerei ein Wert ftecken,
der über das Nationale und die landläufige Qualität hinaus etwas bezwingend Vorbild-
liches befißt, einen Reiz der Gefchloffenheit und Adel der Reife, wie fie nur aus der
Notwendigkeit ftreng gewachfenen, von jeder Schönheit felig befruchteten Gebilden zu
eigen ift. Zweifellos befißt die franzöfifche Malerei das fieghaftefte Element an der
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