Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0656
DOI issue:
16. Heft
DOI article:Lehrs, Max: Vom Meister E S und von Ofenkacheln
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VOM MEISTER E S UND VON OFENKACHELN
und des Meifters der Spielkarten führen werden, und er betont das im Anfchluß an
die Publikation einer angeblichen Federzeichnung des E S durch Paul Heiß, die einen
Straßburger Aufenthalt des Künftlers eminent wahrfcheinlich mache. — Die von Heiß
veröffentlichte Zeichnung rührt aber, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, keines-
wegs von der Hand des Meifters E S her, fondern ift beftenfalls von einem fpäteren
Straßburger Künftler mit Benußung eines verfchollenen E S-Stiches gefertigt. Ift dies
richtig, fo beweift fie fo wenig wie die vereinzelte Ofenkachel etwas für eine per-
fönliche Beziehung des Meifters E S zu Straßburg. Denn feine Kupferftiche wurden
in aller Welt als Vorbilder benußt, im Norden und Süden von Deutfchland, in Italien,
Spanien, Portugal und Holland bis nach Norwegen hinauf.1 Daß fie fich ganz be-
fonders häufig auf Schweizer Ofenkacheln kopiert finden, habe ich a. a. 0. betont und
als Argument, neben fchwerer wiegenden anderen, für die Lokalifierung des Meifters
auf Schweizer Boden verwendet. Secker fand, wie er in einer Schlußanmerkung
fagt, nachträglich doch noch „ein paar vereinzelte Beifpiele“ der Verwendung von
Kupferftichen als Vorlagen für Ofenkacheln in meinem Buch. Das klingt doch ein
wenig irreführend. Ich zähle nicht weniger als fechzehn Exemplare auf'2, von denen
fich vierzehn in den öffentlichen Sammlungen zu Aarau, St. Gallen und Zürich be-
finden. Erft durch dies auffallend häufige Vorkommen in der Schweiz glaubte ich
mich berechtigt, die Tatfache für die Lokalifierung des Stechers mit heranziehen zu
dürfen, wohlverftanden als Argument, nicht als Beweis. Denn zwei anderen Ofen-
kacheln im Gewerbemufeum zu Bafel liegt eine Querfüllung mit ringenden Männern
vom Meifter der Berliner Paffion zugrunde3, deffen niederrheinifche Herkunft darum
natürlich niemand in Zweifel ziehen wird. Wurde doch eine andere Querfüllung feiner
Folge fogar in Valenzia für ein fpanifches Kartenfpiel benußt.4
Albert Brinckmanns von Secker zitierte Thefe, daß man bisher keinen Benußungs-
nachweis für einen reinen Ornamentftich der Gotik habe liefern können, bedurfte —
beiläufig bemerkt — nicht erft der Widerlegung durch den Fund der Straßburger
Kacheln, deren Vorbilder ja auch keine Ornamentftiche find. Max Geisberg hat mehrere
Querfüllungen des Meifters der Nürnberger Paffion nachgewiefen, die mittelbar als
Vorlagen für die Ornamente eines gefchnißten Käftchens in den Wiener Hofmufeen
dienten.5 Unter den Ornamentftichen Israhels van Meckenem kann ich als weitere Bei-
fpiele anführen die Querfüllung mit den Hafen, die den Jäger braten, G. 453 als Vor-
lage für das Flachrelief einer hölzernen Türbekrönung im hiftorifch-antiquarifchen
Mufeum in Zug und das große Ornament mit der Wurzel Jeffe G. 466, das auf einer
durchbrochenen Hohlkehle des Berliner Kunftgewerbemufeums frei kopiert ift6 und
auch auf der Vorderwand einer Truhe im Mufeum für Kunft und Gewerbe zu Ham-
burg vorkommt.
Um fchließlich noch einmal das Kachelthema zu berühren, möchte ich darauf hin-
weifen, daß in den Magazinen des Schweizerifchen Landesmufeums in Zürich un-
1 Vgl. des Verfaffers Gefchichte und krit. Katalog ufw. II., p. 15 u. ff.
2 Es find drei Grundtypen mit leichten Variationen feftzuftellen, denen die Kupferftiche L. 203,
210 und 224 als Vorbilder dienten.
3 Vgl. Jahrb. d. preuß. Kunftfamml. XXI. (1900), p. 155, bei Nr. 95.
4 Ibid. p. 157.
5 Repertorium XXII. (1899), p. 193 u. ff.
0 Ibid. XV. (1892), p. 140 bei Nr. 253.
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und des Meifters der Spielkarten führen werden, und er betont das im Anfchluß an
die Publikation einer angeblichen Federzeichnung des E S durch Paul Heiß, die einen
Straßburger Aufenthalt des Künftlers eminent wahrfcheinlich mache. — Die von Heiß
veröffentlichte Zeichnung rührt aber, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, keines-
wegs von der Hand des Meifters E S her, fondern ift beftenfalls von einem fpäteren
Straßburger Künftler mit Benußung eines verfchollenen E S-Stiches gefertigt. Ift dies
richtig, fo beweift fie fo wenig wie die vereinzelte Ofenkachel etwas für eine per-
fönliche Beziehung des Meifters E S zu Straßburg. Denn feine Kupferftiche wurden
in aller Welt als Vorbilder benußt, im Norden und Süden von Deutfchland, in Italien,
Spanien, Portugal und Holland bis nach Norwegen hinauf.1 Daß fie fich ganz be-
fonders häufig auf Schweizer Ofenkacheln kopiert finden, habe ich a. a. 0. betont und
als Argument, neben fchwerer wiegenden anderen, für die Lokalifierung des Meifters
auf Schweizer Boden verwendet. Secker fand, wie er in einer Schlußanmerkung
fagt, nachträglich doch noch „ein paar vereinzelte Beifpiele“ der Verwendung von
Kupferftichen als Vorlagen für Ofenkacheln in meinem Buch. Das klingt doch ein
wenig irreführend. Ich zähle nicht weniger als fechzehn Exemplare auf'2, von denen
fich vierzehn in den öffentlichen Sammlungen zu Aarau, St. Gallen und Zürich be-
finden. Erft durch dies auffallend häufige Vorkommen in der Schweiz glaubte ich
mich berechtigt, die Tatfache für die Lokalifierung des Stechers mit heranziehen zu
dürfen, wohlverftanden als Argument, nicht als Beweis. Denn zwei anderen Ofen-
kacheln im Gewerbemufeum zu Bafel liegt eine Querfüllung mit ringenden Männern
vom Meifter der Berliner Paffion zugrunde3, deffen niederrheinifche Herkunft darum
natürlich niemand in Zweifel ziehen wird. Wurde doch eine andere Querfüllung feiner
Folge fogar in Valenzia für ein fpanifches Kartenfpiel benußt.4
Albert Brinckmanns von Secker zitierte Thefe, daß man bisher keinen Benußungs-
nachweis für einen reinen Ornamentftich der Gotik habe liefern können, bedurfte —
beiläufig bemerkt — nicht erft der Widerlegung durch den Fund der Straßburger
Kacheln, deren Vorbilder ja auch keine Ornamentftiche find. Max Geisberg hat mehrere
Querfüllungen des Meifters der Nürnberger Paffion nachgewiefen, die mittelbar als
Vorlagen für die Ornamente eines gefchnißten Käftchens in den Wiener Hofmufeen
dienten.5 Unter den Ornamentftichen Israhels van Meckenem kann ich als weitere Bei-
fpiele anführen die Querfüllung mit den Hafen, die den Jäger braten, G. 453 als Vor-
lage für das Flachrelief einer hölzernen Türbekrönung im hiftorifch-antiquarifchen
Mufeum in Zug und das große Ornament mit der Wurzel Jeffe G. 466, das auf einer
durchbrochenen Hohlkehle des Berliner Kunftgewerbemufeums frei kopiert ift6 und
auch auf der Vorderwand einer Truhe im Mufeum für Kunft und Gewerbe zu Ham-
burg vorkommt.
Um fchließlich noch einmal das Kachelthema zu berühren, möchte ich darauf hin-
weifen, daß in den Magazinen des Schweizerifchen Landesmufeums in Zürich un-
1 Vgl. des Verfaffers Gefchichte und krit. Katalog ufw. II., p. 15 u. ff.
2 Es find drei Grundtypen mit leichten Variationen feftzuftellen, denen die Kupferftiche L. 203,
210 und 224 als Vorbilder dienten.
3 Vgl. Jahrb. d. preuß. Kunftfamml. XXI. (1900), p. 155, bei Nr. 95.
4 Ibid. p. 157.
5 Repertorium XXII. (1899), p. 193 u. ff.
0 Ibid. XV. (1892), p. 140 bei Nr. 253.
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