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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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20. Heft
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Mundt, Albert: Neuerwerbungen des städtischen Kunstgewerbe-Museums zu Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0830

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NEUERWERBUNGEN DES STÄDTISCHEN KUNSTGEWERBE-MUSEUMS ZU LEIPZIG

Äbb. 16. Teil einer Kredenz aus Nußholz, mit Porträtmedaillons. Äuvergne.
2. Hälfte 16. Jahrh. Höhe 50 cm

licher Geift fpricht aber auch aus der Kompofition der Paffionsfzenen am Altar. Eine
völlige Übereinftimmung in den Typen und im Gewandftil befteht freilich auch hier nicht.

Die Reliefs aus der Zeit der italienifchen Renaiffance wurden um ein Madonnenrelief
aus Ton in der Art Antonio Rofellinos vermehrt, das eben [o wie eine ausgezeichnete
bemalte Terrakottaftatue des heil. Sebaftian in der Art des Andrea Sanfovino, Florentiner
Urfprungs aus der Zeit um 1500 (Abb. 14), dem Mufeum als Gefchenk dargebracht wurde.

Eine Reihe kleinerer Erwerbungen der oftafiatifchen und der perfifchen Abteilung
können hier übergangen werden, es fei nur noch kurz auf den Zuwachs an Möbeln
hingewiefen. An erfter Stelle ift die prächtige, reichverzierte Florentiner Nußholzkredenz
(Abb. 15) aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zu nennen, die aus dem alten Depot des
Palazzo Pitti ftammt und mit ihren fchon das Barock ankündigenden aufgelöfteren
Formen eine gute Ergänzung zu den beiden vorhandenen Kredenzen der vorausgehenden
ftrengeren Stilperiode bildet; ferner wurde ein gutgeformtes Tifchchen aus Florenz er-
worben mit fechseckiger Platte und S-förmig gefchwungenen Füßen, fowie in Ermanglung
der immer feltener werdenden Originalmöbel einige ftiliftifch lehrreiche alte Möbelteile
wie eine gotifche Truhenvorderwand in Eiche mit Maaswerk und Lilienwappen, ein Re-
naiffancemöbelteil aus der Auvergne mit zwei Porträtmedaillons in kräftiger Schnitzerei
(Abb. 16) und eine Kaftenvorderwand mit Kämpferfzenen in der Art des Spaniers
Beruguete. Endlich ein barocker großer Hamburger Dielenfchrank in Mahagoni mit reich-
gefchnitztem, ornamentalen und figürlichen Schmuck. Der Schrank ift wieder ein Ge-
fchenk ebenfo wie die Kredenz und das Tifchchen, das der Gefellfchaft der Mufeums-
freunde zu verdanken ift.

Gefchenke haben bei unferer Zufammenftellung keine kleine Rolle gefpielt, aber
nur durch diefe außerordentlichen Zuwendungen privater opferwilliger Freunde und
Gönner ift es dem Mufeum bei dem koloffalen Emporfchnellen der Preife in unferen
Tagen möglich gewefen, fich feinen oben auseinandergefetzten Zielen entfprechend zu
entwickeln. Ein noch gefteigerterer Aufwand wird erforderlich fein, wenn fich das
Mufeum einmal in dem dringend nötig gewordenen neuen Heim würdig präfentieren
foll. Und zwar heißt es hier: fchnell handeln — ehe es zu fpät.

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