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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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22. Heft
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Takács, Zoltán von: Die Neuerwerbungen des Museums für Bildene Kunst in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0906

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DIE NEUERWERBUNGEN DES MUSEUMS
FÜR BILDENDE KUNST IN BUDAPEST

Mit 20 Abbildungen Von ZOLTÄN VON TÄKACS

Die Kunft war in Ungarn, bis auf die neueften Zeiten, auf die weiteftgehende ftaat-
liche Protektion angewiefen. Den Führern der öffentlichen Kulturtätigkeit ift in
diefer Hinficht im allgemeinen kein Mangel an Wohlwollen vorzuwerfen. Es gab
unter ihnen immer folche, die mit bedeutendem Kunftfinn begabt waren. Das Publikum
ließ dagegen an Indolenz nichts zu wünfchen übrig. Der Grund diefer Intereffelofig-
keit lag im völligen Mangel an Kunfttradition bzw. künftlerifcher Bildung.

Kein Wunder, daß unter folchen Umftänden die aus der im Jahre 1871 angekauften
Fürftlich Efterhäzyfchen Sammlung herausgewachfene Nationalgalerie zu den un-
benufeten Staatsmöbeln gehörte. Man hatte — hauptfächlich im Lande felbft — von
ihrer Exiftenz kaum Kenntnis. Sie friftete im zweiten und dritten Stockwerk des Ge-
bäudes der Akademie der Wiffenfchaften, wo fie proviforifch untergebracht wurde, ein
fehr befcheidenes Dafein, gleich einem entlegenen Museo Civico der Äppeninifchen
Halbinfel. Sie exiftierte in der Tat mehr für die Jahresberichte des Unterrichtsminifte-
riums als für die Erziehung des Volkes.

Diefe Lage änderte fich aber durch die Eröffnung des Mufeums für Bildende Kunft
mit einem Schlage. Das neue Gebäude hat auch die in ihm untergebrachten Samm-
lungen populär gemacht, und die Popularität des Mufeums äußerte fich nicht nur in
der großen Zahl der Befucher, fondern auch in dem fehr bedeutenden Zuwachs, den
das Inftitut in Schenkungen erhielt.

Einftweilen ift es übrigens noch immer der Eigentümer felbft, der für den Ausbau
der Sammlung in erfter Linie Sorge trägt. Seine Sammeltätigkeit fing im Jahre 1894
an größere Dimenfionen anzunehmen. Das Unglück des Direktors Pulfzky hatte dann
eine größere Paufe zur Folge.

* *

*

Die neue, auf die Vermehrung des Beftandes hinzielende Aktion, um die fich in
erfter Linie Dr. Gabriel v. Terey, Direktor der Gemäldegalerie des Mufeums, ver-
dient gemacht hat, wurde im Jahre 1904 wieder lebhaft. Dann wurden nämlich aus
der Sammlung Ch. Sedelmayer (Paris) vier Werke der englifchen Schule — das Bildnis
von Mrs. Swete (Nr. 783 des von Dr. Gabriel v. Terey herausgegebenen franzöfifchen
Katalogs von 1910) und dasjenige einer anderen Dame (Nr. 782) von John Hoppner,
ein drittes weibliches Porträt (Nr. 784) von Sir Thomas Lawrence und eine kleine
Landfchaft (Nr. 785) von John Conftable — erworben. Die Gemälde waren vorher
im Nationalfaion (Nemzeti Szalon) ausgeftellt, wo in jener Zeit eine ganze Reihe hoch-
intereffanter Ausheilungen — hauptfächlich von fremden Künftlern bzw. Künftler-
gruppen ftattfand.

Das Hoppnerfche Porträt der uns unbekannten Dame ift ganz breit gehalten, man
findet aber darin nicht nur die wünfchbaren plaftifchen Feinheiten, fondern auch die
Unmittelbarkeit des lebendigen Ausdrucks.

Hoppners anderes Damenbildnis, dasjenige der Mrs. Swete, ift viel forgfältiger aus-
geführt, aber mit weniger Innigkeit gemalt. Seine gefchmackvolle Farbengebung (weißes
Kleid mit blauer Binde) und die Feinheit des Farbeneffektes halten jedoch den Ver-
gleich mit dem vorerwähnten Gemälde aus.

Der Cicerone, III. Jahrg., 22. Heft. 55

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