Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI Heft:
23. Heft
DOI Artikel:
Schmidt, Robert: Neuerwebungen des Berliner Kunstgewerbe-Museums
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0961

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUERWERBUNGEN DES BERLINER KUNSTGEWERBE-MUSEUMS

befißt, daß man es unbedenklich
einer deffen Traditionen fortfeßen-
den Werkftatt in Siena zufchreiben
darf. Die getriebene Metallarbeit
des andern Ciboriums weift be-
reits voll entwickelte Frührenaif-
fance-Ornamentik auf; dieSchmelz-
farben der Medaillons find denen
des früheren Stückes fehr ähnlich,
nur die Fleifchpartien der Figuren
find mit einem kräftigen rötlichen
Schmelz überzogen, während in
der Frühzeit nur ein leichter rofa-
farbener Hauch darüber gelegt wird.

Italienifche Arbeit ift endlich
ein drittes Ciborium, deffen Orna-
mentik und bewegter Umriß auf
die Zeit um 1750 deuten. Seine
engere Heimat muß noch feft-
geftellt werden; das aus einer
Krone mit zwei darunterbefind-
lichen Schrägftegen beftehende
Befchauzeichen ift bei Rofenberg
nicht vermerkt. Wieder nach
Deutfchland zurück führt eine
kleine, durch edelften Linien-
fchwung ausgezeichnete Empire-
terrine, ein Werk des Stuttgarter
Goldfchmiedes Sick. Etwa zwei Jahrzehnte fpäter, alfo um 1820, ift die große filberne
Terrine (Abb. 4) entftanden, die außer dem Berliner Befchauzeichen als Meiftermarke
ein N trägt. Vielleicht ift fie von dem Goldfehmied Carl Friedrich Niedlich gearbeitet
worden, der 1785 den Bürgereid leiftete (f. Sarre, Die Berliner Goldfchmiede-Zunft,
S. 110). Jedenfalls ift Niedlich der einzige zwifchen 1770 und 1800 von Sarre erwähnte
Meifter, deffen Name den Anfangsbuchstaben N befißt; über 1800 find die Forfchungen
nicht ausgedehnt. Daß die elegante Form der Terrine in jener Zeit fehr beliebt ge-
wefen ift, beweift ein faft identifches Exemplar im hamburgifchen Ratsfehaß, das
die Marke eines dortigen Meifters fowie eine Widmung vom Jahre 1820 trägt.

Das Berliner Mufeum ift im Befiß der größten Sammlung der fo ungeheuer delikat
mit Schwarzlot oder durchfichtigen Schmelzfarben gemalten Glasbecher, deren befte
Stücke von dem 1650 bis 1670 in Nürnberg anfäffigen Glasmaler Johann Schaper her-
geftellt find. Außer Gläfern hat Schaper auch weiße, jedenfalls Hanauer Fayencekrüge
mit demfelben Dekor verfehen, von denen das Kunftgewerbe-Mufeum bisher keine
Probe befaß. Diefe Lücke ift nun ausgefüllt durch einen zwar unbezeichneten, aber
der Technik und Qualität nach unzweifelhaft von Schaper felbft bemalten Krug (Abb. 5).
Dargeftellt ift in Schwarzlotmalerei eine Ruinenlandfchaft mit Staffage, die zu Schapers
beliebteften Vorwürfen gehörte, in einer kräftigen Barockkartufche. Die vergoldete
Silberfaffung ift alte Nürnberger Arbeit.

912

Abb. 4. Silberlerrine, Berlin um 1820
 
Annotationen