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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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23. Heft
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AUSSTELLUNGEN

kommen. Zum Modell der Madonna hat Rubens
[eine Gattin Ifabella Braut genommen. Reynolds
„Admiral Keppel“ [teilt eine Entdeckung des
Mr. Shepherd dar. In der vergangenen Sai[on
erfchien die[es Bild zufammen mit einer Reihe
anderer in Chri[ties Äuktions[aal. Sämtliche
Bilder [tammten ausPrivatbefiß, aus einer Familie,
die mit Admiral Keppel verwandt i[t, und waren
bisher ganz unbekannt geblieben. Das Keppel-
porträt ging als namenlo[es Bild ziemlich billig
in den Befiß von Me[[rs. Shepherd Bros.’ über.
Dann [teilte es [ich heraus, daß es von Reynolds
[elber herrührte und [ogar deffen Signatur trug.
Es war 1749 in Minorca gemalt worden, als
Reynolds er[t 26 Jahre alt war. Keppel hatte
den jungen Kün[tler mit an Bord [eines Flagg-
[chiffes genommen in der Abficht ihn nach Rom
zu bringen. Auf der Rei[e malte Reynolds nun
einige der Offiziere, darunter Keppel felber. So
[teilt die[es Bild Reynolds Porträtkun[t in ihrer
ganz frühen Zeit dar. Es ift ein flott hinge-
feßtes, wenn auch in der Charakteriftik nicht
gerade tiefes, und in manchem, im Arrangement
ufw., an die Konvention der Zeit [ich anleh-
nendes Werk, das aber in der Farbenzufam-
men[tellung [chon Kühnheit und feines malerifches
Empfinden aufweift. Die Uniform des See-
mannes: dunkler Rock mit weißer, goldgeftickter
Wefte ift koloriftifch für die Wirkung aufs treff-
lichfte ausgenüßt. Das Bild follte eigentlich für
die National Portrait Gallery erworben werden.
Von andern Werken der wiederum reichhaltigen
Ausftellung [eien noch vermerkt: eine kleine,
äußerft feine und lebendige Landfchaftsfkizze
von Conftable, eine förmliche Harmonie in hellem
Grau, Grün, Blau und Gelb, klingend wie ein
Frühlingsmorgen, eine faft monochrome Land-
fchaft von Gainsborough; eine etwas dunkle,
aber fehr [chöne Waldland[chaft des alten Crome,
„The Boat Houfe, Blaudefton“, die 1876 auf der
Winterausftellung der Royal Academy zu [ehen
war; ein paar Landfchaftsfkizzen des aus Deutfch-
land ftammenden E. J. Niemann, zwei kleine
frühe Skizzen Turners, die er nach Bildern Wil-
[ons gemalt hat; ein leichtes, duftiges, an Paftell-
manier erinnerndesDamenporträt, „Lady Gordon“
von John Downman, der meift Paftellbilder malte,
und ein Männerporträt in Rüftung von einem
fpanifchen (?) Maler.

Wir geben hier einige charakteriftifche Bei-
[piele aus diefer Ausftellung im Bilde wieder:

1. John Downman, „Lady Gordon“. Das
Porträt ift 36X28 inches groß. Von der roten
Draperie hebt [ich die Geftalt der Dargeftellten
in olivgrünem Kleide leicht und ficher ab.

2. Adrian Hannemann, „Karl II. als Knabe“,

in Lederjacke mit weiß-roten Ärmeln, 28x23 in-
ches groß.

3. Unbekannter Meifter, wahrfcheinlich früher
englifcher Meifter „Ifaact Bargrave D. D.,
Hauskaplan des Prinzen Charles“ in fchwarzem
Rock, 36X28 inches groß.

4. F. Du Chatel (geboren in Brüffel 1610,

geftorben 1694), „Kinderporträt“ in weiß und
blauem Kleide vor einem roten Vorhang, 24x20
inches groß. F.

ÄMSTERDÄM Der „Moderne Kunft
Kring“ veranftaltete in diefen Wochen eine
„Internationale Ausftellung moderner
Kunft“ im hiefigen STÄDTISCHEN MUSEUM.
Von Internationalität war nicht viel zu merken,
[ondern Holländer und Franzofen beftritten das
Feld. Durch 28 teilweife recht bedeutende Werke
P. Cezannes wurde die Ausftellung zum Er-
eignis. Es ift faft felbftverftändlich, daß alles
übrige, an diefem Großen gemeffen, mehr oder
weniger abfiel. Und zum Vergleich wurde man
gereizt, wenn man [ah, wie der Geift Cezannes,
daneben auch der Vincent van Goghs in allen
Sälen der'Ausftellung fchwebte. Leider aber ift
das, was Cezanne in Worten und Werken aus-
gefprochen hat, vielfach recht mißverftanden.
Bei Cezanne ift der fogenannte Kubismus
nichts Gewolltes. Er ift bei ihm eine not-
wendige Erfcheinung, ein Refultat feiner Ent-
wicklung. Er fteht in engem Zufammenhang
mit feiner Technik, die [ich befonders auch durch
ihre Solidität von den Nachahmern des Meifters
vorteilhaft unterfcheidet. Unter den letzteren
dagegen trifft man Künftler, die von Haus aus
ein recht ruhiges Malertemperament befitjen, aber
durch Übernahme von kleinen Eigenarten der
führenden Meifter, die fie zur bizarren Wirkung
fteigern, originell erfcheinen wollen. Zu diefen
künftlerifchen Erfcheinungen rechne ich fowohl
LeoGeftel.wie auch LouisSchelfhout, ferner
Piet Mondriaan und den recht theatralifchen
Jaap Weijand. Natürlich ift all den Genannten
eine große malerifche Gefchicklichkeit keines-
wegs abzufprechen und dekorative Tendenzen,
befonders bei Leo Geftel, verdienen höchfte
Beachtung. Diefelben Qualitäten find auch den
Arbeiten Jan Sluyters nachzurühmen. — Be-
deutend origineller, wenn auch aus einer ähn-
lichen Richtung, erfcheinen neben den genannten
Künftlern P. Picaffo, der mit fieben Gemälden
recht gut vertreten ift, ferner der wirklich mo-
dern fühlende Herbin und vor allem Raoul
Dufy, deffen geiftvolle Technik vorzüglich der
Originalität feiner Kompofitionen entfpricht. Ein
Künftler, der infolge feiner eigenen ftark aus-
geprägten Perfönlichkeit zu einem Vergleich mit

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