Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0987
DOI Heft:
23. Heft
DOI Artikel:Denkmalpflege
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DENKMALPFLEGE
blick für England gerettet worden. LordCurzon,
der ehemalige Vizekönig von Indien hat es an-
gekauft und will es nun fo weit in ftand fetzen
laffen, daß es als Beifpiel eines befeftigten
Schloßes aus dem 15. Jahrhundert erhalten bleibt.
— Das sogenannte Old Prieft’s House zu
Muchclney in der Graffchaft Somerfet
ift durch den National Truft angekauft worden.
Diefes Haus, noch gut erhalten und ein treffliches
Beifpiel eines mittelalterlichen Wohngebäudes,
ftammt aus dem 14. Jahrhundert, ift aber offen-
bar im folgenden Jahrhundert umgebaut worden.
Nahe bei dem Hause ftehen die Kirche aus dem
15. Jahrhundert, die ein altes Steinkruzißx aus
dem gleichen Jahrhundert und andere alte Kunft-
gegenftände enthält, und die Ruinen der alten
Abtei, die einft der Enkel Alfreds des Großen
gegründet.
ROM Seit geraumer Zeit werden die Mar-
morfliefe der Peterskirche einer gründlichen Re-
ftaurierung unterzogen. 3000 qm find bis jeßt
reftauriert worden. Die Koften betragen 160000
Lire, von denen 30000 vom Erzpriefter der
Bafilika Kardinal Rampolla, der Reft vom Papft
bezahlt werden. Jeßt wird auch die fchon im
Jahre 1854 von Pius IX. angeordnete Bekleidung
der 66 Pilafter von S. Peter mit wertvollen
Marmorarten durchgeführt. Der Marchefe de
Domilar hat für diefen Zweck 35000 Lire ge-
fpendet. * *
*
Dank dem energifchen Eingreifen von Cor-
rado Ricci geht die Ifolierung des fogen.
Turmes des Nero endlich vor fich. In diefen
Tagen hat man damit begonnen, das ehemalige
Nonnenklofter S. Caterina da Siena auf piazza
Maguanapoli niederzureißen. Dadurch wird der
frühmittelalterliche Turm ganz freigelegt.
* *
*
In einem Interview des „Marzocco“ hat
Corrado Ricci fich über die archäologifchen
Aufgaben Italiens im annektierten Tripolis
ausgefprochen. Er fagte, das Hauptintereffe
werde vorläußg auf Erhaltung und Konfer-
vierung der Bauten gerichtet fein müffen. Erft
nachher würden die Ausgrabungen darankom-
men. Der Siß des Oberinfpektors werde Benghazi
fein. Dort werde auch einMufeum eingerichtet
werden, welches die zerftreut herumliegenden
Skulpturen aufnehmen wird. Eine Überführung
nach Italien werde er nicht zulaffen, denn die
Denkmäler follen fo weit nur möglich an Ort
und Stelle bleiben. Ein ungeheures neues Ar-
beitsfeld warte auf die italienifdie Forfchung.
Es fehle nicht an den geeigneten Kräften für
diefe Aufgaben. L. P.
TOLEDO Nach einem Menfchenalter ift nun
das umfangreiche Gerüft in Sa. Maria del Tran-
sito, der einftigen „Synagoge des Samuel ben
Meir Halevi“, gefallen, dank dem energifchen
Eingreifen des Marques de la Vega — der
A\adrider Academia de S. Fernando zum Troßj
die nun heftig proteftiert, da für diefes fehr zu-
rückgebliebene Inftitut das jeden Genuß ver-
hindernde Gerüft zu dem Toledaner Prachtbau
gehört wie der Zopf zum Stierkämpfer. Nun
kann man endlich wieder die einzigartige De-
koration diefes Raumes in rechter Weife be-
wundern. Was noch zu reftaurieren ift, wird
in kurzer Zeit erledigt, von unnötigen Ergän-
zungen wird mit Recht abgefehen. Durch die
neu aufgenommenen Arbeiten ftellte es fich her-
aus, daß die Frauenempore nicht nur die Weft-
feite fondern auch die Oftfeite einnahm. Man
fand hier eine fehr gut erhaltene, künftlerifch
höchft wertvolle Dekoration, zum Teil in Holz,
zum Teil in Stuck ausgeführt. Die hölzernen
„Jaloufien“ der Frauenempore, die man fpäter
für den „Coro“ der Kirche benußt hatte, wer-
den nun wieder an ihrem alten Plaß ange-
bracht. Die Arbeiten werden in wenigen
Wochen beendet fein. Der Bau foll dann nach
dem Plan des Marques de la Vega eine Art
jüdifches Mufeum werden. Alte hebräifche
Manufkripte und Miniaturen fowie Photogra-
phien nach alten jüdifch- fpanifchen Codices follen
hier ausgeftellt werden. Die Einweihung des
Mufeums wird vorausfichtlich noch im Dezember
in Anwefenheit des Königs ftattfinden.
Äuguft L. Mayer.
ST. URBÄN (Luzern) Das von der eid-
genöffifchen Gottfried Keller-Stiftung unlängft
aus Schottland zurückgekaufte Chorgeftühl
aus der ehemaligen Zifterzienferabtei St. Urban
ift nach gründlicher Renovation am urfprüng-
lichen Standort wieder aufgeftellt worden und
heute der öffentlichen Befichtigung freigegeben.
Das zu Beginn des 18. Jahrhunderts entftandene
Geftühl ift ein Werk von höchfter Vollendung;
die Dorfalwände zieren drei übereiander be-
findliche Reihen von je 32 aus Nußbaum ge-
fchnißten Reliefs mit Darftellungen aus dem
Alten und Neuen Teftament. Auf der Bekrönung
des obern Äbfchluffes ftehen Chriftus, Maria
und die zwölf Äpoftel, unter fich durch reidi
ornamentierte Äuffäße verbunden, in deren
Ranken fpielende Putten und Jagdfzenen er-
fcheinen. Bei der Rekonftruktion find nur Boden
und Unterbau neu eingefügt. — Als Erbauer
des Geftühls werden der Solothurner Fröhlicher
und der Niederländer (?) Viktor Weft genannt.
J. C.
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blick für England gerettet worden. LordCurzon,
der ehemalige Vizekönig von Indien hat es an-
gekauft und will es nun fo weit in ftand fetzen
laffen, daß es als Beifpiel eines befeftigten
Schloßes aus dem 15. Jahrhundert erhalten bleibt.
— Das sogenannte Old Prieft’s House zu
Muchclney in der Graffchaft Somerfet
ift durch den National Truft angekauft worden.
Diefes Haus, noch gut erhalten und ein treffliches
Beifpiel eines mittelalterlichen Wohngebäudes,
ftammt aus dem 14. Jahrhundert, ift aber offen-
bar im folgenden Jahrhundert umgebaut worden.
Nahe bei dem Hause ftehen die Kirche aus dem
15. Jahrhundert, die ein altes Steinkruzißx aus
dem gleichen Jahrhundert und andere alte Kunft-
gegenftände enthält, und die Ruinen der alten
Abtei, die einft der Enkel Alfreds des Großen
gegründet.
ROM Seit geraumer Zeit werden die Mar-
morfliefe der Peterskirche einer gründlichen Re-
ftaurierung unterzogen. 3000 qm find bis jeßt
reftauriert worden. Die Koften betragen 160000
Lire, von denen 30000 vom Erzpriefter der
Bafilika Kardinal Rampolla, der Reft vom Papft
bezahlt werden. Jeßt wird auch die fchon im
Jahre 1854 von Pius IX. angeordnete Bekleidung
der 66 Pilafter von S. Peter mit wertvollen
Marmorarten durchgeführt. Der Marchefe de
Domilar hat für diefen Zweck 35000 Lire ge-
fpendet. * *
*
Dank dem energifchen Eingreifen von Cor-
rado Ricci geht die Ifolierung des fogen.
Turmes des Nero endlich vor fich. In diefen
Tagen hat man damit begonnen, das ehemalige
Nonnenklofter S. Caterina da Siena auf piazza
Maguanapoli niederzureißen. Dadurch wird der
frühmittelalterliche Turm ganz freigelegt.
* *
*
In einem Interview des „Marzocco“ hat
Corrado Ricci fich über die archäologifchen
Aufgaben Italiens im annektierten Tripolis
ausgefprochen. Er fagte, das Hauptintereffe
werde vorläußg auf Erhaltung und Konfer-
vierung der Bauten gerichtet fein müffen. Erft
nachher würden die Ausgrabungen darankom-
men. Der Siß des Oberinfpektors werde Benghazi
fein. Dort werde auch einMufeum eingerichtet
werden, welches die zerftreut herumliegenden
Skulpturen aufnehmen wird. Eine Überführung
nach Italien werde er nicht zulaffen, denn die
Denkmäler follen fo weit nur möglich an Ort
und Stelle bleiben. Ein ungeheures neues Ar-
beitsfeld warte auf die italienifdie Forfchung.
Es fehle nicht an den geeigneten Kräften für
diefe Aufgaben. L. P.
TOLEDO Nach einem Menfchenalter ift nun
das umfangreiche Gerüft in Sa. Maria del Tran-
sito, der einftigen „Synagoge des Samuel ben
Meir Halevi“, gefallen, dank dem energifchen
Eingreifen des Marques de la Vega — der
A\adrider Academia de S. Fernando zum Troßj
die nun heftig proteftiert, da für diefes fehr zu-
rückgebliebene Inftitut das jeden Genuß ver-
hindernde Gerüft zu dem Toledaner Prachtbau
gehört wie der Zopf zum Stierkämpfer. Nun
kann man endlich wieder die einzigartige De-
koration diefes Raumes in rechter Weife be-
wundern. Was noch zu reftaurieren ift, wird
in kurzer Zeit erledigt, von unnötigen Ergän-
zungen wird mit Recht abgefehen. Durch die
neu aufgenommenen Arbeiten ftellte es fich her-
aus, daß die Frauenempore nicht nur die Weft-
feite fondern auch die Oftfeite einnahm. Man
fand hier eine fehr gut erhaltene, künftlerifch
höchft wertvolle Dekoration, zum Teil in Holz,
zum Teil in Stuck ausgeführt. Die hölzernen
„Jaloufien“ der Frauenempore, die man fpäter
für den „Coro“ der Kirche benußt hatte, wer-
den nun wieder an ihrem alten Plaß ange-
bracht. Die Arbeiten werden in wenigen
Wochen beendet fein. Der Bau foll dann nach
dem Plan des Marques de la Vega eine Art
jüdifches Mufeum werden. Alte hebräifche
Manufkripte und Miniaturen fowie Photogra-
phien nach alten jüdifch- fpanifchen Codices follen
hier ausgeftellt werden. Die Einweihung des
Mufeums wird vorausfichtlich noch im Dezember
in Anwefenheit des Königs ftattfinden.
Äuguft L. Mayer.
ST. URBÄN (Luzern) Das von der eid-
genöffifchen Gottfried Keller-Stiftung unlängft
aus Schottland zurückgekaufte Chorgeftühl
aus der ehemaligen Zifterzienferabtei St. Urban
ift nach gründlicher Renovation am urfprüng-
lichen Standort wieder aufgeftellt worden und
heute der öffentlichen Befichtigung freigegeben.
Das zu Beginn des 18. Jahrhunderts entftandene
Geftühl ift ein Werk von höchfter Vollendung;
die Dorfalwände zieren drei übereiander be-
findliche Reihen von je 32 aus Nußbaum ge-
fchnißten Reliefs mit Darftellungen aus dem
Alten und Neuen Teftament. Auf der Bekrönung
des obern Äbfchluffes ftehen Chriftus, Maria
und die zwölf Äpoftel, unter fich durch reidi
ornamentierte Äuffäße verbunden, in deren
Ranken fpielende Putten und Jagdfzenen er-
fcheinen. Bei der Rekonftruktion find nur Boden
und Unterbau neu eingefügt. — Als Erbauer
des Geftühls werden der Solothurner Fröhlicher
und der Niederländer (?) Viktor Weft genannt.
J. C.
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