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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0050

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tionen einer farbenempfindlichen Seele, die auf
alle Nuancen der gedämpfteften, aparteften Töne
reagiert.

Ähnliche Wege wandelt der junge Johann
Bednar, dem wir gelungene Verbindungen von
Charakterbildern mit vornehm kühlen Farben-
harmonien verdanken. Wir heben darunter be-
fonders das Bildnis einer Dame hervor, bei dem
der dunkel reflektierenden Glasfläche eines klei-
nen Handfpiegels alle Farbenwerte des Gemäldes
untergeordnet find.

Eine wohlabgewogene Kompofition — die
Nachdichtung eines ungarifchen Dichters — von
Geza Udvary führt uns in den empfindfamen
Luftkreis des angehenden 19. Jahrhunderts zu-
rück. Den wertvollften Teil des Bildes macht
auch hier die in kühlen Schatten gehüllte Figur
einer traumverlorenen Dame aus. Das Stück-
chen Ruine und der fich langfam nähernde Mann
nehmen dahinter die Strahlen der niedergehen-
den Sonne auf. Die warmen Farben entbehren
fchon des Glanzes, was bei den Qualitäten des
jonft fehr tüchtigen Werkes lebhaft zu be-
dauern ift.

Wir dürfen die Namen Andreas Boruth, Jofef
Egry, Julius Glatter, Maurus Göth, Bartholo-
mäus Karlovfzky, Rudolf Kiß, Defider Kölber,
Iwan v. Komoröczy, Jofef Koszta, Julius Koszto-
Ianyi, Geza Kukän, Caefar Kunwald, OskarMend-
lik, Robert Nadler, Alexander v. Nyilaffy, Viktor
Olgyai, Friß Strobenß, Ernft Tibor und Viktor
Wollemann nicht unerwähntlaffen in der Hoff n ung,
auf diefelben künftighin zurückkommen zu kön-
nen. Dagegen foll einer Gruppe fchon jeßt
größere Aufmerkfamkeit gefchenkt werden, und
zwar denjenigen von zumeift der jüngeren Ge-
neration angehörenden Siebenbürgern, unver-
fälfchten Sachfen, nicht nur nach ihrer Abdäm-
mung, fondern auch nach ihrer Eigenart.

Ihr Meifter Friedrich Mieß fteckt noch tief
im Naturalismus, obwohl feine Schöpfungen das
Naiv-Heitere feines Temperaments wieder fpiegeln
und fich dadurch in die Reihe wirklicher Kunft-
leiftungen erheben. Arthur Coulin, der jüngfte
und ftrebfamfte unter ihnen, ift gleichfalls ein
minutiöfer Beobachter, der fich von der ftrengen
Durchführung der Natnrformen nicht losfagt;
feine Kompofitionen laffen aber ein beträcht-
liches Geftaltungsvermögen erkennen.

Zwei in Berlin wohnhafte Künftler, Karl
Ziegler und Robert Wellmann gehören
gleichfalls zu den gewiffenhafteften Arbeitern.
Für Wellmann fcheint die künftlerifche Bewälti-
gung einer jeden Naturform ein gleichwertiges
Erlebnis zu fein. Kein Wunder, wenn dabei
das Intereffe des Beobachters manchmal nicht
erweckt werden kann. Ziegler verläßt ßch mehr

AUSSTELLUNGEN

auf fein Gefühl und wirkt infolgedeffen leben-
diger.

Der gleichfalls in Berlin anfäffige Franz
Paczka ftellte diefes Mal eine große figurale
Helldunkelkompofition („Traum derEmefe“) aus
Der weibliche Akt — das dominierende Motiv
des Bildes — leidet an zu plaftifdier Ausführung.
Die frifche Farbe des Körpers kommt aber vor
dem dunklen neutralen Hintergrund vorzüglich
zur Geltung.

Es fei endlich noch unferem Mißfallen vor
einer großen Leinwand freie Luft gemacht. Die
biblifche Kompofition von J. Pentelei-Molnär —
„Ego eimi“ — kann ’und darf durchaus nicht
intereffieren. Esherrfcht weder eine innere, noch
eine äußere Einheit im Bilde. Obwohl die Haupt-
figur noch durch ftärkere Beleuchtung hervor-
gehoben wird, bilden die übrigen Geftalten nur
ein Quodlibet erlernter Bewegungsmotive. Sie
ftammen hauptfächlich von Repin her, während
das Kolorit an Rembrandt erinnert. Die zeich-
nerifchen Qualitäten des Bildes find dazu durch-
aus mittelmäßig. Was dagegen an ihm an-
nehmbar ift, wurde in der Sammlung der aka-
demifch anerkannten Schönheiten fchon vor
Jahrhunderten regiftriert. Kein Wunder, daß
das Gemälde außerhalb der ftaatlichen Kommif-
fion, die es zur goldenen Medaille würdigte
keinen Änklang gefunden hat. Takäcs.

KRÄKÄU Für den Herbft 1911 wird hier eine
Ausftellung polnifcher religiöfer Kunft projek-
tiert. Unter den Mitgliedern des Ausftellungs-
komitees befinden fich die Kunfthiftoriker Dr.
F. Kopera und L. Lepszy. P. E.

MÄILÄND In den Räumen des Palaftes
der hiefigen Societä di Belle Arti wurde diefer
Tage eine intereffante Ausftellung eröffnet, die
gegen 70 Werke des verftorbenen Mailänder
Malers Giufeppe Barbaglia umfaßt, eines
Künftlers, dem es während feines Lebens nie-
mals gelungen war, allgemeine Anerkennung zu
erringen und den die Not gezwungen hatte, in
den Gemäldegalerien der lombardifchen Metro-
pole zu kopieren und fo fein befcheidenes Dafein
zu friften. Und doch zeigen feine jeßt ausge-
ftellten Werke, daß Barbaglia wirklich ein liebens-
würdiger und bedeutender Maler gewefen ift.
Da fehen wir z. B. ein Verdiporträt von einer
packenden Natürlichkeit, und auch andere Män-
ner- und Frauenbildniffe beweifen fein fcharfes
Auge für die Auffaffung und Wiedergabe der
Individualität. Da finden wir vier Koftümbilder
aus dem 18. Jahrhundert, die den Frohfinn der
Epoche glänzend verkörpern. Barbaglia hat

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