Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI issue:
2. Heft
DOI article:
Ausstellungen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0095

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
AUSSTELLUNGEN

diefe Bilder noch nicht für gekommen und
[teilte nur eine Serie von Gemälden aus Picaffos
blauer Epoche aus, in denen [ich Einflüffe
Cezannes und Lautrecs mit denen Grecos
kreuzen. Sie find in einem Delfter Blau ge-
halten, deffen Eintönigkeit ebenfo häufig kolo-
riftifch neu erfcheint, wie dem Motiv angemeffen
fuggeftive Kraft ausübt. Seine auf das Einfachfte
reduzierte Linienfprache unterftreicht zuweilen
glücklich den großen Zug urfprünglicher Empfin-
dung, die er auszudrücken ftrebt. ÄUes in allem
dürfen wir diefe Werke nur als Dokumente des
Übergangs betrachten, da Picaffo felbft fie durch
feine neueren Schöpfungen vollftändig des-
avouiert hat.

Unter dem Titel „La Faune“ trugen die
GEBRÜDER BERNHEIM hundert Tierdar-
[tellungen von Delacroix, Corot, Manet, Monet,
Piffarro, Renoir, Sisley, Cezanne, van Gogh u. a.
zufammen, die einerfeits faft alle fchon bekannt
waren, andrerfeits fo wahllos und zufällig ver-
einigt fchienen, daß fie einer Gefamtbetrachtung
fpotteten. Ich begnüge mich lieber mit der
flüchtigen Bemerkung, daß einige fchöne Bilder
großer Meifter ausgeftellt waren, als daß ich
Gemeinplätze wiederhole oder zufammenhanglofe
Betrachtungen über den Einzelnen in einer kurzen
Chronik künftlich aneinderreihe. Es ift bedauer-
lich, daß häufig in Paris derartige Ausftellungen
fo flüchtig und direktionslos arrangiert werden.
Diefelbe Galerie gewährte im Januar der Samm-
lung altchinefifcher Malereien der Frau Olga
Julia Wegener Gaftrecht, die [ich geweigert hatte,
der Einladung des Mufee Guimet, ihre Kollek-
tion dort auszuftellen, Folge zu leiften, weil das
Mufee Guimet zu ungünftige Beleuchtungsver-
hältniffe hat. Frau Wegener hatte darin voll-
ftändig recht. Herr Guimet und andere Mufeums-
konfervatoren mögen an diefer Weigerung er-
kennen, daß man in Deutfchland einer guten Be-
leuchtung wefentlich höheren Wert beimißt als in
Paris. Über die Sammlung felbft, die in Paris
großes Äuffehen erregte, brauche ich Deutfchen
gegenüber wohl nicht ausführlich zu fprechen.

Die GALERIE DRUET veranftaltete eine Aus-
ftellung ihrer neuen Photographien, deren Treue
und weiche Tonfchönheit in aller Welt rühm-
lichft bekannt find. Um die Jahreswende ver-
einigten fich die Künftler diefes Salons, Baigneres,
Flandrin, Friesz, Maillot, Puy, Signac ufw. zu
der alljährlich ftattfindenden Zeichnungsausftel-
lung, die durch neue Keramiken Andre Metheys
diefes Mal erhöhtes Intereffe gewann. Auf
diefen Künftler habe ich fchon im vorigen Jahre
ausführlich hingewiefen gelegentlich feiner Aus-
heilung im Mufee Galliera. Es gibt wohl zur-

zeit in keinem Lande einen Keramiker, der fo
logifche, einfache Formen fchafft wie Methey
und der diefe Formen mit fo köftlichen Orna-
menten ziert, deren Linienmathematik als eine
wundervolle Umfeßung von gefchauten Linien-
einheiten in der Natur anzufehen ift. Seine
Farbenharmonien find reich nuanciert und ftrömen
eine zauberhafte Leuchtkraft aus, fo daß jeder
Teller, jede Schale Erlebniffe bedeuten wie ein
Gemälde. Auch deutfche Sammler find auf
diefen Künftler aufmerkfam geworden, leiderein
wenig fpät. Denn die Preife der Metheyfchen
Keramiken find jetzt fchon hoch und fteigen in-
folge der großen Nachfrage beftändig.

Der Dichter und Maler TRISTAN KLINGSOR
hat in der Rue Lafayette 43 unter dem Titel
„A l’amateur“ eine Galerie gegründet, die fich
hauptfächlich Mitgliedern des Herbftfalons offen
hält. Die erfte Ausftellung mit Werken Kling-
fors, Le Bails und Milcendeaus macht einen an-
mutigen Eindruck. Befonders die beiden erften
Künftler beweifen in ihren neueften Schöpfungen
ein tüchtiges Können und maßvollen Gefchmack.

Ein anderer Dichter, CHARLES VILDRAC, eine
der ftärkften Hoffnungen der jüngeren Generation,
hat in der Rue de Seine dem Nachwuchs eine
Ausftellungsgelegenheit gefchaffen. Im Mufee
des arts decoratifs hat der Zeichner und Ra-
dierer Paul Renouard eine Kollektivausftellung
feiner Werke veranftaltet, die keine Liebe zu
diefem oft überfchäßten Vulgarifator der Degas-
fchen Kunft erweckt. Seine matte Epigonenart
kommt dem Publikum gefällig entgegen.

ROM Die Jubiläums-Ausftellung 1911 wird
u. a. auch die Rekonftruktion eines großen rö-
mifchen Prachtfchiffes bringen. Auf einem
13000 qm großen Wafferbecken wird das 100 m
lange und 25 m breite Schiff fchwimmen, wel-
ches auf den verfchiedenen Decks eine Arena
für Sport und Tanz, ein griechifch-römifches
Theater und fchließlich in einem Tempel der
Venus und Roma ein — großes Reftaurant und
eine Brafferie (!) beherbergen wird. Die Pläne
haben der durch feine Saturnaliengruppe be-
kannte Bildhauer Biondi und der Architekt Fer-
rante entworfen. Die Ausführung wird in Holz,
Eifen und Zement geplant. Nach der Ausftel-
lung foll das Schiff nach Monte Carlo gebracht
werden, wohin es freilich fchon jeßt beffer paffen
würde. L. P.

ROTTERDÄM „Das Tier in der holländi-
fchen Kunft feit 1840“ ift in einer Ausftellung
(Dezember und Januar) des hiefigen Kunftvereins
zu fehen. Gemälde, Zeichnungen und Plaftik

72
 
Annotationen