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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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5. Heft
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Bombe, Walter: Florentiner Künstlerwerkstätten der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0199

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FLORENTINER KÜNSTLERWERKSTATTEN DER RENAISSANCE

Meifters befand fich in Via del Cocomero (jeßt Ricafoli), wo die Truhenmacher ihr
Amtshaus hatten. Sein Schüler Giusto d’Andrea hatte von 1451 bis 1472 eine
Werkftätte vom Hofpital Santa Maria Nuova im Corfo di Por San Piero (jeßt Corfo)
zur Miete. Neri di Bicci wohnte in einem jeßt zerftörten Haufe der Via Porta Roffa.
Im Jahre 1480 zahlte er feine Miete an die Söhne des Mariotto Davanzati. Das Haus
Filippino Lippis befand fich in Via degli Alfani; er kaufte es 1487 von den Mönchen
von S. Maria degli Angioli. Heute ift das Haus in das Hofpital der Maternitä inkor-
poriert. Jacopo da Pontormo wohnte in Via della Colonna, gegenüber der Kirche
der Angiolini. Andrea Feltrini, dem Vafari die Einführung der Sgraffitodekoration
in Florenz zufchreibt, wohnte und arbeitete im Jahre 1534 in Via San Barnaba (jeßt
Via Guelfa), und Giovan Antonio Sogliani in Via della Forca (jeßt Via dei Conti),
dicht an Piazza Madonna. In Via Gino Capponi, zwifchen Via Giufeppe Giufti und
Via Venezia, lagen mehrere Künftlerwerkftätten. An der Stelle des im Jahre 1705
unter Leitung von Carlo Fontana erbauten Palazzo Capponi ftand das Haus des Malers
Giovanni Stradano, das diefer bis zu feinem Tode (1605) bewohnt hatte. Dem
ftattlichen Neubau des Palaftes der Velluti-Zati, Herzoge von San Clemente in der-
felben Straße, ’faft gegenüber, einer Schöpfung des Gherardo Silvani, mußten die
Werkftätten der Maler Girolamo Macchietti, Gregorio Pagani und Lodovico
Cigoli zum Opfer fallen. Noch heute aber ift in Via Gino Capponi, an der Ecke
der Via Giufeppe Giufti, das Haus des Andrea del Sarto erhalten. Andrea kaufte am
15. Oktober 1520 für 50 Golddukaten von Domenico Canocchi das Haus, an deffen
Faffade Verehrer des großen Meifters die Infchrift angebracht haben:

IN QUESTA CASA
ABITÖ IL PITTORE SENZA ERRORI
ANDREA VANNUCCHI FIORENTINO
DETTO DEL SARTO

CHE REDUCE DALLA FRANCIA LA EDIFICÖ

E VI MORIVA NELL’ANNO MDXXX

PIENO DI GLORIA E DI DOMESTICI AFFANNI.

Im Garten hinter dem Haufe, an der Via del Cocomero (jeßt Via Giufeppe Giufti 25)
baute er fich fein Studio. Sein Stieffohn Marco, aus der erften Ehe der Lucrezia del
Fede mit dem Müßenmacher Carlo di Domenico da Recanati, verkaufte im Jahre 1577
Haus, Garten und Studio an den Maler Federigo Zuccheri, der auf einer Säule
außer dem Wappen der Medici und zwei Füllhörnern fein eigenes Wappen, den
Zuckerhut, anbrachte und an der Stelle der Bottega Andreas ein phantaftifches Ge-
bäude aus Ziegelfteinen und Sandfteinquadern mit ornamentalen Reliefs aufführte.

Die meiften diefer alten Künftlerwerkftätten find heute verbaut oder ganz vom
Erdboden verfchwunden; einzelne find durch Gedächtnistafeln ausgezeichnet, viele könn-
ten mit Hilfe der von Carocci gefammelten Katafterangaben genau beftimmt werden,
und in manchen diefer alten Künftlerheime wären Entdeckungen von nicht unerheb-
licher Tragweite zu machen, wie fie vor einigen Jahren Prof. Aleffandro Chiappelli
am Haufe des Mino da Fiefole gemacht hat. Unter der Tünche find an den Wänden
der ehemaligen Bottega Minos in Via Pietrapiana 7 Entwürfe zu Kandelabern,
Profilbildniffe, Proportionsftudien zu Monumenten, Zahlenangaben und Notizen ver-
fchiedenfter Art freigelegt worden, ßüchtig hingeworfene Umrißzeichnungen und forg-
fältige Studien, zum Teil von großem Reiz. Wenn es auch gewagt erfcheinen mag,

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