Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI Heft:
5. Heft
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0210

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AUSSTELLUNGEN

kraftvolle und gefunde, etwas fchwere kolori-
ftifche Kultur, die [ich durchgängig dokumen-
tiert, auch den männlichen herben Zug, der
fchon den Hauptmerkmalen der älteren fpani-
fchen Kunft zuzählt, findet man wieder, des-
gleichen eine lobenswerte Solidität des Hand-
werkgebrauches. An nationaler Eigenart fehlt
es im allgemeinen auch nicht, wenngleich natür-
lich auch diefe modernen fpanifchen Künftler fich
nicht ganz den Äuslandseinflüffen, namentlich
franzöfifchen haben entziehen können. Als inter-
effantefte Typen neben den obengenannten beiden
Hauptmeifter, die nebenbei bemerkt wohl kaum
ganz den üppigen Ruhm verdienen, den man
ihnen anfänglich und bisher bei uns gefpendet hat,
erweifen fich die Brüder Valentin und Ramon de
Zubiaurre, deren Art zu fchaffen viel Ver-
wandtes hat. Ihre Zeichnung ift plaftifch und
von einer gewiffen Härte, das Kolorit ungebrochen
von meift dunkler Grundftimmung, aber äußerft
glutvoll. Eurique Cubells y Ruiz gehört ebenfalls
zu den notabelften Erfcheinungen der Schau.
Er malt Bilder aus dem Leben der Fifcher und
Seeleute in ziemlich impreffioniftifcher Art; eine
„alte Bretonin“ von ihm ift vielleicht als die
überhaupt feinfte Leiftung der ganzen Kollektion
anzufehen. Etwas allzubunt aber voll ficheren
Könnens find Roberts Domingos Stierkampf-
fzenen, ausgezeichnete Landfehafter lernt man
in Beruete und Morera kennen. Von den übri-
gen Äusftellern, wovon Gonzales Bilbao und
Eduardo Chicharro mehr das konfervative Ele-
ment vertreten, Caftelucho, Degrain, Mesquita,
Nieto de Torres und Don Manuel Benedito das
fortfchrittlichere, ift gleichfalls das eine oder
andere Stück Malerei hochbeachtenswert. Jofe
Clara repräfentiert fehr talentvoll die zeitge-
nöffifche fpanifche Bildnerei. — In BRÄKLS MO-
DERNER KUNSTHANDLUNG erfcheint wieder
einmal Max Feldbauer auf dem Plan, der
fchon vor Jahresfrift mit einer Kollektionsaus-
ftellung hier vertreten war, und damals ftärkftes
Auffehen erregte. Ob diefem Auffehen fich
auch ein allfeitig tieferes Verftändnis für die
Kunft diefes hochbedeutenden Talentes anfehloß,
möchte ich füglich bezweifeln, zu wünfehen wäre
jedoch, daß es rafch und in breitem Maße fich
einftellte, denn wenn einer, fo ringt heute Feld-
bauer hartnäckig und tapfer mit völlig neuen,
aber zeitgemäßen malerifchen Problemen und
ich glaube man geht nicht fehl, wenn man ihn
als eine der allerfchä^enswerteften und am meiften
ins Auge zu faffenden Erfcheinungen der jüngeren
Münchner Malerei bezeichnet. Einzelne der aus-
geftellten Bilder find wahre Kabinettstücke mo-
dernen malerifchen Empfindens, durchaus originell
gefehen und voll Fafzination. M. K. R.

II. Juryfreie Ausftellung München 1911.
Dem Deutfchen Künftlerverband München
find durch das Wohlwollen des Magiftrats der
Stadt München fehr fchöne und geräumige Säle
im Ausftell ung spark, Therefienhöhe, zur Ab-
haltung feiner diesjährigen Kunftausftellung in
dankenswerter Weife zur Verfügung geftellt
worden. Näheres zu erfahren im Sekretariat
Kaufingerftraße 14.

PÄRIS Zum fechften Male hat die Societe des
artistes decorateurs eine Ausftellung mo-
dernen franzöfifchen Kunftgewerbes zufammen-
geftellt, die feit vier Jahren in den unteren Räu-
men des PAVILLON MARSAN IM LOUVRE ftatt-
findet. Dem hübfeh ausgeftatteten Katalog hat
das Komitee ein Vorwort vorangeftellt, in dem
es feine Abfichten ausfpricht, die Imitationen der
Stilmöbel zu verdrängen und zu unterbinden,
das Publikum an den neuen Stil der Innenkunft
zu gewöhnen und bewegende Klage führt über
die geringe Unterftütjung, die die moderne Kunft-
gewerbebewegung bisher in Frankreich gefunden
hat. Die zwölf dem Louve eingebauten Innen-
räume zeigen im großen und ganzen das gleiche
Bild wie die Ausftellung des Vorjahres. Viele
Künftler, die fich modern nennen, lehnen fich an
den Louis XV. und Louis XVI. Stil an; noch häu-
figer begegnet man Nachahmungen der Chippen-
dale-Möbel. Wieder andere, die fich ernftlich um
neue Formen mühen, wie Majorelle und Selmers-
heim verfallen in eine Schwere und Plumpheit,
in eine mühfame, gequälte Manier, die weder
den kleinen Räumen der Parifer Wohnungen ent-
fprechen noch ein feiner gebildetes Äuge dauernd
zu erfreuen mögen. Keiner der Künftler meidet
die gefchweiften Linien, wie wir fie in Deutfch-
land aus den Anfängen unferer Bewegung kennen
und keiner beweift einen reinen und maßvollen
Gefchmack in der Dekoration der Wände, die faft
in allen Räumen mit ftilifierten Pflanzenornamen-
ten, deren Dafeinsberechtigung fich nicht logifch
beweifen läßt, fchwerfällig überladen find. Faft
in jedem Raum vermißt man die klare und groß-
zügige Difziplin eines Architekten.

Im einzelnen finden fich dagegen erfreuliche
Eindrücke. Angenehm berührt neben der Qua-
lität der Arbeit das helle undfroheFarbenenfemble
faft aller Räume. Das ift ein nationaler Nieder-
fchlag der leichten Heiterkeit und des weiblich-
gefchmeidigen Gefchmacks der Franzofen. Man
könnte fich denken, daß die Franzofen zu voll-
kommneren Refultaten gelangen würden, wenn
fie verlernten ihre Wände und Stoffe allzufehr
mit ftilifierten Ornamenten zu überladen, wenn
ihre Räume mehr Ruhe und Maß gewinnen. Den

184
 
Annotationen