Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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12. Heft
DOI article:Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN
wind daher, dem fich, wie unwillig auch, das
Leben erfchließen muß. Die neuere Zeit wird
mit Whiftler eingeleitet, dem [ich viele der be-
kannten modernen Maler Englands und Schott-
lands, leider mit [o manchen empfindlichen
Lücken, anreihen. Das Arrangement unter Mr.
Francis Howards Leitung ift wiederum trefflich.
Jedes Bild kommt zu feinem Recht.
Eine Art Ergänzung diefer Äusftellung bildet
die Sommerausftellung des New English Art
Club in den Sälen der SOCIETY OF BRITISH
ARTISTS in Suffolk Street, Pall Mall. In ihr
fallen vor allem zwei hochbedeutende Werke
P. Wilson Steers, ein Damenporträt „Das Ende
des Kapitels“, und eine Landfchaft „Das Tal
des Severn“ (Nach dem Sturm) auf, fodann
einige indifche Änfichten W. Rothenfteins, einige
landfchaftliche Phantafien C.S.Holmes und Werke
von W.W. Ruffell, G.W. Lambert, E. Seabrooke,
F. Dodd, W. Orpen, A. W. Rieh u. a. m. Auch
Sargent ift mit einigen Stücken vertreten. F.
MÄDRID Die ACADEMIÄ DE S. FER-
NANDO hat auf Anregung ihres Präfidenten,
Conde de Romanones eine Äusftellung der
Spanifchen Primitiven veranftaltet, die Frau
von Iturbe (Da. Maria Trinidad Schol^-Hermens-
dorff) befit^t. Einen großen Katalog mit Ab-
bildungen fämtlicher Gemälde hat D. Elias Tormo
verfaßt.
Es war kein glücklicher Gedanke, diefe 31
Bilder in der Hauptfaifon den Madridern und
dem großen Reifepublikum vorzuführen, denn
es handelt [ich hier faft durchgängig um Werke
anonymer Meifter zweiten, ja dritten Ranges.
Dazu ift die andalufifche Schule faft gar nicht
vertreten. Eine Sammlung guter fpanifcher
Primitiver zufammenzubringen ift nicht fehr ein-
fach. Änftatt in wenig Monaten derartige Schul-
bilder zufammenzukaufen, hätte Senora de
Iturbe dem Beifpiel des Befißers der [chönften
fpanifchen Primitiven in Madrid, D. Jofe Lazaro,
folgen follen, der [ich feine Stücke langfam und
auf Qualität achtend, aus allen möglichen Ecken
und Enden zufammengefucht hat.
Die katalonifchen Arbeiten find höchft mäßig,
beffer der Evangelift Johannes (M. 6), der dem
Valencianer Kunftkreis angehört. Die Tafeln
aus der Schule von Leon mit Szenen aus der
Gefchichte des heiligen Felix find nicht uninter-
effant. Am wertvollften ift die „Begegnung des
Königs Ferdinand I. von Kaftilien mit S. Do-
mingo de Silos (?)“, das Werk eines aragone-
fifchen, wohl in Katalonien gefchulten Meifters.
(Den Künftler mit dem Kreis des großen Por-
tugiefen Nuno Gonfalves in Verbindung zu
bringen, halte ich zum mindeften für fehr ge-
wagt.) Auch die eigenartige Darftellung des
„Chriftus, der die Vorväter im Limbus der knie-
enden Maria vorftellt“, verdient Beachtung. Sie
fteht dem Kreis des Alexo Fernandez recht nahe,
zeigt vor allem eine gewiffe Verwandtfchaft
mit dem „Chriftus an der Säule“ im Mufeum
zu Cordoba, wirkt aber fteifer und unbeholfener.
Für die große Beliebtheit der Stiche Schon-
gauers in Spanien legen auch hier wieder einige
Bilder Zeugnis ab, vor allem die große „Kreuz-
tragung“ (17) von Tormo ganz zu Unrecht mit
dem „Meifter der Waffen“ des Ältarwerkes in
der Sammlung Cook in Verbindung gebracht,
fowie die „Anbetung der Könige“ (12). ^ j
MÜNCHEN H. THANNHAUSERS MODERNE
GALERIE IM ARCOPALAIS hat durch Aus-
heilung einer umfangreichen Kollektion von Ar-
beiten des jungen Wiener Künftlers Max
Oppenheimer unferer Stadt eines der bedeu-
tungsvollen Ereigniffe des Kunftlebens feit
langem gebracht. Man fteht hier einer ganz
außergewöhnlichen Begabung gegenüber, deren
Äußerungen zwar, was ihren Empfindungsgehalt
anlangt, nicht jedermanns vollen Beifall finden
werden, die aber doch als künftlerifche Erfchei-
nungen ganz ungewöhnlich hoch bewertet
werden müffen.
Vorab ftellt der Maler zwei große Kompofi-
tionen aus, eine „Kreuzabnahme“ und das
Bild „Simfon“, hervorragende Talentproben, die
fich wohl jedem Befchauer nachhaltigft ein-
prägen. Gegenftändlicher und künftlerifcher In-
halt find hier in gleichem Maße bedeutend,
namentlich bergen die beiden Stücke ausgezeich-
nete malerifche und zeichnerifche Details. Oppen-
heimer wirkt, obgleich ein intenfives Studium
alter Meifter bei ihm unverkennbar ift, in feiner
ganzen Art doch durchaus neuartig und originell.
Kompofitionsanlage, Zeichnung, Farbe und Licht-
führung, alles dient der Herausarbeitung ftärk-
ften inneren Lebens, bisweilen geht der Künftler
in folcher Tendenz fogar bis zum Pretenfiöfem,
felbft Grotesken. Ein leifer Zug des Krank-
haften, ja der Verwefung, der einigen feiner Ge-
walten, ähnlich wie bei den fpäteren Werken
Matthias Grünewalds anhaftet, ferners eine
ähnliche Vorliebe für Blut und Wunden fteigert
die eindringliche Wirkung diefer Schöpfungen
weiterhin nicht unwefentlich. Sehr ftark find
vor allem auch eine Reihe von Bildniffen be-
deutender Zeitgenoffen, auch feine Frauenbild-
niffe hat Oppenheimer gemalt und treffliche
Landfchaften.
Außer der Kollektion Oppenheimer führt
Thannhaufer auch noch eine kleine Folge neuer
Stücke von Hodler, fowie Nachlaßarbeiten Fr.
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wind daher, dem fich, wie unwillig auch, das
Leben erfchließen muß. Die neuere Zeit wird
mit Whiftler eingeleitet, dem [ich viele der be-
kannten modernen Maler Englands und Schott-
lands, leider mit [o manchen empfindlichen
Lücken, anreihen. Das Arrangement unter Mr.
Francis Howards Leitung ift wiederum trefflich.
Jedes Bild kommt zu feinem Recht.
Eine Art Ergänzung diefer Äusftellung bildet
die Sommerausftellung des New English Art
Club in den Sälen der SOCIETY OF BRITISH
ARTISTS in Suffolk Street, Pall Mall. In ihr
fallen vor allem zwei hochbedeutende Werke
P. Wilson Steers, ein Damenporträt „Das Ende
des Kapitels“, und eine Landfchaft „Das Tal
des Severn“ (Nach dem Sturm) auf, fodann
einige indifche Änfichten W. Rothenfteins, einige
landfchaftliche Phantafien C.S.Holmes und Werke
von W.W. Ruffell, G.W. Lambert, E. Seabrooke,
F. Dodd, W. Orpen, A. W. Rieh u. a. m. Auch
Sargent ift mit einigen Stücken vertreten. F.
MÄDRID Die ACADEMIÄ DE S. FER-
NANDO hat auf Anregung ihres Präfidenten,
Conde de Romanones eine Äusftellung der
Spanifchen Primitiven veranftaltet, die Frau
von Iturbe (Da. Maria Trinidad Schol^-Hermens-
dorff) befit^t. Einen großen Katalog mit Ab-
bildungen fämtlicher Gemälde hat D. Elias Tormo
verfaßt.
Es war kein glücklicher Gedanke, diefe 31
Bilder in der Hauptfaifon den Madridern und
dem großen Reifepublikum vorzuführen, denn
es handelt [ich hier faft durchgängig um Werke
anonymer Meifter zweiten, ja dritten Ranges.
Dazu ift die andalufifche Schule faft gar nicht
vertreten. Eine Sammlung guter fpanifcher
Primitiver zufammenzubringen ift nicht fehr ein-
fach. Änftatt in wenig Monaten derartige Schul-
bilder zufammenzukaufen, hätte Senora de
Iturbe dem Beifpiel des Befißers der [chönften
fpanifchen Primitiven in Madrid, D. Jofe Lazaro,
folgen follen, der [ich feine Stücke langfam und
auf Qualität achtend, aus allen möglichen Ecken
und Enden zufammengefucht hat.
Die katalonifchen Arbeiten find höchft mäßig,
beffer der Evangelift Johannes (M. 6), der dem
Valencianer Kunftkreis angehört. Die Tafeln
aus der Schule von Leon mit Szenen aus der
Gefchichte des heiligen Felix find nicht uninter-
effant. Am wertvollften ift die „Begegnung des
Königs Ferdinand I. von Kaftilien mit S. Do-
mingo de Silos (?)“, das Werk eines aragone-
fifchen, wohl in Katalonien gefchulten Meifters.
(Den Künftler mit dem Kreis des großen Por-
tugiefen Nuno Gonfalves in Verbindung zu
bringen, halte ich zum mindeften für fehr ge-
wagt.) Auch die eigenartige Darftellung des
„Chriftus, der die Vorväter im Limbus der knie-
enden Maria vorftellt“, verdient Beachtung. Sie
fteht dem Kreis des Alexo Fernandez recht nahe,
zeigt vor allem eine gewiffe Verwandtfchaft
mit dem „Chriftus an der Säule“ im Mufeum
zu Cordoba, wirkt aber fteifer und unbeholfener.
Für die große Beliebtheit der Stiche Schon-
gauers in Spanien legen auch hier wieder einige
Bilder Zeugnis ab, vor allem die große „Kreuz-
tragung“ (17) von Tormo ganz zu Unrecht mit
dem „Meifter der Waffen“ des Ältarwerkes in
der Sammlung Cook in Verbindung gebracht,
fowie die „Anbetung der Könige“ (12). ^ j
MÜNCHEN H. THANNHAUSERS MODERNE
GALERIE IM ARCOPALAIS hat durch Aus-
heilung einer umfangreichen Kollektion von Ar-
beiten des jungen Wiener Künftlers Max
Oppenheimer unferer Stadt eines der bedeu-
tungsvollen Ereigniffe des Kunftlebens feit
langem gebracht. Man fteht hier einer ganz
außergewöhnlichen Begabung gegenüber, deren
Äußerungen zwar, was ihren Empfindungsgehalt
anlangt, nicht jedermanns vollen Beifall finden
werden, die aber doch als künftlerifche Erfchei-
nungen ganz ungewöhnlich hoch bewertet
werden müffen.
Vorab ftellt der Maler zwei große Kompofi-
tionen aus, eine „Kreuzabnahme“ und das
Bild „Simfon“, hervorragende Talentproben, die
fich wohl jedem Befchauer nachhaltigft ein-
prägen. Gegenftändlicher und künftlerifcher In-
halt find hier in gleichem Maße bedeutend,
namentlich bergen die beiden Stücke ausgezeich-
nete malerifche und zeichnerifche Details. Oppen-
heimer wirkt, obgleich ein intenfives Studium
alter Meifter bei ihm unverkennbar ift, in feiner
ganzen Art doch durchaus neuartig und originell.
Kompofitionsanlage, Zeichnung, Farbe und Licht-
führung, alles dient der Herausarbeitung ftärk-
ften inneren Lebens, bisweilen geht der Künftler
in folcher Tendenz fogar bis zum Pretenfiöfem,
felbft Grotesken. Ein leifer Zug des Krank-
haften, ja der Verwefung, der einigen feiner Ge-
walten, ähnlich wie bei den fpäteren Werken
Matthias Grünewalds anhaftet, ferners eine
ähnliche Vorliebe für Blut und Wunden fteigert
die eindringliche Wirkung diefer Schöpfungen
weiterhin nicht unwefentlich. Sehr ftark find
vor allem auch eine Reihe von Bildniffen be-
deutender Zeitgenoffen, auch feine Frauenbild-
niffe hat Oppenheimer gemalt und treffliche
Landfchaften.
Außer der Kollektion Oppenheimer führt
Thannhaufer auch noch eine kleine Folge neuer
Stücke von Hodler, fowie Nachlaßarbeiten Fr.
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