Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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12. Heft
DOI Artikel:Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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STATTGEHÄBTE AUKTIONEN
rativ. Zum Schluß fei noch eine Churbayerifdhe
Spißenreiterlaterne genannt, d. i. eine jener
prunkvoll ausgeftatteten Laternen, die der Vor-
reiter der kurfürftlichen Kalefche auf langem
Schaft an dem Steigbügel befeftigt, trug. Der
reich illuftrierte Katalog ift foeben erfdiienen.
Stattgehabte Auktionen1
VERSTEIGERUNG DER SAMM-
LUNG HÄNS E. C. FELIX IN NEW-
YORK am 17. Mai.
Während die großen New-Yorker Auktionen
des Winters, vor allem die Verweigerung der
Sammlung Robert Hoe troß ihres fehr gemachten
Inhaltes mit Gepränge in Szene gefeßt waren,
ging dieHuktion der kleinen, aber ausgewählten
Sammlung Felix am Ende der Saifon völlig un-
beachtet vorüber. Von einigen Bildern abge-
fehen, beftand fie aus kunftgewerblichen Gegen-
ständen, die auf der Auktion Eugen Felix in
Cöln 1886 zurückgekauft und in den Befiß des
Sohnes Hans Felix gelangt waren. Mehrere
Objekte diefer auf etwa 100 Nummern redu-
zierten Sammlung waren fchon unter der Hand
verkauft worden, fo das hervorragende Werk
des fogenannten Meifter Wilhelm, eines der
wenigen eigenhändigen Bilder des großen, kürz-
lich fo unnötig angefeindeten Kölners, das [ich
jeßt bei Herr John G.Johnfon in Philadelphia
befindet. Anderes gelangte auch diefes Mal
nicht zum Verkauf, fo der Kunftfchrank Opels,
die Dürer zugefchriebene weibliche Gliederpuppe,
die den beiden ähnlichen im Kaifer Friedridi-
Mufeum und im Schinkelmufeum in Berlin nicht
nachfteht und ein 1554 datierter Wandteppich.
Die Gliederpuppe wurde für 2000 Dollars, der
Wandteppich für 4500 Dollars zurückgekauft.
Die beiden im Katalog aufgeführten Gemälde
waren unbedeutend: zwei Flügel mit Stifter—
bildniffen, die Holbein hießen, von einem vlä-
mifchen Meifter um 1530, eine Kreuzigung, die
den phantaftifdien Namen Gerard van der
Meire trug, ein charakteriftifches Werk des
Marcellus Coffermans.
Die Auktion hatte einen etwas außergewöhn-
lichen Charakter. Da der Termin fchon einmal
geändert und fchließlich einen Tag vor der Ver-
weigerung feftgefeßt wurde, hatten fich nicht
mehr als etwa ein Dußend Intereffenten einge-
1 Bei der Fülle hervorragender Ereigni|Te auf dem in-
ternationalen Kunftmarkt mußten zahlreiche Berichte, fo
der über die Sammlung Maurice Kann, die Char-
les Butler-Äuktion, fowie dieErgebniffe der deutfehen
Verfteigerungen notgedrungen für das nächfte und über-
nädhfte Heft zurückgeftellt werden. Die Red.
funden, die noch durch den Proteft des Rechts-
anwaltes des Herrn Felix gegen die — gericht-
lich durchaus gerechtfertigte — Verfteigerung
erfchreckt wurden. Nur etwa vier oder fünf
diefer kleinen Schar kamen als Käufer in Be-
tracht. So ging faft der ganze Beftand zu
außergewöhnlich niedrigen Preifen in den Befiß
des Metropolitan-Mufeums, des Privatfammlers
Dr. John Stillwell und der Gebrüder Duveen
über. Die leßtgenannten erwarben nur zwei Ob-
jekte, eine große kleeblattförmige Schale in der Art
des Orazio Fontana von Urbino, ähnlich der-
jenigen der Spißer Auktion, für 5000 Mark und
einen Urbinoteller von Francesco Xanto da Ro-
vigo mit Gubbiolüfter für 3200 Mark. Majo-
liken diefer Art bringen im Handel jeßt be-
kanntlich etwa fünf Mal foviel. Auf der Auktion
von 1886 ftiegen fie bis zu 9050 und 5400 Mark.
— Ähnlich war das Verhältnis der Preife, die
das deutfehe Steinzeug 1886 und auf diefer
Auktion brachten. Daß die niedrigen Preife
nicht etwa mit einer geringeren Schäßung diefer
Ware zufammenhingen, fondern nur durch die
merkwürdigen Umftände der Auktion verur-
facht waren, beweifen die Summen, die leßtes
Jahr in Berlin auf der Lanna-Verfteigerung ge-
zahlt wurden. Vielleicht die beiden hervorra-
gendften Stücke erwarb Dr. Stillwell, der fie
dem Metropolitan-Mufeum leihweife überlaffen
will, die prächtige Siegburger Feldflafche, die
v. Falke als ein um 1573 entftandenes Werk
des Anno Knütgen erkannt hat, das Gegenftück
zu der Feldflafche in der Sammlung Engel-Gros,
und den 1579 datierten Raerener Riefenkrug
des Baldem Mennicken, eines der Meifterftücke
des Künftlers (abgcbildet bei v. Falke, das rhei-
nifche Steinzeug II S. 45). Die Feldflafche brachte
2100 Mark (1886: 17900 Mark), der Krug
2000 Mark (1886: 10160 Mark). In den Befiß
Dr. Stillwells gelangte weiter eine reizvolle
Schnabelkanne des großen Raerener Meifters
Jan Emens von 1578 für 840 Mark (v. Falke I,
S. 22; zweimal datiert 1573 und 1578); eine
blaue Raerener Schnabelkanne vom Beginn des
17. Jahrhunderts und eine noch fpätere Kegel-
pinte aus Raeren oder aus dem Wefterwald, je
für 440 Mark; fchließlich eine kleine Siegburger
Schnelle des Meifters F. T. von etwa 1560 mit
der Darftellung des jüngften Gerichtes, die ähn-
lich, mit veränderten Figuren in Prag vorkommt
(v. Falke I, S. 80). Das Museum erwarb die
beiden hervorragenden blauen Raerener Stein-
krüge, den anderthalbfachen mit dem Datum
1602, den v. Falke als eine Arbeit des Tilman
Wolf beftimmt hat (II, S.59) und den doppelten
mit dem Wappen des Richwins van Effen von
1633 (II, S. 60) die 1886 bis zu 12000 Mark das
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rativ. Zum Schluß fei noch eine Churbayerifdhe
Spißenreiterlaterne genannt, d. i. eine jener
prunkvoll ausgeftatteten Laternen, die der Vor-
reiter der kurfürftlichen Kalefche auf langem
Schaft an dem Steigbügel befeftigt, trug. Der
reich illuftrierte Katalog ift foeben erfdiienen.
Stattgehabte Auktionen1
VERSTEIGERUNG DER SAMM-
LUNG HÄNS E. C. FELIX IN NEW-
YORK am 17. Mai.
Während die großen New-Yorker Auktionen
des Winters, vor allem die Verweigerung der
Sammlung Robert Hoe troß ihres fehr gemachten
Inhaltes mit Gepränge in Szene gefeßt waren,
ging dieHuktion der kleinen, aber ausgewählten
Sammlung Felix am Ende der Saifon völlig un-
beachtet vorüber. Von einigen Bildern abge-
fehen, beftand fie aus kunftgewerblichen Gegen-
ständen, die auf der Auktion Eugen Felix in
Cöln 1886 zurückgekauft und in den Befiß des
Sohnes Hans Felix gelangt waren. Mehrere
Objekte diefer auf etwa 100 Nummern redu-
zierten Sammlung waren fchon unter der Hand
verkauft worden, fo das hervorragende Werk
des fogenannten Meifter Wilhelm, eines der
wenigen eigenhändigen Bilder des großen, kürz-
lich fo unnötig angefeindeten Kölners, das [ich
jeßt bei Herr John G.Johnfon in Philadelphia
befindet. Anderes gelangte auch diefes Mal
nicht zum Verkauf, fo der Kunftfchrank Opels,
die Dürer zugefchriebene weibliche Gliederpuppe,
die den beiden ähnlichen im Kaifer Friedridi-
Mufeum und im Schinkelmufeum in Berlin nicht
nachfteht und ein 1554 datierter Wandteppich.
Die Gliederpuppe wurde für 2000 Dollars, der
Wandteppich für 4500 Dollars zurückgekauft.
Die beiden im Katalog aufgeführten Gemälde
waren unbedeutend: zwei Flügel mit Stifter—
bildniffen, die Holbein hießen, von einem vlä-
mifchen Meifter um 1530, eine Kreuzigung, die
den phantaftifdien Namen Gerard van der
Meire trug, ein charakteriftifches Werk des
Marcellus Coffermans.
Die Auktion hatte einen etwas außergewöhn-
lichen Charakter. Da der Termin fchon einmal
geändert und fchließlich einen Tag vor der Ver-
weigerung feftgefeßt wurde, hatten fich nicht
mehr als etwa ein Dußend Intereffenten einge-
1 Bei der Fülle hervorragender Ereigni|Te auf dem in-
ternationalen Kunftmarkt mußten zahlreiche Berichte, fo
der über die Sammlung Maurice Kann, die Char-
les Butler-Äuktion, fowie dieErgebniffe der deutfehen
Verfteigerungen notgedrungen für das nächfte und über-
nädhfte Heft zurückgeftellt werden. Die Red.
funden, die noch durch den Proteft des Rechts-
anwaltes des Herrn Felix gegen die — gericht-
lich durchaus gerechtfertigte — Verfteigerung
erfchreckt wurden. Nur etwa vier oder fünf
diefer kleinen Schar kamen als Käufer in Be-
tracht. So ging faft der ganze Beftand zu
außergewöhnlich niedrigen Preifen in den Befiß
des Metropolitan-Mufeums, des Privatfammlers
Dr. John Stillwell und der Gebrüder Duveen
über. Die leßtgenannten erwarben nur zwei Ob-
jekte, eine große kleeblattförmige Schale in der Art
des Orazio Fontana von Urbino, ähnlich der-
jenigen der Spißer Auktion, für 5000 Mark und
einen Urbinoteller von Francesco Xanto da Ro-
vigo mit Gubbiolüfter für 3200 Mark. Majo-
liken diefer Art bringen im Handel jeßt be-
kanntlich etwa fünf Mal foviel. Auf der Auktion
von 1886 ftiegen fie bis zu 9050 und 5400 Mark.
— Ähnlich war das Verhältnis der Preife, die
das deutfehe Steinzeug 1886 und auf diefer
Auktion brachten. Daß die niedrigen Preife
nicht etwa mit einer geringeren Schäßung diefer
Ware zufammenhingen, fondern nur durch die
merkwürdigen Umftände der Auktion verur-
facht waren, beweifen die Summen, die leßtes
Jahr in Berlin auf der Lanna-Verfteigerung ge-
zahlt wurden. Vielleicht die beiden hervorra-
gendften Stücke erwarb Dr. Stillwell, der fie
dem Metropolitan-Mufeum leihweife überlaffen
will, die prächtige Siegburger Feldflafche, die
v. Falke als ein um 1573 entftandenes Werk
des Anno Knütgen erkannt hat, das Gegenftück
zu der Feldflafche in der Sammlung Engel-Gros,
und den 1579 datierten Raerener Riefenkrug
des Baldem Mennicken, eines der Meifterftücke
des Künftlers (abgcbildet bei v. Falke, das rhei-
nifche Steinzeug II S. 45). Die Feldflafche brachte
2100 Mark (1886: 17900 Mark), der Krug
2000 Mark (1886: 10160 Mark). In den Befiß
Dr. Stillwells gelangte weiter eine reizvolle
Schnabelkanne des großen Raerener Meifters
Jan Emens von 1578 für 840 Mark (v. Falke I,
S. 22; zweimal datiert 1573 und 1578); eine
blaue Raerener Schnabelkanne vom Beginn des
17. Jahrhunderts und eine noch fpätere Kegel-
pinte aus Raeren oder aus dem Wefterwald, je
für 440 Mark; fchließlich eine kleine Siegburger
Schnelle des Meifters F. T. von etwa 1560 mit
der Darftellung des jüngften Gerichtes, die ähn-
lich, mit veränderten Figuren in Prag vorkommt
(v. Falke I, S. 80). Das Museum erwarb die
beiden hervorragenden blauen Raerener Stein-
krüge, den anderthalbfachen mit dem Datum
1602, den v. Falke als eine Arbeit des Tilman
Wolf beftimmt hat (II, S.59) und den doppelten
mit dem Wappen des Richwins van Effen von
1633 (II, S. 60) die 1886 bis zu 12000 Mark das
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