Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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DOI issue:
17. Heft
DOI article:Rundschau - Sammlungen
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SAMMLUNGEN
Frans Hals nach einer Mitteilung von Ä. Bredius
unter Nr. 320 und 396 befchrieben. Zieht uns
bei dem männlichen Porträt die fympathifche,
humorvolle Phyfiognomie an, fo intereffiert uns
das Damenbildnis durch die äußerft geiftvolle
Technik und die pikante Farbenkompofition.
Der lockere Strich, die fchwärzlichen Schatten-
töne und eine gewiffe Ruhe der Dargeftellten
weifen auf die fpäte, wenn auch nicht die letzte
Zeit des Kiinftlers. K. L.
HÄLLE Unter den deutfchen Mufeen, die
in den leßten Jahren einen mächtigen Schritt
vorwärts gekommen find, und es vortrefflich
verftanden haben, fich den Tendenzen unferer
Zeit und der Konjunktur des Kunftmarktes an-
zupaffen, fteht das Mufeum für Kunft und Kunft-
gewerbe in Halle mit obenan, fluch der eben
erfchienene Jahresbericht von 1910, der fchon in
feiner Anlage und illuftrativen Aufmachung von
bedeutendem wiffenfchaftlichem Werte zeugt,
beweift, wie fehr der Direktor bemüht ift, die
ihm unterteilten Sammlungen fo auszubauen,
daß fie fich älteren und durch bedeutendere
finanzielle Mittel unterftüßten Mufeen an die Seite
ftellen können. Es ift auch erfreulich zu fehen,
wie Dr. Sauerlandt auf allen Gebieten gleich-
mäßig den Ausbau verfucht. So hat die kleine
Gemäldefammlung am Gr. Berlin den Zuwachs
von vier neuen Bildern zu verzeichnen, deren
Künftlernamen für fich fprechen. Neben einem
„Stürmifchen Sommertag“ vonC.Hanfen-Weimar
find es Werke von Slevogt, Arthur Kampf (Selbft-
bildnis) und Max Liebermann. Auch das Kunft-
gewerbemufeum in der Morißburg hat verfucht,
die vorhandenen kunfthiftorifchen Bilder, die
größtenteils Leihgaben des Kaifer Friedrich-
Mufeums in Berlin find, um einige für die Kultur-
erkenntnis wertvolle Objekte zu bereichern, fo
konnte es ein vlämifches Gefellfchaftsftück (fälfch-
lich als Jan Steen bezeichnet) und einen Pietro
Liberi feinem Beftand einverleiben. Unter den
Baufkulpturen bezeichnet das Frührenaiffance-
Portal von der Dominikaner Kirche, über das
der Jahresbericht einen wiffenfchaftlich wert-
vollen Beitrag liefert, das Hauptftück, während
in der Abteilung Kunftgewerbe der Renaiffance
hervorragende Arbeiten in Metall, Holz, Stein
ufw., die zum Teil bildlich wiedergegeben wer-
den, für das Mufeum erworben werden konnten.
Die bedeutendfte Vermehrung erfuhr die Gruppe
des Glafes durch Ankauf hervorragender Stücke
bei Gelegenheit der Verweigerung der Samm-
lung Lanna II. Auch die Neuerwerbungen auf
dem Gebiete der Fayencen, des deutfchen Por-
zellans und des deutfchen Steinzeugs erfcheinen
vielverfprechend. Alles in allem gewährt der
Jahresbericht einen Einblick in die Tätigkeit
einer Mufeumsverwaltung, der es an Initiative
ficher nicht fehlt.
KÖLN Wie wir bereits im leßten Heft diefer
Zeitfdirift gemeldet, wird die berühmte Leibl-
Sammlung des Geheimen Hofrates Seeger vom
Oktober ab im WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM
ausgeftellt. Einer Zeitungsnachricht zufolge, füllte
fchon jeßt der Ankauf diefer Sammlung für das
Kölner Mufeum erfolgt fein. Wie wir auf Grund
direkter Nachfrage feftftellen konnten, ift die
Meldung zurzeit noch verfrüht, obwohl fie in
einem Punkte das Richtige trifft, daß nämlich
die Abficht eines folchen Ankaufes befteht und
die Verhandlungen darüber zurzeit im Gange
find. Eine Entfcheidung aber dürfte vor No-
vember kaum zu erwarten fein.
Jedenfalls fteht foviel feft, daß wenn die
Stadt Köln endlich daran denkt, ihrem großen
Sohne Leibi ein Denkmal von dauerndem Werte
zu feßen (man hat fich ja leider viel zu fpät
feiner erinnert), es kaum in würdigerer Weife
gefchehen könnte als durch den geplanten An-
kauf einer Reihe feiner beften Werke und deren
Einverleibung in das Mufeum der Stadt.
KRÄKÄU Das MUSEUM NARODOWE hat
foeben vom Grafen Henryk Stecki eine wert-
volle kunftgewerbliche Sammlung gefchenkt er-
halten, in der ein Dußend reich verzierter
Silberlöffel aus dem 16. Jahrhundert mit pol-
nifchen Wappen und eine Kollektion von Silber-
fchmuckgegenftänden aus dem 10. und 11. Jahr-
hundert hervorragen. Leßtere find 1859 im
Gouvernement Warfchau mit Münzen der gleichen
Epoche ausgegraben worden. Von Intereffe ift
ferner ein kleines, auf Kreidegrund gemaltes
Bildnis des fpätern polnifchen Königs Stefan
Bathory als Fürft von Siebenbürgen, von Joft
Amman figniert und 1576 datiert. P. E.
LEMBERG Die bereits hier erwähnte Ge-
mäldefammlung des unlängft verftorbenen Grafen
Wlodzimierz Dzieduszycki ift von feiner Witwe,
der Gräfin Alfonfine Dzieduszycka, dem Publi-
kum und überhaupt der Befichtigung zugänglich
gemacht worden. Die vom Urgroßvater der
jeßigen Befißerin, dem 1809 in Wien verftor-
benen Grafen Ignacy Mionczynski, ftammende
Sammlung befand fich ca. 80 Jahre in Krakau
als Depofit der dortigen Akademie der Wiffen-
fchaften und wurde fpäter nach Lemberg über-
führt, wo fie jedoch ebenfalls im Palais Dzie-
duszycki magaziniert blieb. Durch den Neubau
eines zweiten Stockwerkes in diefem leßtern
(Kurkowaftraße Nr. 15), das aus einem großen
670
Frans Hals nach einer Mitteilung von Ä. Bredius
unter Nr. 320 und 396 befchrieben. Zieht uns
bei dem männlichen Porträt die fympathifche,
humorvolle Phyfiognomie an, fo intereffiert uns
das Damenbildnis durch die äußerft geiftvolle
Technik und die pikante Farbenkompofition.
Der lockere Strich, die fchwärzlichen Schatten-
töne und eine gewiffe Ruhe der Dargeftellten
weifen auf die fpäte, wenn auch nicht die letzte
Zeit des Kiinftlers. K. L.
HÄLLE Unter den deutfchen Mufeen, die
in den leßten Jahren einen mächtigen Schritt
vorwärts gekommen find, und es vortrefflich
verftanden haben, fich den Tendenzen unferer
Zeit und der Konjunktur des Kunftmarktes an-
zupaffen, fteht das Mufeum für Kunft und Kunft-
gewerbe in Halle mit obenan, fluch der eben
erfchienene Jahresbericht von 1910, der fchon in
feiner Anlage und illuftrativen Aufmachung von
bedeutendem wiffenfchaftlichem Werte zeugt,
beweift, wie fehr der Direktor bemüht ift, die
ihm unterteilten Sammlungen fo auszubauen,
daß fie fich älteren und durch bedeutendere
finanzielle Mittel unterftüßten Mufeen an die Seite
ftellen können. Es ift auch erfreulich zu fehen,
wie Dr. Sauerlandt auf allen Gebieten gleich-
mäßig den Ausbau verfucht. So hat die kleine
Gemäldefammlung am Gr. Berlin den Zuwachs
von vier neuen Bildern zu verzeichnen, deren
Künftlernamen für fich fprechen. Neben einem
„Stürmifchen Sommertag“ vonC.Hanfen-Weimar
find es Werke von Slevogt, Arthur Kampf (Selbft-
bildnis) und Max Liebermann. Auch das Kunft-
gewerbemufeum in der Morißburg hat verfucht,
die vorhandenen kunfthiftorifchen Bilder, die
größtenteils Leihgaben des Kaifer Friedrich-
Mufeums in Berlin find, um einige für die Kultur-
erkenntnis wertvolle Objekte zu bereichern, fo
konnte es ein vlämifches Gefellfchaftsftück (fälfch-
lich als Jan Steen bezeichnet) und einen Pietro
Liberi feinem Beftand einverleiben. Unter den
Baufkulpturen bezeichnet das Frührenaiffance-
Portal von der Dominikaner Kirche, über das
der Jahresbericht einen wiffenfchaftlich wert-
vollen Beitrag liefert, das Hauptftück, während
in der Abteilung Kunftgewerbe der Renaiffance
hervorragende Arbeiten in Metall, Holz, Stein
ufw., die zum Teil bildlich wiedergegeben wer-
den, für das Mufeum erworben werden konnten.
Die bedeutendfte Vermehrung erfuhr die Gruppe
des Glafes durch Ankauf hervorragender Stücke
bei Gelegenheit der Verweigerung der Samm-
lung Lanna II. Auch die Neuerwerbungen auf
dem Gebiete der Fayencen, des deutfchen Por-
zellans und des deutfchen Steinzeugs erfcheinen
vielverfprechend. Alles in allem gewährt der
Jahresbericht einen Einblick in die Tätigkeit
einer Mufeumsverwaltung, der es an Initiative
ficher nicht fehlt.
KÖLN Wie wir bereits im leßten Heft diefer
Zeitfdirift gemeldet, wird die berühmte Leibl-
Sammlung des Geheimen Hofrates Seeger vom
Oktober ab im WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM
ausgeftellt. Einer Zeitungsnachricht zufolge, füllte
fchon jeßt der Ankauf diefer Sammlung für das
Kölner Mufeum erfolgt fein. Wie wir auf Grund
direkter Nachfrage feftftellen konnten, ift die
Meldung zurzeit noch verfrüht, obwohl fie in
einem Punkte das Richtige trifft, daß nämlich
die Abficht eines folchen Ankaufes befteht und
die Verhandlungen darüber zurzeit im Gange
find. Eine Entfcheidung aber dürfte vor No-
vember kaum zu erwarten fein.
Jedenfalls fteht foviel feft, daß wenn die
Stadt Köln endlich daran denkt, ihrem großen
Sohne Leibi ein Denkmal von dauerndem Werte
zu feßen (man hat fich ja leider viel zu fpät
feiner erinnert), es kaum in würdigerer Weife
gefchehen könnte als durch den geplanten An-
kauf einer Reihe feiner beften Werke und deren
Einverleibung in das Mufeum der Stadt.
KRÄKÄU Das MUSEUM NARODOWE hat
foeben vom Grafen Henryk Stecki eine wert-
volle kunftgewerbliche Sammlung gefchenkt er-
halten, in der ein Dußend reich verzierter
Silberlöffel aus dem 16. Jahrhundert mit pol-
nifchen Wappen und eine Kollektion von Silber-
fchmuckgegenftänden aus dem 10. und 11. Jahr-
hundert hervorragen. Leßtere find 1859 im
Gouvernement Warfchau mit Münzen der gleichen
Epoche ausgegraben worden. Von Intereffe ift
ferner ein kleines, auf Kreidegrund gemaltes
Bildnis des fpätern polnifchen Königs Stefan
Bathory als Fürft von Siebenbürgen, von Joft
Amman figniert und 1576 datiert. P. E.
LEMBERG Die bereits hier erwähnte Ge-
mäldefammlung des unlängft verftorbenen Grafen
Wlodzimierz Dzieduszycki ift von feiner Witwe,
der Gräfin Alfonfine Dzieduszycka, dem Publi-
kum und überhaupt der Befichtigung zugänglich
gemacht worden. Die vom Urgroßvater der
jeßigen Befißerin, dem 1809 in Wien verftor-
benen Grafen Ignacy Mionczynski, ftammende
Sammlung befand fich ca. 80 Jahre in Krakau
als Depofit der dortigen Akademie der Wiffen-
fchaften und wurde fpäter nach Lemberg über-
führt, wo fie jedoch ebenfalls im Palais Dzie-
duszycki magaziniert blieb. Durch den Neubau
eines zweiten Stockwerkes in diefem leßtern
(Kurkowaftraße Nr. 15), das aus einem großen
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