Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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DOI issue:
23. Heft
DOI article:Schmidt, Robert: Neuerwebungen des Berliner Kunstgewerbe-Museums
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NEUERWERBUNGEN DES BERLINER KUNSTGEWERBE-MUSEUMS
Brühl auch für den ganzen Altar einen Stich als Vorbild in die Manufaktur gegeben
hatte. Die Verfertiger der Marmorfiguren in Rom find bekannt: der Matthäus ift von
Camillo Rusconi, der Bartholomäus von Pierre Legros und der Simon von Francesco
Moratti gearbeitet worden, fämtlich zwifchen 1710 und 1715.
Die ftattlichfte der übrigen figürlichen Porzellanarbeiten ift die von Schadow ent-
worfene, von Joh. Carl Friedrich Riefe für die Berliner Manufaktur modellierte Gruppe
auf den Basler Frieden von 1795, deren im Marmorpalais bei Potsdam ftehendes
Exemplar in den Amtlichen Berichten der Kgl. Kunftfammlungen (32. Jahrq., Heft 9,
S. 194) abgebildet ift.
Ein weiteres Werk der Berliner Bildhauerfchule ift die Marmorbüfte der Frau Nadine
von Ancillon (geb. Moliere), die Chr. Daniel Rauch im Jahre 1828 gefchaffen hat
(Abb. 9). Die Vorzüge und Mängel diefes größten Schadowfchülers vereinigen fich in
diefer Büfte, die troß einer gewiffen kühlen Idealifierung doch die liebenswürdige Per-
fönlichkeit der 27jährigen Gattin des preußifchen Minifters lebendig und gewinnend
erkennen läßt.
Von den neuer-
worbenen Textilien
fei ein Baldachinbe-
hang erwähnt, def-
fen prachtvoll breite
Goldftickerei auf ro-
tem Samtgrund die
Initialen Maximili-
ans I. aufweift. Das
Stück ift in den
Niederlanden gefer-
tigt worden.
Endlich mag noch
hingewiefen fein auf
den wichtigen Zu-
wachs, den die
Sammlung der Glas-
gemälde erhalten
hat. Eine Medaillon-
fcheibe mit der Dar-
bringung Chrifti re-
präfentiert die bis-
her im Mufeum nicht
vertreten gewefene
Abb. 10. Gelbgußleuchter, Deutfchland
14. Jahrhundert
romanifche Glasma-
lerei Frankreidis;
mehrere Ornament-
ftreifen aus S. Ku-
nibert in Köln geben
ein Bild des ro-
manifchen Stils im
Rheinland, und zwei
fchlanke aus dem
Erfurter Dom ftam-
mende Scheiben zei-
gen unter frühgoti-
fchen Architekturmo-
tiven die Inveftitur
des Bifchofs Adel-
har durch den heili-
gen Bonifazius.
Über die hervor-
ragenden Erwerbun-
gen auf dem Gebiete
der italienifchen Ma-
jolika foll in einem
fpäteren Heft diefer
Zeitfchrift ausführ-
licher die Rede fein.
916
Brühl auch für den ganzen Altar einen Stich als Vorbild in die Manufaktur gegeben
hatte. Die Verfertiger der Marmorfiguren in Rom find bekannt: der Matthäus ift von
Camillo Rusconi, der Bartholomäus von Pierre Legros und der Simon von Francesco
Moratti gearbeitet worden, fämtlich zwifchen 1710 und 1715.
Die ftattlichfte der übrigen figürlichen Porzellanarbeiten ift die von Schadow ent-
worfene, von Joh. Carl Friedrich Riefe für die Berliner Manufaktur modellierte Gruppe
auf den Basler Frieden von 1795, deren im Marmorpalais bei Potsdam ftehendes
Exemplar in den Amtlichen Berichten der Kgl. Kunftfammlungen (32. Jahrq., Heft 9,
S. 194) abgebildet ift.
Ein weiteres Werk der Berliner Bildhauerfchule ift die Marmorbüfte der Frau Nadine
von Ancillon (geb. Moliere), die Chr. Daniel Rauch im Jahre 1828 gefchaffen hat
(Abb. 9). Die Vorzüge und Mängel diefes größten Schadowfchülers vereinigen fich in
diefer Büfte, die troß einer gewiffen kühlen Idealifierung doch die liebenswürdige Per-
fönlichkeit der 27jährigen Gattin des preußifchen Minifters lebendig und gewinnend
erkennen läßt.
Von den neuer-
worbenen Textilien
fei ein Baldachinbe-
hang erwähnt, def-
fen prachtvoll breite
Goldftickerei auf ro-
tem Samtgrund die
Initialen Maximili-
ans I. aufweift. Das
Stück ift in den
Niederlanden gefer-
tigt worden.
Endlich mag noch
hingewiefen fein auf
den wichtigen Zu-
wachs, den die
Sammlung der Glas-
gemälde erhalten
hat. Eine Medaillon-
fcheibe mit der Dar-
bringung Chrifti re-
präfentiert die bis-
her im Mufeum nicht
vertreten gewefene
Abb. 10. Gelbgußleuchter, Deutfchland
14. Jahrhundert
romanifche Glasma-
lerei Frankreidis;
mehrere Ornament-
ftreifen aus S. Ku-
nibert in Köln geben
ein Bild des ro-
manifchen Stils im
Rheinland, und zwei
fchlanke aus dem
Erfurter Dom ftam-
mende Scheiben zei-
gen unter frühgoti-
fchen Architekturmo-
tiven die Inveftitur
des Bifchofs Adel-
har durch den heili-
gen Bonifazius.
Über die hervor-
ragenden Erwerbun-
gen auf dem Gebiete
der italienifchen Ma-
jolika foll in einem
fpäteren Heft diefer
Zeitfchrift ausführ-
licher die Rede fein.
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