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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI issue:
23. Heft
DOI article:
Schmidt, Robert: Neuerwebungen des Berliner Kunstgewerbe-Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0964

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NEUERWERBUNGEN DES BERLINER KUNSTGEWERBE-MUSEUMS

ftattliche Apoftelfiguren auf hohem
Sockel: Bartholomäus und Mat-
thäus (Äbb. 8). Der erfte unbe-
malt, der zweite mit reich ver-
goldetem Gewand und dem bunten
Wappen der Kaiferin Amalie von
Öfterreich vorn am Sockel. Über
die Gefchichte diefer Figuren find
wir gut unterrichtet (Sponfel, Ka-
binettftücke der Meißener Porzel-
lanmanufaktur, Leipzig 1900, S.l 20).

Vor 1738 bereits war die Apoftel-
folge-—als Gefchenk für die Kai-
ferin (die Mutter der Königin Maria
Jofepha von Sachfen-Polen) — in
Auftrag gegeben worden. Der
Manufakturleiter Herold hatte fie
dem Bildhauer Joh. Fr. Eberlein
in Arbeit gegeben, der aber nach
Kändlers Ausfage nicht damit zu-
ftande kam, fo daß der König
endlich befahl, daß Kändler felbft
die Modelle anfertigen folle. 1740
und 1741 wird noch an der Fi-
gurenferie gearbeitet, die fchließ-
lich aber überhaupt nicht in die
Hände der Kaiferin gelangt zu
fein fcheint, da diefe am 10. April
1742 bereits ftarb. Zwar befinden
fich im Wiener Hofmufeum als Be-
ftandteile einer ganzen Altargarni-
tur die Apoftelfiguren; diefe Garnitur aber ift erft 1750, als Gefchenk für Marie Therefia,
nach Wien gelangt (Brüning, Europäifches Porzellan, Berlin 1904. S. XIV). Keiner diefer
Apoftel — zwifchen denen fich übrigens auch fpätere Erfaßftücke befinden — trägt aber das
Wappen der Kaiferin Amalie, vielmehr begegnet man diefem Wappen nur auf den
Apofteln, die als Gräßich Brühlfcher Befiß auf Schloß Pforten ftehen, und von denen
zwei von Berling (Meißener Porzellan) auf Tafel 22 abgebildet find. Jedenfalls hat
Graf Brühl die fertig gemalten Figuren, die durch den Tod der Kaiferin beftimmungslos
geworden waren, felbft übernommen. Wieviele von den Apofteln diefer Serie in
Pforten erhalten find, ift mir nicht bekannt; ficher ift aber, daß der neugekaufte Matthäus
urfprünglich zu diefer Folge gehört hat. Von jeder der Figuren hat Kändler gleich
mehrere „in der Massa corrigiret und nachgeholfen“; von diefen weiteren Ausfor-
mungen konnte das Mufeum noch den — unbemalten — Bartholomäus erwerben,
während es den Simon bereits befiljt. Die Erfindung der Figuren ift allerdings nicht
Eigentum Kändlers; vielmehr hat er fich eng an die ihm in Stichen bekannten riefigen
Barockftatuen in S. Giovanni in Laterano zu Rom angelehnt. Wahrfcheinlich nicht aus
eigener Wahl, fondern im Auftrag des Königs, der durch Vermittlung des Grafen

Abb. 9. Marmorbüfte der Frau von Äncillon
von Chr. Daniel Rauch, 1828

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