Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI issue:
23. Heft
DOI article:
Rundschau - Sammlungen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0972

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
SAMMLUNGEN

Finanzen darf erwartet werden, daß jetjt reichere
Mittel für die Zwecke der Königl. Sammlungen,
vor allem für die Neuordnung der Gemälde-
galerie gefordert und auch bewilligt werden.
Im Zufammenhange mit der fchon begonnenen
und weiterhin geplanten Neuordnung der Dres-
dener Sammlungen fteht ein von dem Dresdener
Oberbürgermeifter Geh. Rat Dr. Dr.-Ing. Beutler
ausgegangener Plan zur Gründung eines
Mufeumsvereins. Dr. Beutler begründet feine
Abficht mit folgenden Worten: „Wenn auch in
dem Staatshaushaltsentwurf für 1912/13 reich-
lichere Mittel für die Vermehrung der Samm-
lungen eingeftellt worden find, fo erfcheint es
doch, wenn unfere Sammlungen in ihrer Ent-
wicklung nicht dauernd hinter denen anderer
Städte, felbft kleinerer — von Berlin und Mün-
chen ganz zu fchweigen — Zurückbleiben füllen,
notwendig, noch weitere Geldbeträge zu fchaffen,
die eine dauernde Förderung der Sammlungen
ermöglichen, und zwar einmal in dem Sinne,
daß Mittel zur Erwerbung von Kunftwerken
zur Verfügung geftellt werden, um unfere Samm-
lungen in den Stand zu feßen, fich zu vervoll-
ftändigen, fowie ein Bild von der regen mo-
dernen Entwicklung auf allen Gebieten der Kunft
zu geben, fodann aber vor allem, um bei Be-
feitigung des fo fchwer fühlbaren Raummangels
mitzuwirken. Äls ein geeigneter Weg, die er-
forderlichen Geldmittel zu erlangen, erfcheint die
Gründung eines Vereins mit dem Zwecke, zur
Erhaltung der Weltftellung der berühmten Dres-
dener Sammlungen, insbefondere der Gemälde-
galerie, beizutragen und mit der Tendenz, mög-
lichft weite Schichten der Bevölkerung zu Mit-
gliedern zu gewinnen.“ Zum Zwecke der Durch-
führung feines Planes hat Oberbürgermeifter
Beutler für den 1. Dezember eine Sißung ein-
berufen. Es ift aufs herzlichfte zu wünfchen,
daß die Gründung zuftande komme; ihr Be-
dürfnis liegt auf der Hand und wird in allen
den Künften naheftehenden oder förderlich ge-
filmten Kreifen anerkannt. Auch die fächfifche
Staatsregierung begrüßt den Plan aufs freund-
lich fte.

ln Verbindung mit der Dresdener Mufeums-
frage ift noch eine Mitteilung von Intereffe,
die das Königl. Kunftgewerbemu feuin zu
Dresden angeht. In einem Auffaße unter
dem Titel „Die Zukunft der Dresdener Mufeen“
(„Dresdener Jahrbuch“, Jahrgang 1905) hatte Cor-
nelius Gurlitt die Anregung gegeben, das Königl.
Kunftgewerbemufeum mit den zum Königl. Haus-
fideikommiß gehörigen Sammlungen zu ver-
einigen. Das Königl. Minifterium des Innern,
dem die Verwaltung des Kunftgewerbemufeums
unterfteht, hat auf den Gurlittfchen Vorfchlag

hin der Generaldirektion der Königl. Samm-
lungen mitgeteilt, daß es der Anficht fei, daß
„das Kunftgewerbemufeum räumlich mit der
Kunftgewerbefchule verbunden bleiben müffe,
da es in erfter Linie eine Sammlung von Un-
terrichtsmitteln für diefe Schule fein folle. Sein
weiterer Zweck folle darin beftehen, Vorbilder
und Anregungen zu felbftändigem Schaffen für
Kunfthandwerk und Industrie zu bieten und den
Gefchmack und das Verständnis des Publikums
für kunftgewerbliche Erzeugniffe zu bilden, wäh-
rend die Äbficht der Erforfchung von kunft-
und kulturge fchichtlichen Verhältniffen
im Kunft ge werbe bei den Ankäufen nicht
verfolgt werden folle“. Mit diefen für das
Kunftgewerbemufeum aufgeftellten Richtlinien
hat fich die Generaldirektion der Sammlungen
einverftanden erklärt und dazu u. a. bemerkt,
die für die Königl. Sammlungen gedeckten Ziele
feien dahin zu faffen, „daß hier kunftgewerb-
liche Gegenftände, wie Möbel, Waffen, Gerät,
Silberarbeiten, Gläfer, Elfenbeinfchnißereien, Ge-
webe ufw. in der Hauptfache nach ihrer ge-
fchichtlichen Bedeutung und namentlich nach
ihrem Zufammenhange mit der Gefchichte
des fächfifchen Fürftenhaufes zu fammeln
feien“. Das Königl. Kunftgewerbemufeum wird
danach auch in Zukunft eine von den übrigen
Königl.Sammlungen getrennteSammlung bleiben.

Die herrliche Zinn fam ml ung, die der ver-
dorbene Geh. Regierungsrat Dr. Hans Demiani
dem hiefigen Königl. Kunftgewerbemufeum
vermacht hat, ift nun durch den Leiter diefer
Sammlung, Prof. Dr. Berling geordnet und in
überfichtlicher Weife auf geftellt worden. Die
Sammlung umfaßt weit über 900 Stücke. Sie ift
zweifellos die koftbarfte ihrer Art, die über-
haupt exiftiert, von ihrem Urheber mit ebenfo
großem Fleiß wie feinem hiftorifchen und künft-
lerifchen Verftändnis und mit großen Opfern —
für den Wert der Sammlung fpricht fchon die
Tatfache, daß das Kunftgewerbemufeum für diefe
Erbfchaft rund 5000 Mark Erbfchaftsfteuer hat
zahlen müffen — in dreißigjähriger Sammler-
tätigkeit zufammengebracht worden. Befonders
bemerkenswert in der Sammlung find zwei
Gruppen von Edelzinn, eine fächfifche und
eine Nürnberger. Unter Edelzinn — das Wort
ift von Demiani geprägt worden — verfteht
man zinnerne Prunk- und Zierftücke von künft-
lerifchem Wert. Alle hervorragenden Meifter
des Edelzinns, fo der Franzofe Frangois Briot
(geboren um 1550) mit der wundervollen Tem-
perantiafchüffel und einer zu diefer gehörigen
Kanne, ferner Kafpar Enderlein (geboren 1560

923
 
Annotationen