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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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Gustav, Leopold: Aus München
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St., L.: Aus Kassel
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Die Aun st-Halle

Nr. 2

mann begegneten wir einem neuen Frauenxortrait von
Fritz August von Kaulbach. Gewiß etwas kühl in der
Auffassung, aber wie ungemein fein gestimmt das röth-
liche Haar, der leuchtende Nacken und das als Staffage
behandelte Waldinterieur. Mit einem Buche in der Hand
wandelt die schöne Frau, sede Pose vermeidend, im Walde
so für sich hin. Ls findet sich selten ein Kunstsalon, ohne
einen weiblichen Kops mit metaphysischem Blicke von G. Max.
Sie werden immer äußerlicher! So ist die heilige Lä-
cilia gewiß nicht ohne koloristische Wirkung; aber ein
nachdenkliches Backfischchen am Klavier ist noch keine
„Sankta Läcilia". Joseph Brand schildert uns die
scheuen Pferde eines polnischen Bauernfuhrwerkes mit ge-
wohnter Bravour; Grützner's neue Klosterszene bietet
nichts Neues für die Kritik; Ra sch's Strand bei Lhi-
oggia ist eine ehrliche, tüchtige Arbeit, von dem zu früh
verstorbenen Hermann Bai sch enthielt der Salon zwei
treffliche Werke.
Im Kunstgewerbeverein gab es Manches, was
auf das zielbewußte Fortschreiten der jetzt auch auf den
großen Ausstellungen zu ihrem Rechte gekommenen kunst-
handwerklichen Zweige schließen läßt, wir wollen dieses
Mal nur Einiges berühren. Otto Fritzsche bietet in
Kredenztischen sehr Gutes; seine Sachen gehen jedoch
meist noch von der Renaissance aus; in einem modernen
Waschtisch ist I. Michael sehr glücklich; nur verdirbt er
die gute Wirkung durch zwei Schränkchen zu Seiten des
Spiegels, die wie nachträglich angefügt erscheinen, Win-
hard's Kupferbecken sei auch genannt; leider ist der
wasserspeiende Storch ein wenig unnatürlich in der Stellung.
Die von Haide r'schen Topfwaaren sind oft genug ge-
rühmt. Line Stehlampe will ich noch nennen (von Kirch);
die Ampel hängt in einem Vogelschnabel, der auf die
einfachsten Formen reduzirt ist. Die besten Sachen dieses
Jahres finden sich naturgemäß im Glaspalast, doch hier-
über hat der Herr Kollege schon gesprochen.
Leopold Gustav.
Nus Köln.
merkwürdiges Lreigniß, dessen Stätte unlängst
die ehrwürdige St. Kunibertskirche war, näm-
lich die amtliche Veffnung des Schreines des
Heiligen Kunibert, des ersten Erzbischofs von Köln,
(623—663) entrollte, wie wir der „K. volksztg " entnehmen,
eine Reihe bedeutungsvoller Bilder aus der Kirchen- und
Kunstgeschichte des Ortes. Ls handelte sich darum, einige
Reliquien dem Schrein zu entnehmen, zu Gunsten aus-
wärtiger Kirchen. Die Tumba hatte, schon vor der letzten
Eröffnung im Jahre MI, im Laufe der Jahrhunderte
verschiedene Gestalt angenommen; daß der Inhalt derselbe
geblieben, zeigte die feierliche Eröffnung.
Zuerst erschienen die Urkunden von Md, M6 und
M8. Die Gebeine des Heiligen waren mit seidenen
Tüchern umhüllt. Sie wurden von dem als Sachverstän-
digen geladenen (Oberärzte des St. Marien-Hospitals,
Hrn. Dr. Brohl, bestimmt und nach Klassen geordnet und
fanden ihren Platz in weißseidenen Beuteln. Die Ponti-
fikalien fanden sich nicht mehr, dagegen viele Fadenreste,

von röthlichem Stoffe, ein Kissen (Tasche?) und größere
Stücke von weißlichem Damast mit arabischen Dessins aus
dem 12. bis 13. Jahrhundert, Reste von Goldstickerei und
schwärzliche Ledertheile, wohl von Schuhen.
Der Hauptfnnd an Stoffen war aber ein prächtiger
Seidenstoff von S assan id en-w eb er ei aus dem 6. oder 7.
Jahrhundert, der in dieser Erhaltung und Vollständigkeit
seines Gleichen nicht mehr findet. Er ist mit sehr licht-
empfindlichen Platten photographirt worden und wird dem-
nächst in fachmäßiger weise besprochen werden.
Das prachtvolle Gewandstück zeigt ein so großes
Muster, ein Iagdbild, und eine so sichere Technik in Zeich-
nung und Komposition, daß es der heutigen Kunst sehr
schwer werden wird, das zu erreichen, was vor so vielen
Jahrhunderten am sernen Euphrat geleistet worden ist. wie
mag es gekommen sein, daß sogar das schätzereiche
Ktesiphon dem h. Kunibert den Tribut seiner höchsten
Kunst in diesem stolzen Königspurpur darbringen mußte?
Solche Stoffe kamen durch den Levantehandel und über
Byzanz schon frühe nach dem Westen und fanden ihren
Weg in Dome und Königspaläste, wann dieser Purpur
in das Grab des Heiligen gekommen ist, wissen wir nicht,
freuen uns aber des Frommsinns unserer vorfahren, denen
das Kostbarste eben gut genug war zum Schinucke der
Heiligen und des Gotteshauses.
Aus l^sssel.


an schreibt uns:
Unsere rasch anwachsende Stadt ist seit
Kurzem mit einem Bildhauerwerk geschmückt,
das die Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs in einer
monumentalen Gruppe verherrlichen will. Zwei hochherzige
Bürger Kassels hatten testamentarisch eine namhafte
Summe zu diesem Zweck hinterlassen. Das fertige Werk
hat indeß heftigen Widerspruch erfahren und nicht ohne
Grund.
Das Denkmal ist als Brunnen gedacht mit wasser-
speienden Löwenköpfen, überragt von einem Obelisken, an
dessen Basis die Reliefxortraits von Kaiser Wilhelm,
Bismarck und Moltke angebracht sind. Am Fuße kauert
eine recht derbgliedrige Klio und neben ihr bemüht sich
ein splitternackter Knabe das Kaiserbild mit Lorbeer zu
bekränzen — es gelingt ihm aber anscheinend nicht- Der
Obelisk von Hellem Sandstein wirkt durchaus nicht vor-
nehm und die Reliefs des großen Kaisers und seiner
Paladine kommen zu keiner Geltung. Lin schönerer Platz
für das Monument konnte freilich nicht gedacht werden, als
am Ende der ansteigenden Königstraße; da hätte wohl der
Künstler eine wirksamere Gruppe erfinden können, wie sie
mehr im Sinne der Stifter gewesen wäre.
Unter den kleinern ältern Bauanlagen auf Wilhelms-
Höhe, deren figürlicher Schmuck, wie das im Geiste der
betreffenden Kunstepoche lag, aus der antiken Mythe ge-
schöpft war, enthielt die sogenannte Plutogrotte ursprüng-
lich verschiedene plastische Gruppen, die Bewohner des
Tartarus darstellend. Jetzt sind nur noch die Nischen vor-
handen, und da hat unser begabter Bildhauer Brandt,
um die alte Herrlichkeit des Orts wieder herzustellen, eine
 
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