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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 4
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Galland, Georg; Geselschap, Friedrich [Honoree]: Zu Ehren Friedrich Geselschaps
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Nr. H

Die A u n st - L) a l l e

öö

Gedanken eines Kunstfreundes
bei Betrachtung der Mar Klinger'schen Ge-
mälde*) in Schnlte's Ausstellung.
Ms Ernst? tst'e Kcherz? Ms eine Rünstkerkaune?
Daß er, der sängst noch den Okpmp verheeret,
Damit man seines Tiefsinns Lob posaune —
Daß (Meister Akinger akso sich bekehret?
(Wär's mögkich, daß er setzt, anstatt das Leben,
Die Achonheit mit dem (pinsek Katt zu morden —
Dich ihrem Zauber endkich hingegeöen —
Daß aus dem (Phikosoph ein Aünstker morden? —
(Nicht eingeengt durch (Ufer oder Dämme
Dehnt sich die (Meeresfkuth in kichter (Weite
(Und übermüthig auf der (Wogen Kämme
Liegt der Tritonen (Dokk im kust'gen Ktreite.
Ein (süngking ruht im keiehten (Museheknaehen
(Won Hippokampen durch die Muth gezogen,
(Und tauscht im Träumen hakb und hat'6 im (Wachen
Dem <Kikd der (Nereide und der (Wogen.
*
Zn des Eebirg'e zerkküftetem Gesteine
Kehn mir den muntern Ouekk zu Tage dringen,
Es breiten Fekder sich im Konnenscheine,
In kauseh'ger (Wakdesschkucht die (Wöget singen.
Das ist (Natur, mit kkarem Uünstkerauge
(Nicht durch des Denkers <KriKe ausgenommen —
(Noch von des (Pessimismus scharfer Lauge
Getrüöet, oder zum Kxmbok verschwommen!
*
(Wenn wahr sich drin des Uünstkers Kinn bekundet,
(Nicht nur der Laune oder Rkugheit (Watten (?) —
Dann möchte mohk, von krankem (Wahn gesundet,
Mit vokker Kraft sich sein Takent entfakten! —
Kerkin, Oktober 1898.
Lu kbren srieclricd gezelsckapz.

n Berlin veranstaltete die Kgl. Akademie der Künste
etwas spät (29. Oktober) eine Gedächtnißfeier sür
Friedrich Geselschap in der Singakademie. Professor
W. von Dettingen, der erste ständige Sekretär der Aka-
demie, hielt einen Vortrag, der dem verstorbenen Meister
durch lichtvolles Verständniß seiner Bestrebungen und warme
Theilnahme gerecht wurde. Indem sein künstlerischer
Werdegang, die bittern Erfahrungen dieses Idea-
listen, der Charakter seiner monumentalen Werke, die in
harmonischer Verbindung mit Architektur und Plastik
wirken wollen und in denen Geselschap sich von dem
*) Anm. d. Red. Der unbekannte Verfasser oder die Verfasserin
dieser Verse, deren gedankliche und formale Schönheit schon den Abdruck
recktfertigt, hat ihre Begeisterung leider aus einem chronologischen grrthum
g eschöpft. Diese reizvollen hclltönigen dekorativen Bilder Alingers, sür die
Villa in einen» Berliner Vororte ursprünglich geschaffen und später von
Herrn Ed. schulte erworben, sind vielmehr ältere Arbeiten des Meisters, noch
vor der Mitleder achtziger Jahre und zwar in Rom entstanden. „Lhristus
im Vl^mp", worauf die Anfangsverse des Poems anspielen, ist dagegen
bekanntlich erst in jüngster Zeil gemalt worden.

Geiste der großen Meister Italiens, zumal pinturicchios
und Raffaels, angeweht fühlte, geschildert wurden, bot sich
zugleich Gelegenheit, neben der Betonung der wahrhaft
bedeutenden Vorzüge des Künstlers auch derjenigen Eigen-
schaften seines Schassens zu gedenken, die — wie seine
gewohnheitsmäßige Antikisirung selbst volkstümlicher Ge-
stalten — es leider verhinderten, daß unser deutsches
Publikum in eine enge Fühlung zu Geselschaxs grandioser
Formenwelt treten konnte. Die Kritik Prof, von Dettin-
gens, von einer völlig parteilosen Absicht getragen, war
für die aufmerksamen Hörer unbedingt fruchtbarer als eine
jener, bei solchen Gelegenheiten sonst beliebten festlichen
Lobreden. Zudem wurde durch ausgezeichnete musikalische
Darbietungen die seriöse Stimmung der Stunde gehoben.
Inzwischen ist die Gedächtnißrede im Druck erschienen *)
nnd fordert zu näherer Beschäftigung ans. Besonders die
Stelle (S. td), die im Anschluß an die Zurückweisung der
Meinung: Geselschap sei wegen seiner augenfälligen
Hinneigung zu jenen Großen nur ein schwächlicher Nach-
ahmer gewesen, die Frage aufwirft, „Was wäre aus
ihm, nach seiner Anlage geworden, hätte ihn der heiße
Durst nach seinen Schönheitsidealen nicht beseelt?" verdient
Wiedergabe: „Sagen wir es offen: er wäre wohl origineller
geblieben, das heißt originell in dem Sinne, wie es heute
Tausende sind, die eine an sich vielleicht höchst mittelmäßige
und uninteressante Persönlichkeit unkultivirt zur Schau
tragen — aber, ethisch unerzogen und ästhetisch ungebildet,
hätte er zwar auch Technik erwerben und Einfälle be-
kommen können, doch wäre er zu einer so geschlossenen
harmonischen und weithin geltenden Auffassung nicht vor-
gedrungen. Daß eben dies sein Ziel war, kann ihm nur
in den schnell vorübergehenden Perioden eines übertriebenen
Kultus der pikanten Persönlichkeit als ein Mangel ge-
deutet werden. — — Die Eigenart G . s, die er in sich
ausarbeitete, bestand ... in seiner Kongenialität zu den
Meistern des monumentalen Styls. Er schrieb sie nicht
ab, sondern er empfand von Natur und durch seine Ent-
wickelung wie sie — und das ist heute, muß man sagen, wahr-
haftig wieder etwas Neues, Seltenes und persönliches
geworden . . ."
Die Wiedergabe dieser wohlerwogenen Ausführungen
enthebt uns gleichzeitig des Eingehens auf die Akademie-
Ausstellung der Kartons, Delbilder und zahlreichen
Skizzen des Gefeierten, die bis 20. November geöffnet
bleiben wird. Es frägt sich immerhin, ob hier — die
Pietät der Akademie in allen Ehren — die
Leurtheilung Geselschaps durch Vorführung auch
der Blätter, die nichts weiter als Studien nach seinen
Renaissancemustern sein wollten, nicht vielmehr erschwert
wird. Am besten würdigt inan ihn unbedingt angesichts
des überlebensgroßen Maßstabes seiner fertigen Werke
und des sie begleitenden Rahmes großer Baulinien . . .
Db endlich ein Jeder die Meinung des Vortragenden
theilt, daß der lange unverwöhnte, aber sich stets getreue
Künstler gerade zuletzt, da seine monumentale Kunst
endlich den reichlichsten Erfolg und Lohn gefunden, an
seiner „undeutschen" Formensprache schmerzlich gezweifelt
habe? War es wirklich ein Martyrium, an dein Geselschap
elendlich zu Grunde ging, kann uns dann die Kunstphilo-

*) Verlag von G. S. Mittler u. Sohn, Kgl. Hos-
buchhdlg., Berlin
 
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