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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 6
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Zimmern, Helen: Domenico Trentacoste
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Rücklin, R.: Neuer Schmuck, [2]
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86

Die Aun st-Halle

Nr. 6

sich sein scharfer und geistvoller Beobachterblick, sein
feines Gefühl für die Linie und Form.
Er besitzt wenig persönliche Freunde, dieser ernste,
verschlossene Träumer, aber die wenigen sind ihm
treu ergeben. Sein steter Gesellschafter ist Nero der
Pudel, den er nächst seiner Kunst über Alles liebt,
und aus den er die Rücksicht nimmt, nirgends zu ver-
kehren wo er ihn nicht mitbringen darf.
Oeuer Lcbmuck.

von R. Rücklin, Pforzheim.
_ (Schluß.)
(H^^^eben Lalique ist Henri Nocq zu nennen,
ein interessanter Künstler, der seinen Ar-
beiten ein durchaus persönliches Gepräge
ausdrückt. Er sucht in seinen theils emaillirten,
theils mit Edelsteinen besetzten Schmuckstücken
in erster Linie Farbenwirkungen; seine gezogenen,
zerflossenen, geschmeidigen Formen, die Rück-
sichtslosigkeit, mit der er dem Gefälligen, dem
Herkömmlichen und Verständlichen aus dem Wege
geht, wirken befremdend und nicht eben erfreulich;
aber Nocq ist ein rastloser Sucher, dessen Arbeiten
jedenfalls mit Interesse zu verfolgen sind. — Eine
ganz neue Art von Schmuck ist in letzter Zeit von
Frankreich ausgegangen: Die Medaillenbroschen, die
sich rasch einen Platz in der Beachtung der Künstler
wie des Publikums errungen haben. Zuerst fing
man an, einige der prächtigen Medaillen Roty's als
Brosche zu tragen. Jetzt werden solche speziell zur
Verwendung als Schmuck, in Mattgold und Silber
angesertigt; außer Roty haben Zules Theret, Vernier,
Lharpentier, prouv^ und Bottse Arbeiten in dieser,
dem französischen Geist von jeher besonders zusagenden
Technik geliefert. Diese Medaillen sind entweder
kreisrund und lausen dann an den Rändern theils
glatt aus, theils markiren diskret angebrachte goldene
Stistchen die Montirung als Brosche; oder aber die
Form der Medaille wird verlassen und die Rundung
durchbrochen durch überschneidende Gewandtheile,
Haarparthien und dergl. Mas an der sonst wunder-
baren und exakten Ausführung einiger solcher Ver-
nier'scher Medaillenbroschen stark aussällt, ist, daß
im Haar und um den Hals des daraus dargestellten
Frauenköpschens Brillanten eingesetzt sind. Das macht
einen jämmerlichen Eindruck und verdient scharfen
Tadel. Die Arbeiten dieser Männer sind an sich
werthvoll genug und können durch solche Geschmack-
losigkeiten nur verlieren. Endlich sei unter den Franzosen
noch Z. Dampt erwähnt, dessen Arbeiten, Armbänder,
Ringe und Broschen, von großem und gesundem Reiz
sind. Ein Trauring z. B. besteht aus zwei Händen,
einer weiblichen und einer männlichen, die eine in

Gold, die andere in Stahl; ein anderer Ring läuft in
zwei sich küssende Kinderköpschen aus.
Von den Nachbarn der Franzosen, den Belgiern,
hat Z. Morren im Salon s898 Schmuckstücke aus-
gestellt, die sehr beachtenswerth waren; es sind Gürtel-
schnallen und Broschen, an denen ein seines, aus-
gearbeitetes, reiches Linienspiel, verbunden mit ener-
gischer und geschmeidiger Modellirung, die aber keines-
wegs schwer wirkt, zu rühmen ist. Dabei ergänzen
sich durch das Verschlingen der Linien und ihr Ueber-
und Untereinandersühren Flächenwirkung und Plastik
in einer ganz eigenen Weise. Sein Material ist
Silber und Gold, Steine verwendet er nicht. Auch
von dem bekannten Belgier van de Velde haben wir
schon einige Schmuckstücke; eine Gürtelschnalle aus
flach gehaltenen, kraftvoll wirkenden Linienzügen und
-Verschlingungen bestehend zeigt in ihrer gesunden,
wuchtigen Einfachheit ganz die Eigenheit des Meisters;
warum aber die Gehänge ebenfalls nur aus solchen
flachen, fast gleichmäßig breiten Linien aus Metall-
blech bestehen, ist mir nicht recht verständlich.
Unter dem vielen Schönen, was die letzte Lon-
doner ^rt8 anck Lratts Ausstellung brachte, erregten
einige Glaskästen mit Schmucksachen besonderes Aus-
sehen. Aussteller war ein Institut, das den Namen:
Ouilck anä Lcbool ok lllanäicratt führt. Der Leiter
dieser Anstalt und der entwerfende Künstler für die
erwähnten Schmucksachen ist der Architekt Ashbee.
Man darf dabei freilich nicht etwa an eine Kunst-
gewerbeschule in gewöhnlichem Sinne denken; es hat
ja vielleicht einmal eine solche werden sollen; that-
sächlich ist davon nichts übrig geblieben als ein rein
geschäftliches Unternehmen, bestimmt zur Erzeugung
kunstgewerblicher Gegenstände zum direkten Verkauf
ohne Zwischenhändler. Zn keinem Gebiet aber haben
Ashbee's Arbeiten wirksamer eingegriffen als in dem
des Schmucks. Seine Schmuckarbeiten bestehen aus
Broschen, Schnallen, Gehängen, Nadeln und Ketten;
die Motive sind Natursormen entnommen: Blüthen-
rosetten, Käser, Schmetterlinge spielen eine große
Rolle, Drähte in kühnen Biegungen, Kettchenwerk
und Gehänge dienen zur Belebung. Der Maßstab
ist überall ziemlich groß, die Wirkung ost derb, perlen
und Edelsteine bilden stets den Mittelpunkt für die
Komposition. So sitzen z. B. aus den aus Drähten
gebildeten Staubfäden eines Blumenkelches 5 ge-
schliffene Steine; anderswo bildet ein Opal den
Körper eines streng stilisirten Käsers. Das Material
ist meist Silber mit roter und blauer Lmaillirung, —
ein Farbenakkord, der etwas stumpf und nicht eben
sehr festlich wirkt. Alles in Allem verdient der
Schmuck Ashbee's als urwüchsige und originelle Leistung
hohe Anerkennung. — Lin weiterer Schmuckkünstler
Englands ist A. Fisher. Seine Arbeiten haben etwas
Zierlicheres, Reicheres als die weit einfacheren Ashbee's
und nähern sich damit mehr französischer Art. wo
Ashbee Blech treibt und Drähte biegt, bringt Fischer
 
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