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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 15
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Kunstchronik
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23^

DieAunst-^alle

Nr. sö

p. Beyer-Pegau, Kampf um schloß Dölitz (Szene a. d.
Völkerschlacht) u. a. :n.
Dresden. Die „Deutsche Kunstausstellung"
wurde am 2t- April in der Mittagsstunde in Gegenwart
König Alberts feierlichste eröffnet. Es wird die Aufgabe
des Kritikers sein, festzustellen, was hier geleistet wurde
und ob die überaus hohe Meinung, die der Vorsitzende der
Ausstellungs-Kommission Prof. G. Kühl über den gegen-
wärtigen tverth des heimischen Kunstschaffens in einer
Festrede zum Besten gab, wirklich der Wahrheit entspricht
oder, zum Theil wenigstens, der gehobenen Feststimmung
des Tages und jenem Lokalpatriotismus, der zwischen
Plauen und Blasewitz neuerdings manchmal wundersame
Blasen treibt, auf Rechnung gestellt werden muß. Nerr
Prof. Kühl gab zunächst, an das übliche Goethewort an-
knüpfend, eine sehr zu billigende Erklärung der Begriffe
„Alt" und „Neu" für das künstlerische Schaffen der Lebenden.
„Ich glaube, meine perren, in Ihrer aller Namen sprechen
zu können, wenn ich sage, daß wir schaffender! Künstler
von einem solchen Gegensätze, einem solchen Kampfe der
Richtungen nichts wissens?), wir gestalten, wie es uns der
innere Drang gebietet; wir leben uns bildend aus, wie es
uns organische Nothwendigkeit ist und wir fragen nicht
danach, wie die kritische Betrachtung unser Werk klassistziren
wird. Die meisten von uns werden sicher lächeln, wenn
man sie für eine bestimmte ästhetische Theorie in Anspruch
nehmen will. Eie denken bei der Arbeit nicht daran, dieser
oder jener Theorie zu genügen, sondern ihr künstlerisches
Gewissen, diesen unerbittlichen Richter zu befriedigen. „Alt!"
„Neu!" ich habe mich oft gefragt, was diese Bezeichnungen
in der Kunst eigentlich bedeuten, und ich habe nach reif-
lichen: Nachdenken nur diese Antwort gefunden: „Alt" ist
alle äußerliche, öde Nachahmung, und wäre sie auch technisch
einwandfrei und nähme sie sich selbst das Allerneueste, das
Allermodernste zum Vorbild. „Neu" ist jede selbstständige
Schöpfung, in der künstlerische Persönlichkeit sich aufrichtig
offenbart. Kunst ist die Spiegelung der Wirklichkeit in
einer begnadeten Seele. Der Spiegel ist für das zurück-
geworfene Bild ebenso wesentlich wie das gespiegelte Vbjekt.
Jede Persönlichkeit ist eine Welt für sich. So oft eine neue
Persönlichkeit geboren wird, entsteht auch eine neue Welt,
und jedesmal, wenn die Persönlichkeit sich künstlerisch
schaffend veräußerlicht, giebt sie Neues, sie mag ihren Gegen-
stand und ihre Ausdrucksformen wählen, wie sie will. Eine
verständnißvolle Betrachtung wird deshalb ein Kunstwerk
immer neu finden, wenn es persönliche Accente, wenn es
Eigenart enthält." . . . Und nun fuhr der Vortragende
offenbar in Erinnerung an jenes andere Goethewort von
den Lumpen, die allein bescheiden sind — wie folgt fort:
„Neu" in diesen: Sinne ist unsere Ausstellung fast durchweg.
Sie werden alle stolz und glücklich feststellen, welche Fülle
von eigenartiger Begabung, welcher Reichthum von aus-
geprägten künstlerischen Individualitäten in den Sälen
unserer Ausstellung vereinigt sind. Es ist eine Freude, in
unserer Zeit zu leben. Die deutsche Kunst prangt heute in
herrlicher Blüthe. Andere Völker waren uns vor; wir
haben sie eingeholt! wir fühlen uns heute jedem gleich,
und gerade weil wir das Bewußtsein unseres Eigenwerthes
haben, können wir jetzt auch das Vorzügliche, das die
Fremde schafft, neidlos und ohne Gedrücktheit bewundern,
sicher, daß die Fremde auch uns würdigen muß. Die Schwert-
faust des deutschen Volkes hat Großes gewirkt, doch die
schaffende, denkende, dichtende Seele und die friedlich ge-
staltende pand unseres Volkes sind nicht minder tüchtig.
Deutsches Gewerbe, deutscher Pandel sind daran, sich die
Welt zu erobern und die deutsche Kunst bemüht sich, hinter
den vielen Schwestern nicht zurück zu bleiben. Sie zeigt
sich auch auf dieser Ausstellung in prachtvoller Entfaltung,
würdig des Lorbeers, den die Welt ihr nicht vorenthalten
wird!"
* Guben. Für die Aula des Gymnasiums hat
perr Kommerzienrath wilcke eiue umfangreiche Malerei
gestiftet und die Ausführung dem Berliner Maler D emu th
übertragen, der die gestellte Aufgabe, einen vaterländischen
Stoff in allegorischer Auffassung zu behandeln, zeichnerisch
und koloristisch mit Geschicklichkeit gelöst hat. Es ist ein
puldigungszug dargestellt, der dem alten Kaiser Wilhelm I.
und seinen Paladinen gilt, wobei die deutschen Linzelstaaten

als formenschöne, Attribute des Reiches tragende Jung-
frauen gedacht sind.
* Kaiserswerth. Zur Wiederherstellung der Kaiser-
pfalz in unserm durch die Iugendgeschichte peinrichs iV.
bekannt gewordenen Städtchen finden Bemühungen statt.
Der verstorbene Baurath Lieber hat einen Plan hinter-
lassen, dessen Ausführung allerdings goooooMk. beanspruchen
würde.
* Frankfurt a. M. Der Neubau des Schauspiel-
hauses nach den Plänen des perrn Architekten peinrich
Seeling in Berlin ist mit einen: Kostenaufwande von
t900000 Mk. in der Sitzung der Frankfurter Stadtver-
ordneten vom t t-April beschlossen worden. Die Pläne und
der künstlerische Ruf Seelings bürgen dafür, daß die alte
Reichsstadt am Main in ihrem neuen Schauspielhause um
ein ebenso vornehmes wie monumentales bauliches Kunst-
werk bereichert wird. Die Pläne des Nauses waren bis
23. im Saalhof in Frankfurt zur öffentlichen Besichtigung
ausgestellt.
* Aachen. Das städtische Suermondt-Museum ver-
anstaltet im Mai und Juni dieses Jahres eine Sonder-
ausstellung von modernen Bronzen, die kleine Plastik
(Statuetten, Büsten, Reliefs), ferner Plaquetten und kunst-
gewerbliche Gegenstände aller Art umfassen soll. Nach den
bisherigen Anmeldnngen wird die französische, belgische,
Berliner, Münchener und wiener Bronzeplastik gut ver-
treten sein, so daß ein interessantes Bild der modernen
Leistungen auf diesem Gebiete zu Stande kommen dürfte.
Die Dauer der Ausstellung ist auf sechs Wochen berechnet.
* Königsberg i. P. Eine „Königin Luise-Gedächtniß-
kirche" soll vor dem Steindammthor mit einen: Kostenauf-
wande von rund 250000 Mk. erbaut werden. Der Bau
wird fchon in allernächster Zeit begonnen und derart ge-
fördert werden, daß die Einweihung gelegentlich des Ge-
denk-Jubelfestes der Krönung Friedrichs l. (g8. Januar
t7o;) an: ;8. Januar ^90; in: Beisein des Kaiserxaares
stattsinden kann.
* Wien. Im Salon pisko wurde am April eine
sehr sehenswerthe p la vaczek-Ausstellung eröffnet. — Bei
Miethke findet eine Sammlung Gemälde von Robert Ruß
Beachtung.
Nizza. Die von der D. peinemannschen Kunst-
handlung in München veranstaltete Gemälde-Ausstellung
umfaßt 209 Nummern, darunter Werke von Adjukiewicz,
N. v. Bartels, E. von Blaas, I. v. Brandt, Eazin, p.
Bürgel, w. Firle, p. Kaulbach, Marx, G. Mar, R. Schleich,
Tisley, wenglein u. A. Der reichillustrirte Katalog ist
geschmackvoll ausgestattet.
* Kopenhagen. Die national-dänische Kunstaus-
stellung im Schlosse Lharlottenburg wurde dieses Mal
unter besonders feierlicher Theilnahme des Königlichen pofes
eröffnet. Die König!. Akademie als Veranstalterin der
Ausstellung hat in diesem Jahre gegenüber den „Gffen-
barungen"' der extremen Richtungen viel Toleranz geübt
und sie hat wohl daran gethan, jeden: selbst auf der Bahn
der Verkehrtheit strebsamen Künstler das Recht zu lajjen,
sich vor Publikum und Kritik zu blamiren. Der Katalog
umfaßt 552 Nummern, darunter ca. 50 Skulpturen und
zwar sämmtlich Kunstwerke nur aus letzteu^Iahre. Große
Anziehungskraft übt das Gemälde von E. Luxen aus, die
„Krönung Kaiser Nikolaus lü in der Usxenski-Kathedrale
zu Moskau am 28. Mai x896". Dieses Bild ist auf Be-
stellung der Kaiserin von Rußland ausgeführt worden. Der
Künstler hat den Augenblick gewählt, wo die Versammlung
niederkniet, während der Metropolit das Gebet für den
Zaren liest. Nicht bloß der großartige Raum der Kirche,
die glänzenden Uniformen, die juwelenbesetzten Roben der
Damen, sondern auch die unzähligen Porträts sind nut
wunderbarer Treue wiedergegeben. Die junge Kaiserin
tritt trotz der sie umgebenden Pracht fein und reizvoll her-
vor und die Kaiserin-Wittwe wird von den Sonnenstrahlen,
die durch die Kirchenfenster fallen, verklärt. Die hervor-
- ragendsten dänischen Maler p. S. Kroyer und Michael
Ancher, sind durch Porträts, Iagdbilder und Fischertypen
vertreten. Kroyers „Skagensjäger" und Anchers „Zwei
Freunde", letztere zwei originelle alte Fischerköxfe, sind wohl
die hervorragendsten Gemälde der Ausstellung. Z>um
Schluffe wollen wir noch Karl Locher mit fünf Seegemälden,
 
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