Die Kunst-Halle — 7.1901/1902
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0082
DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:Pudor, Heinrich: Die bildende Kunst in Finland, Schluss [5]
DOI Artikel:Die Aquarellmalerei und ihre Anwendung
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0082
In dieſen Bildern verlegt er, gleich Uhde, die religiöſe
Hiſtorie in die Gegenwart. Edelfelt beherrſcht nicht
nur die moderne Technik, ſondern er bleibt immer
Finländer und weiß den volksthümlichen Ton ausge-
zeichnet zu treffen. Seine bedeutendſten Gemälde, die
ihn am längſten überdauern werden, ſind ohne Sweifel
die, welche ihm Gelegenheit geben, der Volksſeele
Ausdruck zu geben. Dahin gehören vor Allem ſeine
meiſterhaften Illuſtrationen zu Bunebergs „Fänrik
Stähls Sänger“, in denen ebenſoſehr die volkskraft,
wie das Myftiiche, Dämoniſche und Schwermüthig-
zu beredtem Ausdruck kommen. Dieſe Werke haben
das künſtleriſche Stammgut Finlands weſentlich be-
reichert.
An zweiter Stelle verdient Axel Gallén
(geb. 1865) genannt zu werden, der den Kuppelraum
des finiſchen Pavillons auf der letzten Pariſer Welt-
ausſtellung mit Bildern aus dem Nationalepos „Ka-
levala“ geſchmückt hat, von denen vor Allem das-
jenige „Das Chriſtenthum jagt die heidniſchen Götter
in die Flucht“ erwähnt ſei. Axel Galleén erhielt bei
dieſer Ausſtellung die goldene Medaille. Man hat
von ihm auch auf den Berliner Kunſtausſtellungen
Gemälde geſehen und die überraſchende Freiheit von
allem Traditionellen in der Behandlung der Farbe
und die Einfachheit der Motive bewundert. Sein
bisher bedeutendſtes Werk iſt die dreitheilige Tafel
Aino Wythos in der Gallerie zu Helſingfors, ein Werk,
das zwar an Stimmungsintenſität nicht ſonderlich
reich, aber vortrefflich „gemalt“ iſt und einen in
gutem Sinne modernen Eindruck macht. Von ſonſtigen
Werken Galléns ſeien genannt: Winterbild vom
Imatra, Birtenknabe von Paanajärvi, Badeſtube,
Campo · Schmiede, Mittagsruhe (1891), Die Alte und
die Katze (1885), und ſeine Illuſtrationen zu Ka-
levala. In einer wichtigen Beziehung iſt Gallen nicht
finiſch. Es fehlt ihm das Dämoniſch Mpſtiſche, oder
um es mit einem chemiſchen Ausdruck zu bezeichnen,
es fehlt ihm an Phosphor — der Erdgeruch iſt bei
ihm nicht entfernt ſo ſtark zu verſpüren, wie bei Edel-
felt oder Järnefelt. Freilich iſt eben dies, was uns
die blutjungen Künſtler wie Sibelius, Johani Aho,
Edelfelt und Järnefelt lieben lehrt.
par excellence. Auch er erhielt auf der letzten Pa-
riſer Weltausſtellung die goldere Medaille. Und in
der That verſteht er die Majeſtät der Einſamkeit,
das Blutende dieſer einſamen, klagenden Natur, ſowie
ertönen, und dann wieder das Wilde und Urwald-
artige, ausgezeichnet wiederzugeben. Sreilich muß
man nicht nur ſeine für Muſeen gemalten Werke,
wie Landſchaft vom Norden von Savolak, Kühe im
Moore (1891), Winterlandſchaft (1895) geſehen haben
beſitz vorfindet. Die Stimmungsintenſität, die in
dieſen Studien liegt, iſt außerordentlich. Nichts von
der zahmen, blutausgeſogenen, altersſchwachen, haupt-
ſtädtiſchen europäiſchen Kultur: auf erdigen Gehalt
des Blutes, auf Phosphorreichthum des Blutes, auf
eine prometheiſche Feuerſeele ſcheinen dieſe Farben-
gluthen ihr rückſtrahlendes Licht zu werfen. Man-
ſiellt, Järnefelt iſt Fine vom Scheitel bis zur Sohle,
oder um es weniger phraſenhaft auszudrücken, dem —
Blute und dem Marke nach. Aus ſeinen Werken
ſtrömt uns Erdgeruch entgegen. Uebrigens verſteht
er auch die Gouache-Technik vortrefflich und hat
ſich ſelbſt als Plaſtiker einen Namen gemacht.
W. Toppelius iſt Finlands Marinemaler. Als
aber der Zuſammenhang mit der heimiſchen Eigen-
natur iſt bei ihm weniger hervorſtehend, ſowohl in
der Behandlung des Motivs, wie in Farbe und
Zeichnung. Manche ſeiner Marinen könnten ebenſo
gut von Bartels oder einem anderen Marinemaler
herrühren, als von ihm.
Von weiteren Talenten der jung finiſchen Maler-
ſchule ſeien genannt: Pekka Halonen, Hjalmar Mın
ſterhjelm und Alarik Munſterhjelm, Th. Waenerberg,
Frau Helmi Bieſe, Albert Gebhard, Viktor Weſter-
R. Sagerſtam außer vielen Anderen.
*
Die Aquarellmalerei und ihre
Anwendung.
it der Bezeichnung Aquarell iſt ausgedrückt,
daß das waſſer ein Hauptmittel bei der Her-
———— des Bildes iſt. Damit ſoll aber nicht
geſagt ſein, daß, wie bei der Oelmalexei das Mel oder bei“
der Leimmalerei der Leim, hier das Waſſer als Bindemittel
für die Farben dient; ſondern das Waſſer iſt vielmehr das
Cöſungs⸗ reſp. Verdünnungsmittel für die mit Gummi
(nebſt anderen Beigaben) verſetzten Farbenpigmente. Da
aber das Waſſer dazu dient, die Farbentöne auf dem
Papiere ſelbſt zu verwaſchen, dunkle Töne durch. Auflöſen
derſelben heller zu machen und Lichter durch völliges- -
ſo unterſcheidet ſich die Aquarellmalerei weſentlich von
allen anderen Techniken. Während die Gouachefarben (wie
die Leimfarben und in gewiſſem Grade auch die Fresko-
farben) ebenſo mit Waſſer verdünnbar, ein vollſtändiges
Decken des Untergrundes ermöglichen, wird bei der reinen. .
Aquarellmalerei, ſoweit es irgend geht, mit der gelligkeit
des Papiers gerechnet und die Deckfarbe nur verwendet,
Charakter des Aquarells zu verändern. Durch dieſe Eigen-
thümlichkeit erſcheint die Aquarelltechnik im hohen Grade
für duftige, lichte Farbenſtimmungen geeignet/ dann *
*) Yus: Ernſt Berger, Cechnik der Aiquarellniolerei. 8* von,
E. Haberland. Leipzis. (Pr. Mk. — * *