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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 13
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0233

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Yr M6


ſpenſtiſchen Porträts, unmöglichen Landſchaftsbildern u.
dergl. hier breitſpurig entfaltet hat.

Einen beſſeren Hintergrund konnte ſich die umfaſſende
kollektion von Friedrich Kallmorgen gar nicht
wünſchen. Ah! Wie dieſer Trunk aus dem Bronnen ge-
ſunder Naturanſchauung wohlthut. Dabei vermißt man
allerdings nicht wenige der beſten Arbeiten Kallmorgens,
welchen er ſeinen künſtleriſchen Ruf verdankt, in der Aus-
ſtellung. Es ſind vorwiegend Studien neben einer Anzahl
fertiger Gemälde zu ſehen, Motive aus ſeiner norddeut-
ſchen Heimath, vom Elbſtrande, aus Holland, aus badiſchen
Gegenden. Auch ein „Markt in Chioggia“ gehört in den
Kreis dieſer landſchaftlichen Schilderungen. Kallmorgen
begnügt ſich niemals mit der nüchternen Abſchrift des
Naturbildes, er belebt und beſeelt Alles, regt die Phan-
taſie an, indem er durch das „Was“ und „Wie“ ſeiner
Darſtellung den Beſchauer reizt, über die äußere Erſchei-
nung nachzudenken, bis zur Erkenntniß des Waltens der
inneren Kräfte. Sein maleriſcher Vortrag, der anfänglich
im Sinne des ſchlichten Realismus geweſen, hat neuer-
dings oft wechſelnden Ausdruck gewonnen, ſodaß bei ſeinen
Bildern: Strand- und Hafenanſichten im Vebel und in
der Dämmerung des Abends, Schiffszimmerplatz, Flachs-
ſcheuer in Holland, Bahnübergang im Schnee, Markt in
Karlsruhe, Kircheninterienr u. ſ. w. das Gegenſtändliche
meiſt hinter den Beiz des farbigen Lebens und der
Stimmung zurücktritt. Der Eindruck dieſer Kollektion macht
den Beſuch des Künſtlerhauſes zur Zeit immerhin lohnend.

* *

Im Aunſtgewerbemuſeum hat Prof. Hermann
Schaper-Hannover uns Gelegenheit gegeben, an einem
Modell des Aachener Münſter-Innern zu ſehen, wie
er ſich die maleriſche Wiederherſtellung der berühmten, um
800 v. Chr. erbauten karolingiſchen Kaiſerkapelle vorſtellt.
Die über alle Wandflächen, Gewölbe und den Fußboden
ſich erſtreckende muſiviſche Erneuerung mit reichem orna-
mentalen und figuralen Schmuck gewährt dem ehrwürdigen
Geſammtraume ein ſo herrliches und koſtbares Ausſehen,
daß wir nicht umhin können, dieſes Unternehmen zu dem
Künftler und Prof. Schaper zu ſeiner hohen künſtleriſchen
Aufgabe zu beglückwünſchen. Die Beſtauration Schapers
ſchließt ſich einer früheren, aber vorzeitig unterbrochenen
an, der wir bereits die Erhöhung der Kuppel und die
Moſaiken derſelben verdanken. Während wir hier, hoch
oben in der Wölbung, den thronenden Heiland nebſt den
Evangeliſtenſymbolen ſehen, angebetet von den 24 Aelteſten
der Apokalypſe, in der Behandlung ganz dem einförmigen
Schema des byzantiniſchen Stils entſprechend — hat jetzt
der hannoverſche Meiſter den Mauerzylinder darunter mit
den monumentalen Geſtalten der Apoſtel geſchmückt, und
zwar in einer freieren Ausdrucksweiſe des altchriſtlichen
Stils bezüglich Baltung und Gewandung, in einer ver-
tieften und edlen Charakteriſtik der Köpfe. Die Ausfüh-
rung in Moſaik hat die Berlin-Rixdorfer Firma Puhl u.
Wagner übernommen, die ſchon ähnliche Aufgaben in
der würdigſten Weiſe gelöſt hat. Sie hat jetzt im Licht-
hof des Muſeums einzelne Proben der nach Schapers
Hartons gefertigten Aachener Moſaiken ausgeſtellt, welche
auch zur Uenntnißnahme des muſiviſchen Verfahrens höchſt
intereſſant ſind. Wir hoffen, daß wir über dieſe beachtens-
werthe Leiſtung Prof. Hermann Schapers noch nicht das
letzte Wort geſagt hapen.

*
*

Ueber den Salon Ed. Schulte behalte ich mir für
das nächſte Mal Näheres vor.

2
Runſtchronib.

* Berlin. Prof. Albert Hertels eben vollendetes
Gemälde „Das Thor von Tangermünde“ wurde im neuen
Ateliers des Künſtlers vom Kaiſer beſichtigt.

»Berlin. In der Sitzung des Abgeordneten-
hauſes am 12. März gab die Beſprechung beim Etat
der Muſeen Anlaß, der Leitung der Königl. Muſeen
hohes Lob zu ſpenden. Abg. Lotichius befürwortete den
Ankauf älterer Bilder der engliſchen und franzöſiſchen
Schule für die Gemäldegallerie. Nächſt dem Pergamon-
Muſeum wurde die Aufmerkſamkeit der Abgeordneten auf
die Ausgrabungen in Milet gerichtet. Es wurden ver-
ſchiedene Wünſche ausgeſprochen: u. A. für die heutigen
Aufgaben der Plaſtik auch Bildhauer aus den Provinzen
mehr als bisher heranzuziehen, ferner die Beſuchsſtunden
der Muſeen zu vermehren.

*Deſſau. In der Landtagsſitzung wurde die Vor-
lage der Herzoglichen Staatsregierung wegen Ankaufs und
Ausbaues des Leopoldſtiftes zu einer Kunſthalle für
Anhalt angenommen.

* Bamburg. Eine reichhaltige Sammlung
von Stichen und Badirungen alter Meiſter iſt aus dem
Nachlaß der Frau Dr. Calliſen-Altona in den Beſitz
der Kunſthalle gelangt. Eine Auswahl der Blätter iſt
hier ſeit Kurzem zur Schan geſtellt Der Haupttheil der
Sammlung geht auf den Dater der Dame, Juſtizrath
Lawaetz, zurück. Sie ſelbſt bevorzugte die alten Meiſter
des 16. und 12. Jahrhunderts, vor Allem Dürer und
Rembrandt.

* geipzig. Mar Klingers Statue „Beethovens“
für Wien iſt jetzt vollendet und wurde weihevollſt im
Atelier des Künſtlers „vorbeſichtigt“. Der Kritiker des
„L. Tagebl.“ ſchreibt: Dieſe Schöpfung überrage in Er-
ſcheinung und Gedankentiefe wohl alle bisherigen plaſti-
ſchen Werke Klinger's bedeutend. Weit über Lebensgröße
iſt der Heros klaſſiſcher Muſik dargeſtellt; als Material iſt
verſchiedenfarbiger Marmor, Bronze und Halbedelſtein be-
nutzt. „Beethoven, eine halbnackte Geſtalt, über deren
Unterkörper ein faltenreicher Ueberwurf wallt, ſitzt mit vor-
gebeugtem Körper, das rechte Bein über das linke geſchlagen,
auf einem mit Reliefs bedeckten Prunkſtuhl; herb ſind ſeine
Züge, aber in ihrer Ruhe und in ihrer Durchgeiſtigung
liegt die vollendete Offenbarung des gewaltigen muſika-
liſchen Genius, dem aus unendlichen Fernen die erhabenſten
Ideen zuzuſtrömen ſcheinen. Zu Füßen Beethovens's breitet
auf einem Felsblock ſitzender Adler aus ſchwarzem Marmor
ſeine Schwingen aus. Der Seſſel aus Bronze enthält außen
eine Fülle ſymboliſcher Geſtalten im Belief und an ſeiner
oberen inneren Kante ein von Marmorköpfen unterbrochenes
Band aus moſaikartig zuſammengeſetzten Halbedelſteinen,
deren leuchtende Farben mit den Bronzetönen ünd den Mar-
moreffekten zuſammenſtimmen.“

*Darmſtadt. Der Vorſtand des Verkehrs-
vereins ſchreibt uns: „Indem wir auf die in Xhrem
geſchätzten Blatte über die „Darmſtädter Künſtler-
kolonie“ erſchienenen neuerlichen Auslaſſungen Bezug
nehmen, geſtatten wir uns, Ihnen mitzutheilen, daß dieſes
Unternehmen einer gedeihlichen Zukunft entgegengehen
dürfte. Dank den hochherzigen Entſchließungen unſeres
Landesfürſten und dem Entgegenkommen von Kegierung
und Landtag, welch' letzterer in den jüngſten Tagen 8000
Mark für Meiſterkurſe zu dieſem Zwecke bewilligt
hat, wird die Kolonie nach dem Abgang verſchiedener
ihrer ſeitherigen Mitglieder durch Veuberufungen geſtärkt
werden.“

* München. Ein altes Glasgemälde vom Chor
des Domes zu Begensburg, Größe 81/2: 4 m, ein hervor-
ragendes Werk des 14. Jahrhunderts, wurde ſoeben im
Hofglasmalerei⸗Inſtitut von Zettler reſtaurirt. Das Fenſter
enthält in reichgemalter gothiſcher Umrahmung acht lebens-

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