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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 14
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Pudor, Heinrich: Die Düsseldorfer Schule: in der skandinavischen Malerei
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Pariser Kunstbrief. Die Gemälde Chérets im Hôtel de Ville
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0248

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Vr. 14

hagener Akademie noch eine Zeit lang in Düſſeldorf,
ging aber dann für drei Jahre nach Paris. 1871
ließ er ſich in Stockholm nieder, von wo er nach
Kopenhagen überſiedelte. Hanſen iſt der Nachfolger
Tidemands als Schilderer des norwegiſchen Bauern-
lebens. Er zeichnete und führte ſeine Bilder minutiös
aus. Er neigt einer gewiſſen Melancholie zu, ohne
doch ſentimental zu ſein. Auch Ludwig Munthe
(geb. 1841 in Sogu, 1896 geſt.) lebte noch in Düſſel-
dorf, aher wurde indirekt von den franzöſiſchen
Malern des paysage intime becinflußt und unter-
ſcheidet ſich daher durchaus von den vorher genannten
Malern. Er darf zu den beſten Koloriſten Norwegens
gerechnet werden und erhielt 1878 in Paris eine
Medaille erſter Klaſſe. Von Corot, Bouſſeau, Dau-
bigny hat er gelernt, den maleriſchen Reiz des ein-
fachſten Motives unter einer beſtimmten Beleuchtung
und Stimmung zu verſtehen. Auch ſeine Farben ſind,
wie die der Schule von Fontainebleau, fein nüancirt
und delikat. Dabei hat Munthe eine beſtimmte In-
dividualität, die ihn vor Allem als Norweger
charakteriſirt. —

Für die däniſchen Maler bildete in der
Hauptſache Paris die künſtleriſche Heimſtätte. An-
fangs war es die Davidſche Schule, ſpäter die von
Fontainebleau, die ſie in ihren Bannkreis zog. In-
deſſen iſt der ganze große Kreis däniſcher Genre-
maler aus den erſten beiden Dritttheilen des 19. Jahr-
hunderts durchaus von der Düſſeldorfer Schule
abhängig. Anfangs malte man mit Vorliebe Szenen
aus dem italieniſchen Volksleben, wie dies Ernſt
Meyer (1797—1861), Albert Küchler (1803 — 18806),
Conſtantin Hanſen (1804—1880), vor Allem aber
Wilhelm Marſtrand (1810—1873) thaten. Wilhelm


Dänemarks. Er iſt der däniſche Genremelex par
excellence, ohne dabei aber ſeinen Düſſeldorfer
künſtleriſchen Urſprung im Geringſten zu verleugnen.
Eine beſondere Individualität beſitzt er nicht. Zu-
dem iſt ihm das eigentlich Maleriſche Nebenſache,
die Geſchichte oder Anekdote dagegen Hauptſache.
Er erzählt, um zu erzählen, nicht aber, wie die
großen Venezianer, um Farben darzuſtellen. Außer-
dem hat er ſich nicht immer genügende Mühe ge-
geben. Auch einige gute Porträts het er gemalt.
Seine Glanzperiode fällt in die Jahre zwiſchen 1840
und 1870. Julius Lange rühmt mit Recht an ihm
Witz, Geiſt und Humor. Dieſen entfaltete er be-
ſonders in den Kompoſitionen zu Don Quixote und
zu den Holbergſchen Komödien. Von 1840 an wurde
übrigens die däniſche Malerei, Dank den Er-
mahnungen des Kunſthiſtorikers N. L. Hoyen, mehr
national, wenigſtens der ſtofflichen Vorlage nach.
Im Uebrigen ſahen die däniſchen Maler auch dann
noch ihre Bauern und Fiſcher mit Düſſeldorfer Augen
und übertrugen das, was ſie in Italien und in der
Akademie geſehen hatten, auf das däniſche Bauern-
leben, ſo daß es trotz aller vortrefflichen Ermahunngen
Hoyens noch immer nicht zu einer nationalen däniſchen
Kunſt kam. Letztere wurde vielmehr erſt weit ſpäter
von Peter Severin Krover (geb. 1851), einem der
bedeutendſten däniſchen Künſtler überhaupt, in-
augurirt. —

Auch für die finiſchen Künſtler war Düſſel-
dorf für eine lange Zeit der Wallfahrtsort. Der
Hiſtorienmaler Erik Johan Löfgren (1825 —-1884) ſo-
wohl, als der Tandſchaftsmaler Werner Holmberg
geb. 1850) erhielten ihre Ausbildung in Düſſeldorf.
Der Letztere iſt auch in Düſſeldorf geſtorben (1860).

Er ſchloß ſich an die realiſtiſchere Bichtung des Vor-
wegers Gude an. Von ſeinen Werken mag „Ein
heißer Sommertag“ in der Univerſität und eine
idealiſirte Waldlandſchaft in der Gallerie von Hel-
ſingfors genannt werden. Die Genremaler A. von
Becker und 5. Falkmann machten ihre Studien in
Paris. Indeſſen gingen die meiſten finiſchen Maler
dieſer Zeit doch nach Düſſeldorf, und die Düſſel-
dorfer Kunſt klingt am meiſten nach in der finiſchen
kunſt jener Zeit. Genannt werden mögen aus dieſer
Periode Karl Emanuel Janſſon (1846—1874) und
die Landſchaſtsmaler Hjalmar Munſterhjelm (geb.
1840) und Berndt Lindholm (geb. 1851).

Im Allgemeinen hat die Düſſeldorfer Maler-
ſchule, wie wir ſahen, auf die norwegiſche Malerei
den größten Einfluß ausgeübt. Aber man geht nicht
zu weit in der Behauptung, daß die ganze ſkandi-
naviſche Malerei ohne Düſſeldorf nicht denkbar iſt.
Im Beſonderen iſt Düſſeldorf der Ausgangs- und
Mittelpunkt der Genremalerei des 19. Jahrhunderts
geweſen, und auch in der neuzeitlichen Landſchafts-
malerei haben dort mehrere Meiſter von Buf nach-
haltigen Einfluß ausgeübt.

Pariser Kunstbriet.
Die Gemälde Gherets im hotel de Yille.

Nachdruck verboten.

ie äußerſt reich mit Kunſtwerken geſchmückten

Säle des Pariſer Hötel de Ville wurden in

letzter Zeit um einige neue Wandgemälde von
Chéret bereichert. Das große Publikum kennt dieſen aus-
gezeichneten Künſtler nur aus ſeinen graziöſen, phantaſie-
vollen Affichen, durch die er in den weiteſten Schichten
Uunſtſinn und künſtleriſches Empfinden zu wecken ſtrebte,
ein Bemühen, welches nicht fruchtlos geblieben iſt. Er
wird nicht nur in ſeiner Heimat, ſondern auch in Deutſch-
land als einer der hervorragendſten Plakatkünſtler ge-
ſchätzt.

Cheret iſt ein unvergleichlicher Koloriſt, und ſeine köſt-
lichen Gemälde bilden das Entzücken jedes Kenners. Er
entlehnt den Lichtſeiten des Lebens ſeine Motive; Frohſinn
und Grazie ſtrahlen aus ſeinen impulſiven Darſtellungen
und verleihen ihnen einen unbeſchreiblichen Reiz. Eine
Seele voll Licht und Glanz, voll Schönheitsdurſt und
Lebensfreude ſpricht aus allen Schöpfungen des ſiebzig-
jährigen Meiſters. Mit dem Studium des Häßlichen und
Traurigen beſchäftigt er ſich nicht. Der Grundton ſeines
ganzen Schaffens iſt eine ſonnige Heiterkeit, und eben weil
ſeine Schöpfungen ein unmittelbarer Ausfluß ſeiner glück-
lichen Natur ſind, frei von allem Gekünſtelten und An-
empfundenen, wirken ſie auch ſo unvermittelt und wahr
auf den Beſchauer Blumen und Licht, frohe Kinder und
lächelnde Frauen ſind ſeine Lieblingsmotive, an denen er
ſich immer von Veuem inſpirirt. Die wunderbare Farben-
ſkala, die ihm zu Gebote ſteht, ſcheint er den ſchillernden
Schmetterlingsflügeln und den iriſirenden Tönen der Perl-
muttermuſcheln zu verdanken, und mit unübertrefflicher
Meiſterſchaft giebt er das tiefe Blau des Himmels, die
durchſichtige Fleiſchfarbe, die ſchimmernden Reflere ſchöner
Stoffe wieder. Doch Chöret iſt nicht nur ein kühner
Kolorift, ſondern auch ein vortrefflicher Zeichner. Mögen
 
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