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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 14
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Zur Frage der Preisausschreiben
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Gustav, Leopold: Von Münchener Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0250

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Vr. 14

erfolgter Preisvertheilung durch den Ausſchreiber öffent-
lich ausgeſtellt werden. Jedoch iſt jeder Konkurrent be-
rechtigt, ſeine Arbeiten, ſofern ſie nicht preisgekrönt oder
angekauft worden ſind, von der Ausſtellung auszuſchließen;
umgekehrt iſt der Ausſchreiber verpflichtet, gelegentlich
der Ausſtellung diejenigen Arbeiten mit den Namen der
Autoren zu verſehen, welche ihm oder dem Preisgerichte
gegenüber dieſen Wunſch ausſprechen. Dem Preisgerichte
allein ſteht das Recht zu, bei der anonymen Konkurrenz
die Umſchläge mit den Kennworten der mit Geldpreiſen
verſehenen Arbeiten zu eröffnen. Allen anderen Ent-
würfen ſoll die Anonymität gewahrt werden.

Preisgekrönte Arbeiten ſind nur inſofern Eigenthum
des Preisausſchreibers, als ſie für die in dem Aus-
ſchreiben angegebene Perwendung benutzt werden; im
Uebrigen verbleibt das Urheberrecht eines Entwurfes dem
verfaſſer, ſofern er ſich deſſelben nicht förmlich entäußert
hat. Die Zuerkennung der Ausſchreibungen giebt dem
Ausſchreiber weder ein Eigenthums- und Verfügungsrecht
auf die betreffenden Arbeiten, noch die Befugniß zum
Heffnen der Begleitumſchläge mit dem Kennwort.

Bei Preisbewerbungen um fertige Gegenſtände iſt
der Name des Künſtlers, von dem der Entwurf her-
rührt, immer dann zu nennen, wenn derſelbe nicht dem
unmittelbaren Arbeitsperſonal des Preisbewerbers an-
gehört.

Ueber die Beurtheilung der Arbeiten iſt von den
Preisrichtern noch vor Abſchluß der Verhandlung ein
Protokoll abzufaſſen, welches das Horgehen ſchildert und
die Arbeiten der „engeren Wahl“ mit ihren Kennworten
bezeichnet. Das Protokoll iſt ſämmtlichen Konkurrenten
zugänglich zu machen.

Den folgenden Bericht des Ausſchuſſes, betreffend
die Normen für die Zuſammenſetzung und die Ge-
ſchäftsordnung der Preisgerichte bei Ausſtel-
lungen, bei denen das Iunſtgewerbe betheiligt iſt, er-
ſtattete herr Direktor Dr. Brinckmann-Hamburg, indem
er die von ihm für dieſe Frage verfaßten Grundſätze,
von deren Befolgung man ſich eine beſcheidene Beſſerung
der gegenwärtigen Derhältniſſe verſpricht, vortrug und
eingehender begründete. Sie lauteten wie folgt:

) Die Beſtimmungen für die Arbeit des Preisgerichts
ſind frühzeitig genug zu veröffentlichen, um den berufenen
Preisrichtern Gelegenheit zu geben, dieſe Beſtimmungen
bei ihrer Entſchließung über die Annahme der Berufung
zu berückſichtigen.

2) Die einmal feſtgeſetzten Beſtimmungen dürfen,
nachdem das Preisgericht zuſammengetreten iſt, nicht im
Wege der Derordnung abgeändert werden.

3) Die obere Inſtanz eines Preisgerichts darf Be-
ſchlüſſe einer unteren Inſtanz nur unter Zuziehung dieſer
Inſtanz abändern.

4) Staatsanſtalten, welche als Ausſteller auftreten,
ſind vom Wettbewerbe auszuſchließen.

5) Firmen, welche außer Wettbewerb ſind, weil einer
ihrer Inhaber oder Angeſtellten Preisrichter iſt, treten
auch hinſichtlich ihrer Mitarbeiter außer Wettbewerb.

6) Xn den Heröffentlichungen der zuerkannten Preiſe
und in den darüber ausgefertigten Urkunden ſind die
Gegenſtände oder beſonderen Verdienſte, für die der Preis
zuerkannt iſt, kurz zu bezeichnen.

von dieſen Punkten fand der letztere, weil praktiſch
unausführbar, in der gegebenen Form nicht die Zuſtim-
mung des Delegirtentages, wohl aber mit dem Zuſatze,
daß ſoweit wie möglich mit der Beröffentlichung der
Preiſe die in Frage kommenden prämiirten Gegenſtände
zu bezeichnen ſeien, wenn man auch hierbei etwas Be-
denkliches und Vachtheiliges erblickte.

2

von Münchener Kunst.

er Kunſtverein hat in den letzten Wochen ſeine

Ausſtellungen abwechslungsreich zu geſtalten

gewußt. Lanz ſchaften mit romantiſchem Timbre
bietet Frobenius; ſeine Motive ſind nicht allzu vielſeitig,
aber er weiß dämmernde Schwermuth in feinen Tonwerthen
über die grünen Halden ſeiner mit Haiderſcher Naivetät
gemalten Bilder auszugießen. Eine phantaſtiſche Landſchaft
nach einem ZSchumann-Motiv nennt Ida C. Stroever
ihr großes Gemälde „Waſſermanns Brautfahrt“. Die
Künſtlerin vermag eine echte Balladenſtimmung über ihr
Bild auszubreiten, welche mehr in den gelblichen, zer-
riſſenen Wolken und der tonigen Behandlung des Moor-
grundes liegt, als in den Geſtalten. Ihre herben, aber
darum doch nüancenreichen Farben haben etwas von Stein-
hauſens Kolorismus, was auf den kleinen Landſchaftsſtudien
noch mehr zu Tage tritt. Ferner bietet ſie Steinzeichnun-
gen: Ein Damenportrait in kühner Strichführung, eine
Arbeiterfrau von ſcharf pſychologiſcher Charakteriſtik, ein
viſionärer Chriſtus und Blätter, wie Melancholie und
Nokturno erſcheinen beachtenswerth. Rüdisühli hat
einen ſehr liebenswürdig gemalten Sommerabend geſandt,
der viel tiefer wirkt, als die gerne von ihm bevorzugten
Farbenfanfaren.

Die Skizzen aus dem Nachlaſſe von Karl Ludwig
bieten viel unmittelbar vor der Natur gemalte, friſch ge-
ſehene Landſchaftsmotive. Auch Büchtger bringt keck er-
faßte, friſche Raturausſchnitte und ein ſehr vornehm ge-
maltes Porträt einer alten Dame in Schwarz. Bildniſſe
ſtellte auch Rudolf Wimmer aus; das lebensvolle Herren-
porträt iſt das glücklichſte, die Aoſtümbilder ſind farbig
intereſſant, die Damengruppe erſcheint etwas kühl.
Gabriel Schachinger's Damen in Trauex wurden ſchon
früher (Glaspalaſt 1900) von mir in ihren Dorzügen
anerkannt; nicht ganz ſo glücklich erſcheint mix das Bild-
niß der jungen Bame, das durch wärmere Tönung ge-
winnen würde; dagegen bieten die Kinderköpfchen, die ge-
zeichneten wie die gemalten, reizvolle Typen der Kinder-
ſtube in luftiger Behandlung. Aeben einem guten Fiſch-
ſtillleben bringt Schachinger noch Blumenbilder, die trefflich
in der Zeichnung, immer farbig wirkungsvoll, aber nicht
reſtlos duftig — leicht gemalt ſind. —

Aus dem immer reich beſetzten Salon Beinemann
notirte ich mir einen neuen, kleinen Bacchus von Franz
Stuck, der auf einem Leoparden reitet. Fell und Haut
ſind ungemein fein und weich im Ton, die Traube iſt
etwas ſchwer und maſſig. S. S. Engelbringt einen kleinen
Fdun am Seeufer, fein gemalt mit einem ſtillen Humor.
Kubierſchkys Frühlingsſtimmung läßt uns den erſten
grünen Bauch in bekanüter Innigkeit ahnen. Don Ernſt
Zimmermann ſaken wir hier, wie im Kunſtperein,
ſebenswürdige Genrebilder, welche uns das ſtarke Können,
den feinen Farbengeſchmack und den leiſen, verhaltenen
Humor des verſtorbenen Künſtlers in ſchönſte Erinnerung

bringen.
(&
®©

Leopold Guſtav.
 
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