Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

DOI Heft:
Nr. 24
DOI Artikel:
Pudor, Heinrich: I. internat. Ausstellung für moderne dekorative Kunst, Schluss [4]
DOI Artikel:
Harrach, Max: Die hessische Kunstausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0427

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 24


Dänemark iſt in Turin nur durch die Königl.
Porzellanmanufaktur vertreten, welche indeſſen, wie
in dem offiziellen Bericht mit Becht geſagt wurde,
„ihren Siegeszug fortſetzt“ Ihre neueren Arbeiten
gelten der Thierkeramik. Und zwar nicht bloß die
Hausthiere, wie Katze, Hund, Pferd, zieht ſie in den
Bereich der Darſtellung, ſondern alle möglichen Thiere,
den Bären, den Adler, die Gemſe, das Känguruh —
dies war das erſte Thier, welches nachgebildet wurde
(im Jahre 1885) und den Anlaß zu der jüngſten
mächtigen Entwicklung auf dem Gebiete der Thier-
keramik gab — das Vashorn, das Flußpferd, die
Wildkatze, dann alle möglichen Fiſche, beſonders
ſchön eine Figur, welche den geflügelten Fiſch dar-
ſtellt, ferner die Fledermaus, Schnecken, die aus dem
Gehäuſe gekrochen ſind, Heuſchrecken, verſchiedene
Arten Inſekten, wie Libellen, Schmetterlinge 2c. Das
man es dabei nicht nur mit Studien, ſondern auch
ſchon mit angewandter Uunſt zu thun hat, zeigt außer
den oben angeführten Werken beiſpielsweiſe auch
der Schirmgriff, welcher eine aus dem Gehäuſe ge-
krochene Schnecke als Dekor zeigt.

Endlich hat auch Japan, das klaſſiſche Land
des Porzellans, in Turin ſeine Pforten geöffnet.
Was das Arrangement dieſer japaniſchen Ausſtellung
betrifft, ſo iſt es allerdings nicht als beſonders glück-
lich zu bezeichnen, denn ſie macht den herkömmlichen
bazarmäßigen Eindruck — ſie bietet mit einem Wort
oin Verkaufsmagazin. Im Einzelnen aber finden
wir wunderbare Arbeiten, die würdig ſind dieſes
Arkadiens des Kunſtgewerbes. Elfenbeinſchnitzereien,
wie man ſie im vorigen Jahre in Glasgow bewundern
konnte, ſind allerdings nicht ausgeſtellt, dafür aber
prächtige Seidenſtickereien, Bronzearbeiten, Lackarbeiten
und vor allem Porzellane. Beſonders zwei Manu-
fakturen ſind vertreten, diejenige von Tomatoro Ito
m Kyotto und diejenige von Tomatoro Kato in
Tokio. Erſtere bevorzugt etwas grelle und auch
grobe Farbeneffekte, während die Erzeugniſſe der
letzteren in jeder Hinſicht bewunderungswürdig ſind.
Da iſt eine große Vaſe, unten mit Grchideen-Dekor,
oben mit großen goldbraunen, wolkenartigen Flocken
— ein unerreichtes Beiſpiel japaniſcher Naturbeob-
achtung und Technik. Ein merkwürdiges Stück iſt.
eine Schale, auf welcher Schaaren von fliegenden
Störchen gemalt ſind, Hals und Schwanzfedern in
Schwarz, Flügel und Schnabel in Braun, und dazu
ein Tupfchen Both auf dem Kopf. Vielleicht die
intereſſanteſten Stücke ſiind die großen Vaſen in
mattem Bronzeſchwarz, von dem ſich die in ſtrahlenden
Farben gemalte plaſtiſche Modellierung von Siſchen
wunderbar abhebt. Erwähnt ſei ferner eine große
Vaſe in Form eines antiken Kruges, mit zwei Hähnen
als Dekor. Als Grundfarbe wendet Kato gern ein
ins Bräunliche ſpielendes Dekor an, von dem ſich
beſonders das Blau (3. B. Iris, oder ein in Weiß ge-
malter Storch auf blau gemaltem Sweig) wunderbar
abhebt. Auch intereſſante Theetaſſenſervice, zum
Theil in neuen Formen ſind ausgeſtellt. —

Auf die italieniſche Malerei und Skulpturen-
ausſtellung, welche als Pendatif der Kunſtgewerbe-
ausſtellung errichtet wurde, einzugehen, müſſen wir
uns des beſchränkten Raumes wegen völlig verſagen.
Uebrigens bietet ſie auch verhältnißmäßig nur wenig
Intereſſantes. Letzteres gilt auch von den in dem
Pavillon für künſtleriſche Photographie aus-
geſtellten Arbeiten. Der Pavillon ſelbſt gehört zu
den merkwürdigſten Leiſtungen der Ausſtellung, bringt

er doch die dekorative Richtung der modernen Archi-
tektur am ſchärfſten zum Ausdruck.

5

Worms;

Die heſſiſche Kunitausitellung,

Von Max Harrach, Frankfurt a. M.

ie Privatſammlungen der rheiniſchen Kunſt-

mäzene werden von allen Kennern ſeit Langem

den beſten deutſchen Privatgallerien an die
Spitze geſtellt. Die Kunſthändler erzählen ſich mit einem
gewiſſen neidvollen Beſpekt von den koſtbaren Schätzen,
die da in traditionellem Familienbeſitz ein ungerühmtes,
wenn auch theuer gehütetes Daſein friſten. Da erſcheint
es denn gewiſſermaßen als ein Ereigniß, wenn ſich
einmal weiteren Kreiſen Gelegenheit bietet, Einblick
in dieſe ſekreten Privatſchätze zu gewinnen, wie dies
bei der hier eröffneten Wormſer Ausſtellung der
Fall iſt. Nahe an ein halbes Tauſend Werke ans
allen Epochen ſind da zuſammengekommen, faſt an 200
Namen erſter Meiſter ſind vertreten. Die Oelbilder
überwiegen, doch auch die Aquarelle, Radierungen
und Skulpturen ſind zahlreich vertreten, und von den
Werken aus einheimiſchem Privatbeſitz gelangt bei dieſer
Gelegenheit ein großer Theil überhaupt zum erſten Male
an die Geffentlichkeit.

Die Ausſtellung, um deren Zuſtandekommen ſich der
bekannte Großinduſtrielle und Kunſtſammler Freiherr
Dr. Heyl von Herrnsheim ein Hauptverdienſt erworben
hat, iſt in den Räumen des Caſinos arrangirt. Außer
der Sammlung des Großherzogs von Heſſen haben die
Gallerien der Privatſammler Reinhardt, Skotti, Ladenburg,
Menges, Schön-Benz, Walkenberg und Major Heyl-Darm-
ſtadt ihre beſten Werke beigeſteuert. Die größte Zahl der
Werke entſtammt aber, wie erwähnt, der Gallerie Hevl-
Worms. In erſter Linie giebt die Ausſtellung Gelegenheit,
endlich einmal die vielgenannten Böcklinbilder der
Gallerie Heyl zu bewundern. Hepl beſitzt außer dem
„Selbſtporträt“ des Meiſters, das „Parkidyll“, die „Denus“
und die feierlich prunkvolle „Klio“, ſowie das wunder-
liebliche: „Sieh', es lacht die Au!“ Der Farbenjubel
namentlich auf dem letztgenannten Bilde iſt ſchwer zu be-
ſchreiben; wie fließen die leuchtenden blauen Töne, das
helle Grün, das tiefe Roth und das warme Braun der
Untermalung zu einem harmoniſchen Akkord zuſammen!

Nicht minder ausgezeichnet wie der große Baſeler
Meiſter iſt Lenbach vertreten. Eine ganze Beihe großer,
wirklich durchgeführter Porträts giebt's da zu ſehen: Joh.
Strauß und Bich. Wagner, Nanſen und Bismarck, der
Papſt und Kaiſer Wilhelm I. — Alles erſtklaſſige Lenbachs!
Eine Reihe Frauenbildniſſe fordern zu intereſſanten Der-
gleichen mit F. A. v. Aaulbach, dem „Frauenmaler“,
heraus. Eine „Früchteträgerin“ des Meiſters iſt wohl
durch eine tizianiſche Anregung entſtanden. Trefflich ver-
treten ſind ferner: der unvergeßliche Anſelm Feuerbach
mit einer „Hamletſzene“ und einer „Amazonenjagd“;
Wilh. Leibl mit fünf intereſſanten Bildern; Hans Choma
mit einer Anzahl Landſchaften aus ſeiner beſten Zeit;
Menzel mit einem geiſtſprühenden „Cercle“, Knaus und
 
Annotationen