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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 17
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Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [2]
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V. Ausstellung der Berliner "Sezession"
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Vr. 12

Bildniß und Leon Pohles geſchmgckvolle Porträts,
Hans Ungers ſcharfgeſehenes „Selbſtporträt“ in
weißem Sweather auf blauem Grunde nebſt einem
an Böcklin gemahnenden „Herbſt am Meer“;
Rich. Müllers prächtiger „Mann mit Pelzmütze“.
Georg Lührig, der ſich durch tüchtige Radirungen
bekannt gemacht, hat außer einer Allegorie:
„Jugend und Alter“ ein outrirtes „Bildniß einer
Griechin“ gemalt; hier hat wieder einmal ein Maler
den bedenklichen Sprung gewagt, der vom Erhabenen
zum Lächerlichen führt.

Einen beſonders wohlthuenden Eindruck nimmt
der Beſchauer von der Karlsruher Gruppe mit
ſich. Hier herrſcht friſches Leben und geſundes
Streben, das zu den ſchönſten Hoffnungen berechtigt.
Von älteren Künſtlern ſind zu nennen: Ferd. Keller
mit einem dekorativ eindrucksvollen „St. Georg“ in
grünlicher Tonfärbung und einem „Kaideröslein“,
Ed. Kanold mit zwei ideal empfundenen Land-
ſchaften italieniſchen Charakters und Altmeiſter Thoma
mit zwei kleineren älteren Bildern: „Frühlingsmärchen“
und „Am ſtillen Bach“. Von den jüngeren Karls-
ruhern nenne ich Alb. Haueiſen, deſſen Landſchaft
„Wolkenſchatten“ intereſſant in der Beleuchtung, aber
von eigenthümlich menoton grüner Tonfärbung iſt;
Hans d. Volkmann, der zwei tüchtige Landſchaften
ſandte; Otto Propheter, der ein floftes Damenporträt
und ein etwas ſtark nach Lenbachs Bezept gemaltes
Herrenbildniß ausgeſtellt; Caſpar Bitter, deſſen
„Carmen“ tüchtiges Können und Geſchmack verräth;
ferner Ludw. Dill, Friedr. Fehr und Hermann
Junker, wovon namentlich des letzteren Pferdebilder
tüchtiges Naturſtudium bezeugen, und endlich der
treffliche Guſt. Schönleber, der mit einem „Morgen
am Strand“ von zartem Stimmungsgehalt vertreten iſt.

Die beiden kleineren Kunſtzentren Weimar und
Kaffel treten in der Zahl der ausgeſtellten Kunſt-
werke naturgemäß etwas in den Hintergrund, doch
bringt namentlich Weimar mancherlei Tüchtiges an
die Rampe. Sympathiſch in jeder Beziehung iſt das
große Bild von Karl Srithiof Smith: „Abend-
fonne“, junge Mädchen, die auf einſamem Feldweg
ins Heimathdorf zurückwandern; Mar Chedy, deſſen
Porträt der Gräfin Görtz natürliche Hornehmheit
athmet, Theod. Hagen, der ein Motiv aus dem
Weimariſchen Park mit feiner Poeſie darſtellt. Weiter
zu nennen ſind noch Franz Sturtzkopf Stillleben) und
die Landſchafter Tübbecke, Holzſchuh, Olbricht und
Alb. Schmidt. Kaſſel hat nur wenige Oertreter
geſandt, unter denen Louis Kolig einen Vorgaug
auf einer neuen Straße ſchildert: Arbeiter pflaſtern
den Fahrdamm, über den als Erſter ein Leichenzug
wandert . Herm. Metz, Heinr. Giebel und
Friedr. Fennel ſeien von dieſer Gruppe noch ferner-
hin genannt.

Einen ſehr einheitlichen Eindruck gewährt die
Serie der Ztuttgarter Schule, die ſich unter
Kalckreuths Führung ebenfalls unter das Panier der
modernen Freilichtmalerei geſchaart hat. Graf
Ceopold Kalckreuth ſelbſt hat drei Bilder ge-
ſandt: die „Scheuer“, die nicht nur in der Motivwahl
Millets großes Vorbild verräth; ferner ein weiteres
Bild aus dem Leben der Feldbauern und ein kolo-
riſtiſch feſſelndes Kinderporträt. Ualckreuths Einfluß
auf die jüngere Stuttgarter Malerſchule iſt groß
zumal der Künftler eine äußerſt fruchtbare Lehrthätig-
keit ausübt. Eigenthümlich berührt die Manie
einiger jüngerer Maler, Begenbogen, Abendillumi-
nationen und Raketenfeuerwerke maleriſch darzuſtellen;
nicht immer geſchieht dies mit Glück, und ſo läßt

auch der Eindruck, wenn man von der rein kolo-
riſtiſchen Wirkung abſieht, zu wünſchen übrig.
Wilh. wulff hat z. B. drei Bilder dieſer Art aus:
geſtellt, denen ſich eine Beihe ähnlicher Werke
jüngerer Kalckreuthſchüler anſchließen. Ad. Senglaub
zeigt einen weiblichen Akt, bei dem die unteren Ex-
tremitäten etwas zu groß gerathen ſind, Theod.
Bohnenberger, Heinr. Nauen, Eug. Heim, Aud.
Toſt, Alfr. Schmidt vertreten das landſchaftliche Fach.
Unlieb vermißt man in dieſer Beihe den feinſinnigen
Otto Reiniger. Chriſt. Spever zeigt ſeine Bravour
in der Darſtellung von Pferden und Rob. Haug
intereſſirt in ſeinen drei Bildern koloriſtiſch nicht
minder, wie durch die feinſinnige Art, mit der er
ſeine Soldatenſzenen aus der Zeit der Befreiungs-
kriege zu einem feſſelnden Geſammtbild zu geſtalten
weiß, ohne in das Milieu der üblichen „Schlaͤchten-
bilder“ zu verfallen. Dies gilt vor Allem von der
überzeugend wiedergegebenen Szene: „Die Preußen
bei Möckern“ — ein Bild, das auch rein maleriſch
durch den feinen, grauen Geſammtton feſſelt.

2

V, Ausstellung der Berliner
„SCZESSION“.
II.

Schluß.)

ie kürzliche Theilung der Parthei und die „ehren-

volle“ Rückkehr der Ausgeſchiedenen von Char-

lottenburg nach dem Moabiter Glaspalaſte hat
zweifellos zur Klärung der hieſigen Uunſtverhältniſſe
beigetragen. Erſt jetzt nämlich erſcheint der latente Wider-
ſtand, den der franzöſiſch-holländiſche Naturalismus Lieber-
manns ſogar im eigenen Lager gefunden, gebrochen, und
ſo mag ſich das muthige Häuflein ihres unbeſtrittenen
Heims an der Kantſtraße erfreuen. Das Bischen „Veu-
idealismus“, das ſich um L. v. Hofmann gruppirt, ſtört
hier die Mächtigen einſtweilen noch nicht. Im Gegentheil,
es dient ganz nett zur Folie, zur angenehmen Abwechslung
und hilft dazu, den Gläubigen deutlich zu machen, daß
man hier gar vielſeitig und tolerant ſei. Und die leidige
Toleranz: ſie iſt ein Ding, mit dem man heutzutage rechnen
muß, um das man um ſo eifriger platoniſch werben muß-
je weniger man es thatſächlich brauchen kann.

Crotz alledem. Die gegenwärtige „internationale“
Ausſtellung ſcheint mir faſt die gelungenſte der bisherigen
veranſtaltungen der Berliner „Sezeſſion“ zu ſein. Es muß
aber gleich betont werden, daß nichts verkehrter iſt, als
die zufällige Gualität einer Ausſtellung mit der Güte der
hinter ihr ſtehenden Sache in allen Fällen zu identifiziren.
Im Ausnahmefalle laſſe ich dieſe möglichkeit wohl gelten.
Aber hier iſt es zunächſt ſchon ein bedenkliches Zeichen,
daß man die Geiſter der Manet (F 1883) und D. Müller
+ 1871) zitiren mußte, um ſich mit deren Hülfe erſt wirk-
ſam in Szene zu ſetzen. Man bemächtigt ſich, wohlfeil ge-
nug, des geſchichtlichen Ruhmes und ſchmückt den jungen
Boden von vornherein mit einer ſtolzen Gallexie künſtle-
riſcher Almen. Anſtatt vor Allem zu zeigen, was die
Herren der Parthei ad majorem artis gloriam zu leiſten
vermögen, überlaſſen ſie freiwillig in dieſem rauſchenden
Grcheſter die erſte Geige, Flöte, Alarinette den Fremden,
 
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