Die Kunst-Halle — 7.1901/1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0197
DOI issue:
Nr. 11
DOI article:Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
DOI article:Kunstchronik
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Vr. E
und zeigen den Künftler von einer weniger bekannten
Seite. Müller-Münſters größeres Hiſtoriengemälde
„Florian Geyer als Anführer im Bauernkriege“ bietet
eine Gruppe gut gezeichneter, phyſiognomiſch intereſſanter
Volkstypen. Hans Berrmanns großer Amſterdamer
Blumenmarkt, in dem bekannten weißlich-grauen Tone
dieſer Bilder des Künſtlers gegeben, gehört uicht zu deſſen
beſten Arbeiten; zumal die Figuren im Vordergrunde laſſen
zu wünſchen übrig. J. Jakobs landſchaftliche Aquarelle
wirken flott, obwohl ſie recht fleißig durchgeführt ſind.
* *
*
Dem Salon Ed. Schulte iſt es abermals gelungen,
eine Sammlung von Bildern zu ermöglichen, die jeden
Beſucher lebhaft feſſeln muß. Nahezu jeder Geſchmacks-
richtung wird entſprochen. Dem Liebhaber von Vorfüh-
rungen großzügiger Männercharaktere voll Friſche und That-
kraft ſeien die breit und eindringlich gemalten Porträts
von Hubert Herkomer, ſein blauäugiger Earl of Albe-
marle in brauner Kolonialuniform, ſein Profeſſor Pelham,
ſein vor einem Bilde ſitzender Herr von Carſtanjen u. ſ. w.,
empfohlen; die Anhänger des einfachen Realismus werden
dagegen den phyſiognomiſch ſchlichten Bildniſſen des Schweden
Emil Geſtermann mehr Geſchmack abgewinnen. Der
Freund aktueller Ereigniſſe im Spiegel künſtleriſcher
Darſtellung wird vor Allem ſeine Blicke auf die überaus
reiche Ausbeute des Düſſeldorfer Th. Rocholl richten, der
im vorigen Jahre die deutſche Chinaexpedition des Grafen
Walderſee begleiten durfte. Der begabte Künſtler hat von
ſeinem oſtaſiatiſchen Aufenthalt nicht nur eine Fülle in-
tereſſanter Typen der gelben und braunen Gegner, von
Gffizieren und Soldaten der verbündeten Armeen und
ſonſtigen Perſönlichkeiten verewigt, er hat auch zur Ver-
deutlichung des Kriegsſchauplatzes eine umfaſſende Samm-
lung von landſchaftlichen und architektoniſchen Bildern und
Skizzen geſchaffen, die in ihrer farbenvollen, friſchen Er-
ſcheinung einen unwiderſtehlichen Reiz ausüben.
Un Umfang ſteht dieſer aus mehrfachen Gründen
hochintereſſanten Sammlung die Ausſtellung großer Aqua-
relle und Gelgemälde des Müncheners Hans von Bartels
kaum nach. Bartels, der ſeinen Lieblingsgegenſtänden, der
Zchilderung holländiſcher und vlämiſcher Fiſchertypen, von
Strand- und Dorfidyllen an der Nordſee, treu bleibt, wird
in der Kraft der Färbung und der Großartigkeit ſeiner
Auffaſſung, die freilich nicht frei von Schwulſt und Manier
iſt, immer kühner. In formaler Hinſicht ſcheinen es ihm
die Volksſzenen von Jordaens und Bubens angethan zu
haben, die er auf den modernen grauen Freilichtton ſtimmt.
Im ähnlichen Parallelismus ſteht der Berliner Hans
Herrmann zu gewiſſen alten Holländern. Er huldigt dem
gleichen grauen Freilichtton für ſeine maleriſch gelungenen
Amſterdamer Grachten. Doch in ſeiner figürlichen Staffage
wirkt er, im Gegenſatz zur Beweglichkeit und vollſaftigkeit
E von Bartels', — eher ſpießbürgerlich und meiſt tem-
peramentlos.
Wie viel Bomantik der heutigen Landſchaftsmalerei
wieder innewohnt, laſſen die Kollektionen von Otto Sin-
ding-Lyſaker, Otto Hennig-Thriſtiania und Ludwig
Barning-Berlin erkennen. Wohl noch niemals hat man
in Berlin Gelegenheit gehabt, den Vorweger Sinding mit
ſo zahlreichen Bildern ſeiner grotesken Phantaſie zu be-
wundern. Felſige Einöden, bald mit den Geſtalten Satans
und Chriſti, bald mit der eines meilenlangen Drachens be-
lebt, wechſeln mit anderen ſtimmungtiefen Szenerien von
meiſt unerfreulicher Färbung ab. Die bunten, theilweiſe
recht faden Köpfe und mehrere Stillleben von Frank
Daniel-Colcheſter, endlich die humoriſtiſch-bizarren Blätter
des bekannten Illuſtrators H. von Reznicek-München,
der die Gepflogenheiten der Lebewelt geiſtreich karrikirt,
tragen ſehr zur amüſanten Mannigfaltigkeit der dies-
maligen Ausſtellung von Schulte bei.
Runstehronik.
Berlin. Im Kgl. Muſeum iſt die Sammlung
von Bildwerken des Mittelalters und der Re-
naiſſance durch verſchiedene italieniſche Arbeiten aus der
Schule Giovanni Piſanos (14. Jahrh.) der Schule Dona-
tellos und mehrerer Quattrocentiſten und Cinquecentiſten
neuerdings vermehrt worden. In der Gemäldegallerie iſt,
außer einem Männerporträt des 16. Jahrhunderts, beſon-
ders die Erwerbung eines Altkölner Diptychons aus dem
14. Jahrhundert im urſprünglichen Rahmen bemerkens-
werth.
*Berlin. Zur Ausſchmückung des Sitzungs-
ſaales des Abgeordnetenhauſes. Es ſollen 85 000 Mark
für ı2 Wandgemälde und 2 plaſtiſche Figuren aufgewendet
werden Die Gemälde ſollen allegoriſche Darſtellungen
der preußiſchen Provinzen und ihrer Hauptſtädte ſein.
Für den Sitzungsſaal des Teltower Kreishauſes in
der Diktoriaſtraße iſt jetzt das Motiv des zweiten Gemäldes
beſtimmt, das Prof. Röchling auszuführen hat. Es ſoll
Kaiſer Wilhelm J. mit ſeiner Suite bei Groß-Ziethen dar-
ſtellen. — Im Auftrage des Kaiſers hat Prof. Karl Röch-
ling eine denkwürdige Epiſode aus dem Feldzuge in China
zu malen. Das Bild wird den Titel führen „Germans to
ihe front!“ Der ünſtler hat zunächſt eine durchgeführte
Skizze in Bildgröße bergeſtellt, die dem Kaiſer ſehr gefiel.
Das Motiv des Werkes iſt der bekannte Vorgang aus der
Expedition unter Lord Seymour im Juni 1900 zum Ent-
ſatz der Geſandten in Peking, wobei Seymour an Kapitän
zur See v. Uſedom den Befehl ſandte „The Germans to
the front!“ Das Gemälde wird im Sternſaal des könig-
lichen Schloſſes ſeinen Platz erhalten. — Für die Bilder-
gallerie des Schloſſes hat Prof. Röchling neuerdings im
Auftrage des Kaiſers ein Schlachtenbild von dramatiſcher
Bewegung gemalt. „Das ı. Bataillon Garde bei Kollin.“
— Die Beſchaffung künſtleriſchen Wandſchmuckes für
die Berliner Gemeindeſchulen ſoll in der nächſten Zeit
ernſtlich betrieben werden. Aus den Reihen der Gemeinde-
ſchullehrer iſt vor Kurzem eine freie Bereinigung zur
Pflege der Kunft in der Schule zuſammengetreten Sie hat
jegt ihre erſte Sitzung abgehalten und ſich u. A. mit der
Frage des Wandſchmuckes beſchäftigt. Eine von ihr ge-
wählte Kommiſſion iſt beauftragt worden, nach Klaſſen
zuſammenzuſtellen, was von künſtleriſchem Wandſchmuck
und künſtleriſch nicht minderwerthigen Anſchauungsbildern,
die den Unterricht zu unterſtützen und zugleich die künſt-
leriſche Bildung der Jugend zu fördern geeignet ſind, vor-
handen iſt.
Bremen. Die Kunſthalle wurde nach vollen-
detem Umbau und Erweiterung der Bäume am 16 Februar
eröffnet. Die Architekten Ed Gildemeiſter und A. Dunkel
waren die Leiter der Bauarbeiten.
Hannover. Der Ban des neuen Provinzial-
muſeums, ein Werk des Prof. Hubert Stiers, wurde im
Februar vollendet und feſtlich eingeweiht.
*Plauen i. D. Die hieſige Mnſeumsgeſellſchaft
regt zum Bau eines Kunſtmuſeums an.
Münſter. Die Entwürfe für das Propinzial-
Muſeum waren bis 13. Februar im Sitzungsſaale des
hieſigen Landeshauſes öffentlich ausgeſtellt.
»Eſſena. R. Einen hervorragenden künſtleriſchen
Schmuck weiſt jetzt das Treppenhaus des Landgexichts-
gebäudes auf, zwei große, von dem Düſſeldorfer Maler
Alexander Frenz ſtammende Temperagemälde. Das Bild
zur Kechten ſchildert in wirkungsvoller Anordnung „Die
und zeigen den Künftler von einer weniger bekannten
Seite. Müller-Münſters größeres Hiſtoriengemälde
„Florian Geyer als Anführer im Bauernkriege“ bietet
eine Gruppe gut gezeichneter, phyſiognomiſch intereſſanter
Volkstypen. Hans Berrmanns großer Amſterdamer
Blumenmarkt, in dem bekannten weißlich-grauen Tone
dieſer Bilder des Künſtlers gegeben, gehört uicht zu deſſen
beſten Arbeiten; zumal die Figuren im Vordergrunde laſſen
zu wünſchen übrig. J. Jakobs landſchaftliche Aquarelle
wirken flott, obwohl ſie recht fleißig durchgeführt ſind.
* *
*
Dem Salon Ed. Schulte iſt es abermals gelungen,
eine Sammlung von Bildern zu ermöglichen, die jeden
Beſucher lebhaft feſſeln muß. Nahezu jeder Geſchmacks-
richtung wird entſprochen. Dem Liebhaber von Vorfüh-
rungen großzügiger Männercharaktere voll Friſche und That-
kraft ſeien die breit und eindringlich gemalten Porträts
von Hubert Herkomer, ſein blauäugiger Earl of Albe-
marle in brauner Kolonialuniform, ſein Profeſſor Pelham,
ſein vor einem Bilde ſitzender Herr von Carſtanjen u. ſ. w.,
empfohlen; die Anhänger des einfachen Realismus werden
dagegen den phyſiognomiſch ſchlichten Bildniſſen des Schweden
Emil Geſtermann mehr Geſchmack abgewinnen. Der
Freund aktueller Ereigniſſe im Spiegel künſtleriſcher
Darſtellung wird vor Allem ſeine Blicke auf die überaus
reiche Ausbeute des Düſſeldorfer Th. Rocholl richten, der
im vorigen Jahre die deutſche Chinaexpedition des Grafen
Walderſee begleiten durfte. Der begabte Künſtler hat von
ſeinem oſtaſiatiſchen Aufenthalt nicht nur eine Fülle in-
tereſſanter Typen der gelben und braunen Gegner, von
Gffizieren und Soldaten der verbündeten Armeen und
ſonſtigen Perſönlichkeiten verewigt, er hat auch zur Ver-
deutlichung des Kriegsſchauplatzes eine umfaſſende Samm-
lung von landſchaftlichen und architektoniſchen Bildern und
Skizzen geſchaffen, die in ihrer farbenvollen, friſchen Er-
ſcheinung einen unwiderſtehlichen Reiz ausüben.
Un Umfang ſteht dieſer aus mehrfachen Gründen
hochintereſſanten Sammlung die Ausſtellung großer Aqua-
relle und Gelgemälde des Müncheners Hans von Bartels
kaum nach. Bartels, der ſeinen Lieblingsgegenſtänden, der
Zchilderung holländiſcher und vlämiſcher Fiſchertypen, von
Strand- und Dorfidyllen an der Nordſee, treu bleibt, wird
in der Kraft der Färbung und der Großartigkeit ſeiner
Auffaſſung, die freilich nicht frei von Schwulſt und Manier
iſt, immer kühner. In formaler Hinſicht ſcheinen es ihm
die Volksſzenen von Jordaens und Bubens angethan zu
haben, die er auf den modernen grauen Freilichtton ſtimmt.
Im ähnlichen Parallelismus ſteht der Berliner Hans
Herrmann zu gewiſſen alten Holländern. Er huldigt dem
gleichen grauen Freilichtton für ſeine maleriſch gelungenen
Amſterdamer Grachten. Doch in ſeiner figürlichen Staffage
wirkt er, im Gegenſatz zur Beweglichkeit und vollſaftigkeit
E von Bartels', — eher ſpießbürgerlich und meiſt tem-
peramentlos.
Wie viel Bomantik der heutigen Landſchaftsmalerei
wieder innewohnt, laſſen die Kollektionen von Otto Sin-
ding-Lyſaker, Otto Hennig-Thriſtiania und Ludwig
Barning-Berlin erkennen. Wohl noch niemals hat man
in Berlin Gelegenheit gehabt, den Vorweger Sinding mit
ſo zahlreichen Bildern ſeiner grotesken Phantaſie zu be-
wundern. Felſige Einöden, bald mit den Geſtalten Satans
und Chriſti, bald mit der eines meilenlangen Drachens be-
lebt, wechſeln mit anderen ſtimmungtiefen Szenerien von
meiſt unerfreulicher Färbung ab. Die bunten, theilweiſe
recht faden Köpfe und mehrere Stillleben von Frank
Daniel-Colcheſter, endlich die humoriſtiſch-bizarren Blätter
des bekannten Illuſtrators H. von Reznicek-München,
der die Gepflogenheiten der Lebewelt geiſtreich karrikirt,
tragen ſehr zur amüſanten Mannigfaltigkeit der dies-
maligen Ausſtellung von Schulte bei.
Runstehronik.
Berlin. Im Kgl. Muſeum iſt die Sammlung
von Bildwerken des Mittelalters und der Re-
naiſſance durch verſchiedene italieniſche Arbeiten aus der
Schule Giovanni Piſanos (14. Jahrh.) der Schule Dona-
tellos und mehrerer Quattrocentiſten und Cinquecentiſten
neuerdings vermehrt worden. In der Gemäldegallerie iſt,
außer einem Männerporträt des 16. Jahrhunderts, beſon-
ders die Erwerbung eines Altkölner Diptychons aus dem
14. Jahrhundert im urſprünglichen Rahmen bemerkens-
werth.
*Berlin. Zur Ausſchmückung des Sitzungs-
ſaales des Abgeordnetenhauſes. Es ſollen 85 000 Mark
für ı2 Wandgemälde und 2 plaſtiſche Figuren aufgewendet
werden Die Gemälde ſollen allegoriſche Darſtellungen
der preußiſchen Provinzen und ihrer Hauptſtädte ſein.
Für den Sitzungsſaal des Teltower Kreishauſes in
der Diktoriaſtraße iſt jetzt das Motiv des zweiten Gemäldes
beſtimmt, das Prof. Röchling auszuführen hat. Es ſoll
Kaiſer Wilhelm J. mit ſeiner Suite bei Groß-Ziethen dar-
ſtellen. — Im Auftrage des Kaiſers hat Prof. Karl Röch-
ling eine denkwürdige Epiſode aus dem Feldzuge in China
zu malen. Das Bild wird den Titel führen „Germans to
ihe front!“ Der ünſtler hat zunächſt eine durchgeführte
Skizze in Bildgröße bergeſtellt, die dem Kaiſer ſehr gefiel.
Das Motiv des Werkes iſt der bekannte Vorgang aus der
Expedition unter Lord Seymour im Juni 1900 zum Ent-
ſatz der Geſandten in Peking, wobei Seymour an Kapitän
zur See v. Uſedom den Befehl ſandte „The Germans to
the front!“ Das Gemälde wird im Sternſaal des könig-
lichen Schloſſes ſeinen Platz erhalten. — Für die Bilder-
gallerie des Schloſſes hat Prof. Röchling neuerdings im
Auftrage des Kaiſers ein Schlachtenbild von dramatiſcher
Bewegung gemalt. „Das ı. Bataillon Garde bei Kollin.“
— Die Beſchaffung künſtleriſchen Wandſchmuckes für
die Berliner Gemeindeſchulen ſoll in der nächſten Zeit
ernſtlich betrieben werden. Aus den Reihen der Gemeinde-
ſchullehrer iſt vor Kurzem eine freie Bereinigung zur
Pflege der Kunft in der Schule zuſammengetreten Sie hat
jegt ihre erſte Sitzung abgehalten und ſich u. A. mit der
Frage des Wandſchmuckes beſchäftigt. Eine von ihr ge-
wählte Kommiſſion iſt beauftragt worden, nach Klaſſen
zuſammenzuſtellen, was von künſtleriſchem Wandſchmuck
und künſtleriſch nicht minderwerthigen Anſchauungsbildern,
die den Unterricht zu unterſtützen und zugleich die künſt-
leriſche Bildung der Jugend zu fördern geeignet ſind, vor-
handen iſt.
Bremen. Die Kunſthalle wurde nach vollen-
detem Umbau und Erweiterung der Bäume am 16 Februar
eröffnet. Die Architekten Ed Gildemeiſter und A. Dunkel
waren die Leiter der Bauarbeiten.
Hannover. Der Ban des neuen Provinzial-
muſeums, ein Werk des Prof. Hubert Stiers, wurde im
Februar vollendet und feſtlich eingeweiht.
*Plauen i. D. Die hieſige Mnſeumsgeſellſchaft
regt zum Bau eines Kunſtmuſeums an.
Münſter. Die Entwürfe für das Propinzial-
Muſeum waren bis 13. Februar im Sitzungsſaale des
hieſigen Landeshauſes öffentlich ausgeſtellt.
»Eſſena. R. Einen hervorragenden künſtleriſchen
Schmuck weiſt jetzt das Treppenhaus des Landgexichts-
gebäudes auf, zwei große, von dem Düſſeldorfer Maler
Alexander Frenz ſtammende Temperagemälde. Das Bild
zur Kechten ſchildert in wirkungsvoller Anordnung „Die