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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 5
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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2ir 75


uns, die wir auf dieſem Gebiete den Werth der Tradition
uicht unterſchätzen und herrliche Gebilde von Zierbrunnen
und Grabmälern in der Erinnerung haben, iſt es ungehener
ſchwer, ſo ſehr wir auch die Abſichten des Meiſters und
ſelbſt die künſtleriſchen Ideen, die ſeinen Werken inne
wohnen, zu würdigen wiſſen, dieſe robuſten Arbeiten, deren
Geiſt uns wie ein Rückgang auf dem Wege zur Halb-
barbarei anmuthet, als muſterwürdige Leiſtungen zu
begrüßen. Dieſer freiſtehende, geſchleſfene, rundliche Nutz-
brunnen mit mehreren Etagen-Oeffnungen zum Gebrauch
für Menfch, Pferd, Hund und Dogel i{t freilich höchſt klug
erſonnen. Dieſe ſchlichten Grabmäler mit Aſchen-Urnen
ſprechen das Prinzip derartiger Werkerſcharf aus und ſind
auch, da ſie gar nichts Sinnbildlich-Figürliches zeigen und
übrigens aus Betonmaterial ausgeführt werden können,
mit verhältnißmäßig beſcheidenen Mitteln herſtellbar, in
einzelnen Fällen dabei ziemlich wirkſam. Sicherlich dürften
3. B. jene Fontainen, die für einen Schloßpark oder Schloß-
hof beſtimmt ſind, durch den bedeutſamen Charakter der
Umgebung, unter gewiſſen Beleuchtungsverhältniſſen eine
tiefere Wirkung und Stimmung hervorrufen. Aber an
ſich iſt ihr künſtleriſcher Reiz doch wohl kein nennens-
werther. Die primitive Ornamentik von Gbriſt ſetzt ſich
an mehreren dieſer plaſtiſchen Schöpfungen aus kräftigem
ſtraffen Flechtwerk und feſten Blattbildungen zuſammen
und erinnert manchmal an gothiſche, manchmal ſelbſt an
barocke Stiliſirung. Es iſt zweifellos für unſer Publikum
ſehr intereſſant geweſen, über Obriſts Beſtrebungen, die
man als ernſte längſt kannte, ein eigenes Urtheil zu ge-
winnen. Aber ſo dankbar wir deshalb ſind, aufrichtig
bekehrt wird wohl kein äſthetiſch verwöhnter Beſchauer zu
ſolcher Art künſtleriſcher Geſtaltung. Es ſei denn, er halte
es plötzlich für wünſchenswerth, ſeine ganze Lebensführung
als Kulturmenſch vom Jahre 1901 in dem herben origi-
nellen Geiſte des Münchener Künſtlers umzumodeln.

* *—
2

Architekt Willy O. Dreßler hat ſich auf den ver-
ſchiedenen Gebieten der angewandten Kunſt neuerdings
Geltung verſchafft. Seine in der eigenen Wohnung zu
Charlottenburg (Kneſebeckſtr. 36) arrangirte Ausſtellung
hat den Vorzug, daß man die Gegenſtände: Möbel, Licht-
kronen, Teppiche, Stickereien, Tapeten-Entwürfe, ſilberne
Tafelaufſätze u. ſ. w, an den gehörigen Grten ſieht und
die definitive Wirkung prüfen kann. Was die Beſtand-
theile einer Herrenzimmer- ſodann einer Schlaf- und An-
kleidezimmer⸗Einrichtung zunächſt empfiehlt, iſt die für Be-
quemlichkeit, praktiſchen Gebrauch gewählte und zwar ziem-
lich ſchlichte Form, außerdem die Cendenz, das Material,
— theils Eiche mit Küſterwurzel- oder Eſchen-Einlage,
theils graublaue Eſche — ſeiner Natur entſprechend zum
Ausdruck zu bringen. Damit verbunden zeigen die
Dreßlerſchen Möbel: Schreibtiſch, Bücherſchrank, Stühle,
Buffet mit Opalglasfüllungen, Doppelbett, Kleiderſchrank,
Friſir- und Waſchtoilette 2c., eine künſtleriſch meiſt ange-
meſſene Ausbildung im Charakter des modernen Geſchmacks,
der für dieſe beweglichen Helzwerke eigene Bildungen an
Stelle entlehnter Architekturformen begehrt. In den
Teppichen und Tapeten dominiren ruhige Farbenflächen,
die durch ein großliniges Muſter belebt ſind. Die Licht-
kronen für elektriſche und für Gas-Beleuchtung laſſen das
Prinzip der Beleuchtung erkennen und zeigen eigenartige


materials. Zu loben iſt meiſt auch die Zeichnung der
Metallbeſchläge. Eine wirkungsvolle künſtleriſche Geſtaltung
hat ein Tafelaufſatz mit einer Stufenfolge von Erucht-
ſchalen erhalten, ſowie ein Paar Tafelleuchter, deren fünf
Arme als ſtiliſirtes Geäſt eines Baumes entwickelt ſind.
vornehm wirken beſonders die in Plattſtich ausgeführten
Zeichnungen mehrerer Decken aus Leinen, Seide, Moirse
und Sammet, In größerer Auswahl ſind endlich Schmuck-
ſachen, Broſchen, Gürtelſchnallen, Ohrringe, Ringe, Haar-
kämme u. ſ. w. vorhanden, die gleich den übrigen metall-
arbeiten Dreßlers das Figürliche verſchmähen und nur aus
goldenen bezw. vergoldeten Bankenbildungen geſchmackvoll
komponirt ſind, unter ſpärlicher Verwendung von Edel-
ſteinen, Perlen, Korallen oder Email. Die umfaſſende
Ausſtellung der Arbeiten Dreßlers verdient die eingehende
Cheilnahme Aller, die mit derartigen neuzeitlichen Be-
ſtrebungen überhaupt ſympathiſiren.

S
KunflkeBroniß,

»Berlin. Für Anfang Dezember hat die hieſige
„Sezeſſion“ die Eröffnung einer Ausſtellung von gra-
phiſchen werken deutſcher Künſtler vorbereitet.

Koburg. Im Aunſtverein iſt von der Aürn-
berger Firma G. Leykauf eine Kollektion von Arbeiten
des modernen Kunſtgewerbes zur Zchau geſtellt.

*Weimar. Hier wurden 55 Gelgemälde und 350
Aquarelle, Paſtelle, Zeichnungen und Badirungen aus dem
Nachlaß des jüngſt verſtorbenen Landſchaftsmalers Frhrn.
v. Gleichen-Rußwurm ausgeſtellt.

Freiberg. Für das Gymnaſium Albertinum hat,
im Auftrage eines Komités, der Dresdener Maler
K. Böhninger ein Porträt des Königs Albert von Sachſen

emalt.

8 Leipzig. Kunſtverein. Eröffnet iſt eine Sonder-
ausſtellung von Werken von Prof. Aarl Seffner. Sie
umfaßt Büſten von Beethoven, Mozart, Sebaſtian Bach,
Geh. Rath Prof. Müller 7, Oberbürgermeiſter Dr. Georgi,
Dr. Moritz Buſch 7 u. a., außerdem ſind neu ausgeſtellt
Gemälde von G. Schachinger in München, Fritz Wucherer
in Frankfurt a. M, Karl Bothe in Hamburg, Hugo Dogel
in Berlin und eine lebensgroße weibliche Statue von Arthur
Volkmann in Bom.

* Bamburg. Commeters Kunſtſalon bietet dem
hieſigen Publikum zum erſten Male Gelegenheit, eine
größere Sammlung ſchottiſcher Malereien aus der Schule
von Glasgow kennen zu lernen.

»Breslau. Kunſtverein-Lichtenberg.! Die
letzte Ausſtellung enthielt Porträts von Walther Witting,
Dresden, und Max Kruſemark, der nicht weniger als neun
Aufnahmen der Erbprinzeſſin von Meiningen zeigt. Außer-
dem enthält die gegenwärtige Sammlung Werke von Larl
Bennewitz van Loefen, Schraͤmm-Zittau, K. Fehr, H. Kober-
ſtein, Mar Merker, ſowie der Bildhauer Boeſe und Kiefe-
walter. ;

* Breslau. In den intereſſirten Kreifen erregt es
Befremden, daß der mit dem L. Preiſe ausgezeichnete Ent-
wurf eines Monumentalbrunnens von Prof. Chr.
Behrens, beſtimmt für den Platz bei der Univerſität, noch
immer nicht zur Ausführung gelangt. Behrens hat hier
in dekorativ wirkſamer Anordnung die Geburt der ge-
panzerten Pallas aus dem Haupfe Jupiters, in Gegen-
wart der „Göttinnen“ der vier Faͤkultäten, dargeſtellt. Am
Fuße eines Felſens entſpringt die Quelle, während ein
Gbelisk hinter der Minerva das Ganze energiſch krönt.

* Barmen. Die Ausſtellung des Kunftvereins in
der Ruhmeshalle brachte zuietzt eine Anzahl Bilder des


„Seelenfrieden und Sinnenluſt!, mit Tizians Himmlilcber.
und Irdiſcher Liebe“ zu rivaliſiren ſcheint., Don großten
Intereffe iſt dem Publikum „Noahs Weinſchänke“ des
 
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