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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 12
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Leipzig: Ausstellung von Farbendrucken
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Kunstchronik
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0215

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Yr 412


Die dritte Hauptaruppe umfaßt die Reproduktions-
technik. Sie wird eingeleitet durch eine retroſpektive Ab-
theilung, die höchſt intereſſante, frühe Arbeiten ſeit den
Zoer Jahren enthält. Dann folgen die Tiefdruckverfahren,
die Hochdruckverfahren (Drei- und Mehrfarbendruck), die
Flachdruckverfahren (Cichtdruck und Lithographie) und end-
lich die Kombinationsdrucke. Auch hier finden ſich glänzende
Belege der entwickelteſten Technik, vieles ganz Neue und
zahlreiche ausländiſche Arbeiten. Auch dieſer Abtheilung
iſt noch eine kleine Gruppe angegliedert, die die Farbe im
eigentlichen Buchdruck behandelt. ;

Iſt die Ausſtellung auch nicht erſchöpfend, ſo bietet
ſie doch ein ſo unſchätzbares Material zu Studien und
vergleichen, daß wir uns eine reiche und tiefe wirkung
von ihr verſprechen dürfen. Sie ſoll bis Mitte April
dauern. Ein ausführlicher Katalog iſt erſchienen und von
der Geſchäftsſtelle des Deutſchen Buchgewerbevereins,
Leipzig, Dolzſtraße ı, zu beziehen.


Runſtehronik.

»Berlin. Maler Fritz Grotemever, ein Meiſter-
ſchüler A von Werners, hat ein großes Geſchichtsgemälde
für Münſter i. W. vollendet, das die Friedensverhandlungen
im Rathsſaale zu Münſter 1648 zum Gegenſtand der Dar-
ſtellung hat. Das deutſche Kaiferpaar hat das Bild in
der Akademie kürzlich beſichtigt, und der glückliche Maler
wurde durch Verleihung des Kronenordens IV. Klaſſe aus-
gezeichnet. Er hat in den Mittelpunkt ſeiner Kompoſition,
von dem Recht des Künſtlers und Patrioten guten Gebrauch
machend, die Figur des kurbrandenburgiſchen Geſandten
Prinzen v. Savn-Wittgenſtein geſtellt, im vollen Lichte am
grünen Tiſch, angethan mit einem Gewand aus reichem
Zilberbrokat. „In ausdrucksvoller Haltung giebt er der
Derſammlung die Bedingungen des Großen Kurfürften
kund. Der zunächſt ſitzende ſpaniſche Graf de Penueranda
folgt den Ausführungen an der Hand einer großen Land-
Farte. Würdevoll nehmen Graf Mar v. Trautmannsdorf“
Piccolomini und der Franzoſe d'Avaux die Plätze auf der
erhöhten Vorſtandstribine ein.“ Von erheblicher Schönheit
iſt auch alles Stoffliche der Rieſenleinwand (2: 4 m):
die eichengeſchnitzten Holztäfelungen des Friedensſaales in
theils gothiſchen, theils Spätrenaiffance-Formen, der von der
getäfelten Decke herabhängende, um ein mächtiges Hirſch-
geweih geſchmiedete gothiſche Reifen kronleuchker. Aber
rein kunſtgeſchichtlich betrachtet, iſt die Bedeutung dieſes in
der alten Bichtung eines Delaroche und Gallait ge-
ſchaffenen Werkes natürlich nur eine ziemlich minimale.

»Dresden. Mit der künſtleriſchen Ausfchmückung des
Treppenhauſes im Albertinum“ iſt Prof. Bermann
Prell jetzt his zur Vollendung der Architektur gediehen,
die eine völlig neue Eintheilung und Dekoration ſämmt-
licher Wandflächen zeigt. Der Raum erſcheint durch diefe
durchgreifende Deränderung doppelt ſo groß als früher.
Aur die hier vorgeſehenen Moſaiken fehlen noch, ſie
kommen erſt im nächſten Winter hinzu. Das monumentale
Deckengemälde „Titanenſturz“ wird mohl zu Anfang
des Sommers in Tempera auf Teinwand fertig, jedoch nicht
früher an Ort und Stelle angeordnet werden, bis alles
Mauerwerk abſolut trocken iſt. So wird ſich hoffentlich
Helegenheit finden, dieſe formen- und farbenkühne Malerei
Prells vorher in einer der großen Ausſtellungen dieſes
Sommers zu bewundern. Eben i{t der Künſtler dabei, an dem
Marmor der beiden koloſſalen Riſchenfiguren „Prometheus“
und „Aphrodite! die letzte Neberarbeitung eigenhändig vor-
zunehmen hollendet find ferner die Kartons der Aphro-
dite⸗wand mit der Darſtellung der von Grazien geleiteten
„Europa“. Die Ausführuns der Wandbilder al kréscò
wird vorausſichtlich im Juli degonnen werden können, ſo-
daß das halbe Treppenhaus bis zum Herbft fertig ſein

dürfte. Für die Sockelflächen iſt durchweg ein ſchöner
violetter Naſſauer Marmor gewählt worden.
Düſſeldorf. Prof! Fritz Röber malt gegen-
wärtig ein Porträt des deutſchen Kronprinzen. — Der bild-
neriſche Schmuck am Giehelfelde des Haupteingangs des
neuerbauten Kunſtausſtellungspalaſtes, von dem jungen
Bildhauer Karl Heinz Müller, einem Schüler von Profeffor
Karl Janſſen, verſinnbildlicht die Aufgabe der Kunſt:
Prometheus bringt das dem Zeus entwendete Feuer vom
himmel herah zur Erde, und die Kunft empfängt durch
ihn die göttliche Flamme dex Begeiſterung. Sie fpendet
auch der Induſtrie und dem Handwerk Nahrung.
»Wien. In hieſigen Architektenkreiſen hat die Idee
eines „Kunſtamts“ Wurzel gefaßt. Die neue Grün-
dung ſoll mit Hülfe der „Sezeſſion“ und des „Hagenbund“
ins Leben treten. Das „Kunfjtamt“ ſoll eine berathende
Behörde für den öſterreichiſchen Kultusminiſter werden.
Das Wiener „Dtſch. Volksbl.“ ſchreibt: Dieſes aus „Mo-
dernen“ gebildete „Uunſtamt“ iſt nichts Anderes, als ein
Schutz- und Crutzbündniß zur Abwehr aller älteren Kunſt-
anſchauungen und eine Verſicherungsgeſellſchaft zur För-
derung gemeinſamer Intereſſen. Dem „Kunſtamt“ follen
alle die Geffentlichkeit betreffenden künſtleriſchen Fragen, alle
Projekte, Entwürfe und Modelle zur Begutachtung und
Entſcheidung vorgelegt werden. Wo bleidt da die viel-
geprieſene Freiheit der Kunſt? Iſt es vielleicht nicht
eine Einſchränkung, wenn die Kunſt einer Behörde unter-
ſteht? Einer Behörde, die wie ein Aichungs- oder Pun-
zirungsamt den entſprechenden Arbeiten den Stempei der


hörde vielleicht nicht wieder das Kliquen- und Protektions-
weſen in ſchönſter Triebkraft emporwuchern? ...“ Bei der
herrſchenden, ſezeſſioniſtiſchen Strömung im öſterreichiſchen
Unterrichtsminiſterium iſt anzunehmen, daß auch noch dieſer
ſezeſſioniſtiſche Mumpitz, das „Hunſtamt“, zur Oerwirklichung
gelangen kann.

»London. Daß man in London gelegentlich auch
einem Ausländer einen offiziellen künſtleriſchen Auftrag
ertheilte, giebt einem einflußreichen engliſchen Blatte Der-
anlaſſung zu einem Ansfall gegen die Begierung. Der
deutſche Kaifer habe einem heimiſchen Künſtler den Auf-
trag ertheilt, das Kommando des Admirals Seymour: the
Germans to the front, zu illuſtriren. „Wir können ſicher
ſein, daß, wenn die Beſtellung ergangen wäre, für einen
der königlichen Paläſte in England ein ähnliches Bild zu
malen, der Auftrag nicht an einen Landsmann des braven
„Tommys“, ergangen wäre, ſondern an einen Ausländer,
vielleicht gar an einen ſolchen, der unſere Soldaten und
Offiziere mit Schmähungen und Beleidigungen bewirft. Das
ſcheint wenigſtens jetzt zur Gewohnheit geworden zu ſein.
Wenn es keinen engliſchen Künſtler giebt, der faͤhig iſt,
einen brauchbaren Entwurf für die engliſchen Briefmarken,
die Münzen oder die Krönungsmedaille zu liefern, ſo wäre
es doch am beſten, unſere Akademien und Uunſtſchulen zu
ſchließen und unſere künſtleriſche Unfähigkeit einzugeſtehen.“

5
Nusstellungen.

Berlin Große Berliner Kunſtausſtelluns
1902. Der Endtermin der Einſendungen iſt auf den
3. April feſtgeſetzt worden. — Im Lichthofe des Kunft-
gewerbe-Muſeums war eine große Zahl von Hand-
zeichnungen von Joſef Sattler ausgeſtellt, die Griginale
der Abbildungen zu dem Werk „Geſchichte der rheiniſchen
Städtekultur” von Heinrich Boos. Freiherr Heyl zu Herns-
heim, der Beſteller dieſes Werkes, hat die Griginalzeich-
nungen Sattlers für die Ausſtellung geliehen. — Bei Ed.
Schulte hat der Berliner Landſchafter Max Fritz in einer
Fünfzahl von kleinen märkiſchen Schilderungen von Veuem
den Beweis erbracht, welche feinen maleriſchen Reize und
Stimmungen in unſerer engern Heimath zu finden ſind;
allerdings gehört das koloriſtiſch-zeichneriſche Feingefühl
und die eminente Pinſelſicherheit dieſes beſcheidenen
Künftlers dazu, um die köſtlichen Wirkungen dieſer Bildchen
zu geben. — Im Künſtlerhauſe hat Prof. Friedrich
Kallmorgen, der ausgezeichnete Meiſter, Beobachter des
Lebens und Landſchafter, der jetzt zu den unſerigen zählt,
 
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