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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 11
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Pinkus, Lazar Felix: Tendenziöse und moralisirende Kunst
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Das Palais Lanckoronski in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0191

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Vr. ıl


hier alles verhüllt durch den zarten durchſichtigen
Schleier einer verſtändigen Symbolik. Und dieſe
Betrachtung lenkt uns auch auf den richtigen Weg.
Das Tendenziöſe und Moraliſirende wird in der
Kunſt nicht immer zu vermeiden ſein. Dann ſoll es
jedoch ſo gegeben werden, daß ſich äſthetiſche Be-
denken dagegen nicht erheben laſſen. Das Schönheits-
gefühl darf der Tendenz zu Liebe nicht verletzt
werden. Deshalb wähle der Künſtler ſymboliſche
Darſtellung, wo er Kulturintereſſen vertreten will.
Dann wird er das Schöne nicht verletzen und handeln
nach den Worten Hoethes:

„Komm, hebe Dich zu höheren Sphären,

Wenn er Dich ahnet, folgt er nach“.

*
Das Palais banckoronski
in Wien.

in wohlthätiges Unternehmen iſt es, das den

Wiener Kunſtfreunden eine Beihe von höchſt

lohnenden Beſuchen ſonſtverſchloſſener Paläſte,
Sammlungen und Künſtlerateliers bequem ermöglicht.
Dieſe in den Wiener Blättern ausfüßhrlich be-
ſprochenen „Aunſtwanderungen“ ſind noch im Augen-
blick nicht abgeſchloſſen, denn die Zahl ſehenswerther
Sammlungen iſt hier größer, als man auswärts
glaubt, und vor allem beſitzt Wien eine Anzahl be-
rühmter Adelspaläſte von einem blendenden Reichthum
und wirklich diſtinguirten Geſchmack der Ausſtattung.
Ein ſolcher Edelſitz, das Palais Lanckoronski am
Ende der Jacquingaſſe, hat ſich kürzlich den Blicken
der wißbegierigen Beſucher geöffnet, und was dieſe
im Innern des von einem Park umſchloſſenen Ge-
bäudes bewundern durften, die Fülle von Uunſt-
ſchöpfungen aus früheren Jahrhunderten und jüngſten
Epochen, beſchreibt ein in der Wiener „Reichswehr“
abgedruckter Artikel von R. Eiſenmenger, dem wir
das Nachfolgende entnehmen:

Abſeits von dem Lärm des Alltags, in jenem
Theile Wiens, der mit Vorliebe von Tünſtlern zur
Wohnſtätte gewählt wird, liegt das vornehme Paldis
des Grafen Karl Lanckoronski-Brzezie — des
„Kunftgrafen“, wie ihn voll Anerkennung die Wiener
Künftlerfchaft nennt. Der ſtattliche Bau im Barock-
tyl um 1700 gedacht, iſt nach den Angaben des
Bauherrn von Fellner und Helmer errichtet worden.
Wie das ganze Haus, trägt auch jeder Raum höchſt
perſönlichen Charakter. So kommi es, daß trotz der
unendlichen Fülle der hier angeſammelten Kunſtſchätze
von ſeltenem Werthe nie der Eindruck hervorgerufen
wird, den ein Muſeum auf den Beſucher übt, fondern
ſtets das Gefühl des Verweilens in einer Privat-
behauſung, allerdings in dem Heim eines begeiſterten
Aunſtfreundes. Und dieſe Empfindung erfährt mit


thut, lebhafte Verſtärkung und Vertiefung. Der
Name des Grafen Lanckoronski beſitzt nicht nur als
der eines Kunſtförderers beſten Klang. Die Aus-
ſtellung, welche der Graf nach der Rückkehr von
ſeiner Weltreiſe im Jahre 1889 im HNandelsmuſeum
veranſtaltete hat vielen Wienern Gelegenheit geboten,
manch tiefen Blick in eine fremde Kultuͤr zu thun.

In dem Buche „Um die Erde“ hat Graf Cancko-
ronski dieſe Beiſe, auf der ihn der Maler £. H.
Fiſcher begleitete, in perſönlicher, aber gerade darum
um ſo mehr feſſelnder Weiſe geſchildert. Das Pracht-
werk, welches der Graf über ſeine Theilnahme an
der Freilegung und Durchforſchung der alten Städte
Pamphyliens und Piſidiens veröffentlichte, trug ihm
die Ernennung zum Ehrenmitgliede der Wiener
Akademie der Wiſſenſchaften ein. . . .

Rang und Anſehen des Beſitzers konnten daher
den Beiz, den der Beſucher dieſes Palaſtes in Aus-
ſicht ſtellte, nur vergrößern. Gleich beim Eintritte
in das beſtibül fallen dem Beſucher werthvolle
kunſtwerke ins Auge. Antike Büſten neben und über
den Seitenthüren, antike Beliefs auf kleinen Poſta-
menten, Fresken und ideale Architekturſtücke aus dem
Anfang des 18. Jahrhunderts. Für den „grünen
Salon“, den man vom Veſtibül aus betritt, iſt in
der Ausſtattung der gleiche Zeitcharakter feſtgehalten.
Die Supraporten und der Gfenſchirm ſtammen von
Hugo Charlemont. Weiter enthält der Baum ein
großes Porträt des Königs Auguſt III. von Polen,
kleine Beiterbilder der Kaiſerin Maria Thereſia und
des Kaifers Franz I. und eine kleine Terrakottabüſte
der Kaiſerin Eliſabeth. Auch das anſtoßende „grüne
kKabinet“ zeigt zumeiſt Porträts. Auf einem Tiſchchen
ſteht eine prachtvolle Büſte der Erzherzogin Sophie.
Ein ovales Frauenbildniß von Longhi; ein Doppel-
bild Jordaens' des Zeitgenoſſen und Landmannes
Rubens' die Familie Händel von Soffani, die Re-
produktion eines Panneaus aus dem Foyer der Pariſer
Großen Gper von dem genialen Paul Baudry, und
noch gar manches Schöne befindet ſich in dieſem
kabinet. In der Paſſage zum Speiſezimmer ſind
prachtvolle Gobelins, holländiſches Küchenſtück und
Stillleben, Holzſchnitzwerk von einem japaniſchen
Tempel und eine Marmorbüſte der Grafen d'Orſay
aus dem 18. Jahrhundert zu ſehen. Das Speiſe-
zimmer ſelbſt enthält grandioſe Tapiſſerien aus der
Zeit der vierzehnten Ludwig, darunter eine die
Wand bedeckende „Verherrlichung des Sonnenkönigs“.
Im Saale ſtehen auch drei Büſten von Vorfahren
des Hausherrn. Eine Supraporte ſtammt wieder
von Hugo Charlemont, eine zweite von dem Franzoſen
Mouilleron.

Der prächtigſte Raum des Hauſes und in ſolch
ſtylvoller Schönheit wohl kaum ein zweites Mal in
Wien zu finden, iſt die große Halle, in die man
von dem Speiſezimmer aus gelangt. Es iſt der
Mittel- und Houptraum des ganzen Palaſtes. Im
Einklange mit der Bedeutung dieſes Saales ſteht.
der in ſeiner koloſſalen Reichhaltigkeit faſt verwirrende
künſtleriſche Schmuck. An der zur Gallerie führenden,
mit prachtvoll in Holz geſchnitztem Geländer ver-
ſehenen Stiege fällt ein Gobelinſchirm in vergoldeter
Holzumrahmung aus der Zeit Ludwigs XIV. auf.
Davor befinden ſich eine moderne japaniſche Bronze,
ein mächtiger Adler, und die Büſte des polniſchen
Feldherrn Czarniecki, eine italieniſche Arbeit. Der
Thür zum Speiſezimmer gegenüber ſteht eine alt-
japaniſche Bronzeſtatuette eines Daimio und eine
Bronzepaſe gleichen Urſprungs aus einem Tempel,
von hölzernen, vergoldeten Lotosblumen umrankt,
über mannshoch. Hinter dem Schreibtiſch ſteht die
Büſte König Sobieskis von Zumbuſch. Eine alt-
japaniſche Buddhaſtatuette aus Bronce und eine
wunderbare Altlacktafel, die eine in Japan gefertigte
Anſicht der Peterskirche in Rom zeigt, fallen weiler
auf. Zwei Komoden zeigen Panneaux von Derni
 
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