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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 17
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V. Ausstellung der Berliner "Sezession"
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Pudor, Heinrich: Die Karlsruher-Jubiläums-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0302

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* 2 — — —

Hr 17

jüngerer Künftler derartige Fragen auf, {o Muß man ihm,
ob man will oder nicht, mehr als flüchtige Aufmerkſamkeit
widmen. Ein anderer Berliner, M. Brandenburg,
zeigt zwei neue Difionen ſeiner romantiſchen Phantaſie:
„Hoch oben“ — das iſt ein ritterliches Sonntagskind, vor
deſſen hochgerichteten erſtaunten Blicken ſich die weiß
ſchimmernden, ſchwimmenden Wölkchen des blauen Himmels
in blüthenhaft duftige Mädchen- und Kinderleiber ver-
wandeln — ferner „Kadmus“, durch deſſen Drachenſaat
wildbärtige Bieſen den Erdfurchen entſteigen, um ſich
gegenſeitig anzufallen und zu morden. L. v. Hofmanns
„Verlorenes Paradies“ und „Badende Mädchen“ geben de-
korative frühlingsmäßige Wirkungen in gut gezeichneten
jugendlichen Akten und der dieſe umgebenden helltönigen
Landſchaft. Franz Staſſens ſchon früher genannte
„Kreuzabnahme“ möchte ich, trotz der Anlehnung an ge-
wiſſe Vorbilder, bei allem Geſuchten und Perſchrobenen
im Formalen, dennoch als eine farbenſatte, effektvoll be-
leuchtete und empfindungstiefe Kompoſition allgemeiner
Beachtung empfehlen.

Wenn die Sezeſſion auch in W. Leiſtikow und
Ph. Frank zwei begabte heimiſche Dertreter der ſtiliſirten
und der realiſtiſchen Naturdarſtellung beſitzt, ſo iſt ihr doch
durch den Fortgang mehrerer ihrer beſten Landſchafter, wie
Dettmann, Uth, O. Frenzel, Freudemann ıc., gerade auf
dem wichtigſten modernen Aunſtgebiete eine dieſes Mal
ſehr bemerkte Lücke entſtanden.

Die Abtheilung,Plaſtik“ umfaßt kaum 40 Nummern;
aber es ſind einige ausgezeichnete Stücke von Meiſtern
wie Rodin, Ad. Hildebrand, W. Klinger, Tuaillon darunter.
Eine ſtark bewegte kleine Gruppe „Verſuchung des Hl.
Antonius“ von Rodin ſucht in Marmor durch Verſchwommen-
heit der Form das Vifionäre auszudrücken.
erſcheinen eine Sandalenbinderin in Bronze von A. Kraus,
A. Volkmanns Marmorrelief „Satyrtanz“ und Tuaillons
Modell einer Kaiſer Friedrich-Keiterſtatue, Werke von drei
kKünſtlern, die in Rom leben. Außer den ſchon gewürdigten
Büſten Max Klingers fehlt es in dieſem Jahre an wirk-
lich guten plaſtiſchen Bildniſſen. Aber einige hübſche
Thierbronzen von dem Pariſer Gardet und dem Berliner
Auguſt Gaul ſind vorhanden. ; G. G.

*

Die Rarlsruher- Jubiläums-
Husstellung.

von
Dr. Heinrich Pudor.

I

Endlich eine Kunſtausſtellung, welche das Kunſt-
gewerbe als gleichberechtigt anerkannt hat! Und
zudem, was die Malerei betrifft, eine der bedeutend-
ſten Ausſtellungen, die es in den letzten Jahren ge-
geben hat, zu vergleichen vielleicht nur mit der un-
vergeſſenen International Mhibition des Jahres
1899, die von Whiſtler in Szene geſetzt war. Zu-
fällig finden ſich auch einige der Künſtler, die dort
am ſtärkſten wirkten, hier vertreten, theilweiſe mit
denſelben Bildern, wie George Sauter mit ſeinen
Bildern aus dem Jahre 1899 „Zonate“ und „Mutter-
ſtand“, während das meiſterhafte Porträt Peter
Cornelius' leider fehlt. Uebrigens erinnert dieſe




Künſtlers gehört, einigermaßen an Whiſtlers Bild.
Auch Charles H. Shannon iſt hier mit mehreren
Bildern vertreten: „Verwundete Amazone“,„Der Mann
im ſchwarzen Mantel“, dieſes nicht eines ſeiner beſten,
und ein Damenbildniß in ſilbergrauem Ton, der nur
durch das dunkle Haar aufgehoben wird. Ferner
tritt unter den Engländern beſonders John Lavery
hervor, der nicht weniger als fünf Bilder geſchickt
hat, unter denen zwar manche bekannte, aber auch
ſeine beſten ſind: „Die Steinbrücke“ wurde voriges
Jahr in der Glasgower Akademie zum erſten Mal
ausgeſtellt. Dort wirkte ſie weit günſtiger, hier hat
man ſie zu hoch gehängt. Man muß im Allgemeinen
Einwände gegen das hier getroffene Arrangement
erheben. Das Gebäude ſelbſt präſentirt ſich aller-
dings innen wie außen ſehr günſtig und macht ſeinem
Schöpfer, dem Architekten Prof. Friedrich Ratzel, Ehre.

Gleich beim Eintritt wird der Beſchauer in die
richtige Stimmung verſetzt und erhält, wenn er in
den Kuppelſaal tritt, einen großen Eindruck. Denn
dort ſind drei der beſten und größten Segantinis
zu ſehen, das bekannte Triptychon: Werden, Sein,


blickt, auf Gebirgen zu ſtehen, von Gletſchern um-
Die Technik iſt dem
Stoffe angepaßt, wie mit Eiszacken iſt alles gezeich-
net und nur kräftige Farben ſind gewählt. Von
anderen Italienern haben noch Bartolommeo Bezzi,
G. Ciardi, Pio Joris, vor allem aber Baroni ſein
prächtiges Bild LEglise d'or (die Markuskirche m
Venedig) ausgeſtellt. Das letzgenannte Bild iſt ein
Triumph leuchtenden Kolorits: in Silber und Gold,
in Boſen und Flammen jubelt das Licht aus dunkler
Nacht in den klarblauen Himmel. Aus Spanien hat
Parlade Gevilla) „zwei gute Freunde“ aus dem
Jahre 1899 und „Tanzſtunde“ aus dem Jahre 1900
geſandt, R. Caſas ſeine bravourhaft gemalte, tech-
niſch ſehr intereſſante „öffentliche Hinrichtung“.
chweden und Norwegen ſind nicht gut ver-
treten. B. Liljefors, J. Thaulow, E. Werenskiöld
haben ausgeſtellt, aber nicht ſonderlich Bedeutendes.
Halfdan Ström, Chriſtiania, hat eine ſehr realiſtiſche,
aber ſonſt wenig modern gehaltene „Beſtauration“
geſchickt. Mit zwei prächtigen Landſchaften führt
fich Heſſelboom, Stockholm, ein. Finland fehlt ganz.
Aus Rußland hat Kalmpkoff eine mit hervorragendem
techniſchen Geſchick gemalte „Parade in Moskau“
geſandt. Ein echt ruſſiſches Bild iſt „die Alte“ von
Philippe Malivine. *
Ganz ausgezeichnet iſt Frankreich vertreten.
Es kann keinen größeren Genuß geben, als durch
dieſe franzöſiſchen Säle zu wandern. Da iſt Besnards
„Porträt der Madame Béjane“ aus dem Jahre 1898,
ein Bild, das man nie vergeſſen wird, wenn man es
einmal geſehen, gleich groß in Charakteriſtik, wie
an Leuchtkraft der Farbe. B. Blanche hat ein gutes
Bild „die Damen C. beim Thee“ geſchickt, G. Berges
die „Beſichtigung eines Hüttenwerkes nach einer
Soirée beim Direktor“, ein techniſches Experiment,
das man nicht gerade als gelungen bezeichnen kann,
denn die Farben über dem Feuer und Rauch des
Hüttenwerkes ergeben mit den Farben der Geſell-
ſchaftstoiletten keine harmoniſche Suſammenwirkung.
Carolus Duran hat eine Porträtſtudie „Albert Wolff“
geſchickt, welche ſcharfe Charakteriſtik zeigt, während das
Bild des Malers Thaulow techniſch nichts Beſonderes
bietet und auch nicht tief genug charakteriſirt iſt.
G. de Ia Touche belebt das Licht, das Licht iſt für
ihn Aufruhr, Triumph, Leidenſchaft, Haß, Freude,
 
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