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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 24
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Harrach, Max: Die hessische Kunstausstellung
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0428

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Yir. 2

Dautier mit meiſterhaften Schwarzwälder Dorfnovellen.
kallmorgen, Kampmann und Schönleber mit virtuos ge-
malten Landſchaften.

Intereſſant iſt, was die rheiniſchen Sammler von
unſeren „Modernen“ beſitzen. Im Grunde genommen ſehr
wenig; man ſteht hier noch etwas abwartend auf beharrlich
konſervativem Standpunkt. Aber die Führer der Modernen
haben ſich faſt alle mit ihren Hauptwerken eingefunden:
Uhde: („Laſſet die Kindlein zu mir kommen“); Ludwig
Dettmann, Ludwig v. Hofmann, Max Slevogt, Jul. Exter
und Mar Klinger. — Wehr aber als dieſe bisher ge-
nannten Werke intereſſirt die Abtheilung der Maler, die
den Begriff Heimathkunſt repräſentiren. Da iſt in
erſter Linie der frühverſtorbene Heinz Heim. Seine


ſind mit wirklichem Verſtändniß ſtudirt und geſchildert. Die
Darmſtädter Maler Hans Chriſtianſen, Wilh. Bader,
Adolf Beyer, Rich. Hölſcher, Aug. Wondra und die große
Anzahl der in München, Berlin, Karlsruhe und Dresden
ſchaffenden heſſiſchen Maler geben mit ihren Arbeiten ein
reiches Bild heimathlichen Kunſtſchaffens. Auch die Hrank-
furter ſind mit einer Reihe Namen vertreten, u. A. Böhle,
Altheim, Roßmann, Happ, Kruſe u. A.

Recht ſpärlich iſt die Plaſtik vertreten. Um ſo präch-
tiger aber iſt der Eindruck der alten Meiſter, die der
Gallerie Heyl, der Sammlung Valkenberg u. A. entſtammen.
Da iſt z. B. ein Bild eines Altdeutſchen Meiſters (Unbe-
kannt), eine ganz prächtige „Madonna“ auf Goldgrund
mit einem Kranz ſingender Engel. Zwei Bilder von
Anton Woenſam ( 1541) und ein Holbein ſind weiterhin
bemerkenswerth. — Hohes Intereſſe erwecken die alten
Niederländer. Da iſt eine große „Frühſtücksſzene“ von
Molenaer (1600—1668), ein paar prächtige Porträts von
van Dyck und Franz Bals; von dem Frankfurter Elsheimer,
Ruisdael, van der Neer ſind treffliche Landſchaften, von Rubens
eine in der Fülle ihrer ſchwellenden Körperfülle prangende
„Madonna“. Grotesk in der Derbheit der Komik ſind die
Bauernbilder von D. Teniers, fein in Zeichnung und
Kolorit ein „Genre“ von Terborch. Die alten Nieder-
länder bilden einen Glanzpunkt in der Wormſer Aus-
ſtellung, der man im Intereſſe heimathlicher Kunſtpflege
einen weitgehenden Erfolg wünſchen darf.

%
Berliner Kanstschau.

Sabon Eod. Schulte.

nders wie die vorjährige „Nachlaß“-Ausſtellung

Böcklins nimmt ſich dieſes Mal hier eine Sieben-

zahl von Gemälden des großen Schweizer Malers
aus, die — bis auf ein Stück — gewiſſermaßen auch eineNach-
laß⸗Ausſtellung“ repräſentirt. Ihr ehemaliger Beſitzer, der
verſtorbene Leipziger Muſikverleger Fritz Simrock, hat ſie
mit feinſtem Verſtändniß zuſammengebracht. Seine Marmor-
büſte von Prof. Carl Seffner iſt ebenfalls ein eminentes
Werk, das in der Schärfe der Ausdrucksformen dem dar-
geſtellten Charakter voll gerecht wird. Im Mitttelpunkt
dieſer Sammlung ſteht Böcklins grandioſes Meeresidyll von
1875, das dem ganzen Saale ein wahrhaft ideales Gepräge
verleiht. Die anderen Bilder: Toteninſel von 1880, Herbſt

gedanken von 1886, die Tochter der Herodias von 1891,
der Hl. Antonius predigt den Fiſchen von 1892, ſind, bis
auf die jüngſte, poeſie- und farbenvolle Kompoſition „Pan
und Dryaden“ von 1892, ſo bekannt, daß hier ihre Be-
ſprechung überflüſſig erſcheint. Zuſammen mit der braun-
getönten „Ruine am Meer“, die aus dem Beſitz der Schulte-
ſchen Kunſthandlung hinzugefügt wurde, giebt die Samm-
lung doch abermals einen tief eindringlichen Begriff von
der koloriſtiſchen Kraft und Phantaſiefülle der Böckliniſchen
Malkunſt. „Pan und Dryaden“ zeigt den Altersſtil des
Meiſters in der erfreulichſten Entfaltung.

Im Uebrigen hat die I. Ausſtellung der Winterſaiſon
bei Schulte ein ſtark internationales Gepräge, neben völlig
neuen Namen auch mehrere namhafte Künſtler wie die
Skandinavier Axel Gallén und GOtto Sinding, den Pariſer
Porträtiſten de la Gandara, den Genfer Ferdinand Hodler,
den Spanier A. Parlade, der in einem ſtumm neben ein-
ander ſitzenden Paare den Elternſchmerz ſchildert, wie er
beim Anblick des verlaſſenen Kinderſpielzeuges plötzlich er-
wacht — ein lebensgroßes Bildniß von zwar genrehafter,
aber koloriſtiſch ungemein vornehmer Behandlung in Braun
und Schwarz. . . Gallen ſteht uns in dem nur wenig
ſtiliſirten, ſehr ausdrucksvoll beleuchteten Porträt eines
jungen Berliner Schauſpielers am nächſten; während wir
ſeine fantaſtiſch-primitiven Schilderungen, die Manche als
nationale künſtleriſche Erzeugniſſe ſo bewundern, um ehr-
lich zu ſein, nur befremdend finden. Jeder nach ſeinem
Geſchmack, meint das Sprüchwort, aber nicht: Jeder nach
jedem Geſchmack. Auch durch Hodlers harte und ſtrenge
Farben- und Formenſprache werden wir uns niemals er-
wärmt fühlen. De Ia Gandara erſcheint in zwei
eleganten hyperzierlichen Damenfiguren, in denen er ſeinen
perſönlichen Stil aus einer Miſchung von nüchternem Em-
pire und dem Farbenton grüner Seife herſtellt, zwar apart,
aber nicht allzubeneidenswerth. Von den Werken der
übrigen Fremden wiſſen nur noch die ruſſiſchen Schneeland-
ſchaften von Wilhelm Purvit-Riga durch frappante
Einfachheit der Auffaſſung einer einſamen Natur, in der „die
Ruhe eines Kirchhofs“ herrſcht, den Beſchauer ſtärker zu
feſſeln.

Unter den Heimiſchen ſteht Ad. von Menzel mit
einigen geiſtreich gezeichneten Studien aus Privatbeſitz,
Charakterköpfen aus letzterer Zeit, obenan. Daneben
möchte ich beſonders die prächtig gezeichneten Baumgruppen
hervorkeben, die Otto Protzen in mehreren Radirungen
und Algraphien zeigt. Auch R. Schulte im Hofe ſtellt
eine Anzahl Bildniſſe in Gouache und Paſtell aus, die in
Qualität etwas ungleich ſind. Eine zweite Kollektion des
verſtorbenen Müncheners Arthur Langhammer umfaßt
Landſchaften und Bauerntypen, friſch geſehen und trefflich
wiedergegeben. Von dem Zügelſchüler Fr. Eckenfelder ſind
bemerkenswerthe Bilder weidenden Viehes in der kolo-
riſtiſchen Art ſeines Lehrers und Meiſters vorhanden.

G. G.
S
Unsere Abbildung.

Das Schabfunftblatt „Der Waldfee“ von Otto Protzen
hat gegenüber den mit der Nadel gezeichneten Arbeiten
dieſes ſtrebſamen Berliner Künſtlers einen Reiz des Tones
und der maleriſchen Wirkung, dem ſich kein Beſchauer des
Blattes entziehen wird.
 
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