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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 23
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Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [5]
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Pudor, Heinrich: I. internat. Ausstellung für moderne dekorative Kunst, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0409

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Yix. 28


am Pfarrhaus zu Bemagen, die frühgothiſchen Chor-
ſtühle von St. Gereon und aus dem Kölner Dom,
die Altäre aus Dortmund, Köln und Kalkar, ferner
Epitaphien, Grabmäler und Kamine aus Schlöſſern
und Burgen in reicher Zahl, deren einzelne Benennung
ermüdend wirken würde. Auch einzelne bemerkens-
werthe Ausſtattungsſtücke, wie Leuchter, Thürgriffe,
Adlerpulte und figurale Skulpturen fehlen nicht.
Die Tönung, reſp. Färbung iſt wohlgelungen; bei
Bronzen ift der Bronze- und Patinaton, bei Holz-
werken der Holzton, bei farbigen und ühermalten
Skulpturen der polychrome Charakter gewahrt. Dex
hohe Stand der Technik auf dieſen Gebieten iſt auch
hier dem ſchwierigen Unternehmen zu Hilfe gekommen,
und es wäre nur zu wünſchen, daß die in archäolo-
giſcher wie künſtleriſcher Hinſicht gleich werthvolle
Aufgabe eine allſeitige Förderung erfährt. Ohne
Auftbendung erheblicher Mittel iſt eben ein ſolcher
Plan nicht durchzuführen, und es ſollten darum im
Intereſſe der geſammten deutſchen Uunſtforſchung
die ſtaatlichen Behörden an der Förderung der Idee
theilnehmen. Hoffen wir, daß die zuſtändigen Land-
tage bei dem Kapitel Denkmalpflege dieſer Frage
eine nachdrückliche Unterſtützung zu Theil werden
laſſen. Für die ſtaatliche Denkmalpflege iſt die Ab-
formung der meiſten Monumental-Werke ſchon längſt
eine dringende Forderung; die raſche Vexwitterung
wichtiger Denkmäler architektoniſchen und ſkulpturalen
Charakters drängt geradezu zur Feſtlegung in
Duplikaten zur eventuellen ſpäteren Erneuerung.
Hon allen deutſchen Monumenten iſt bisher ledig-
lich der Straßburger Münſter in vollkommener,
den Forderungen der Denkmalpflege entſprechender-
Weiſe abgeformt.

Eine Zammelausſtellung, die bereits ins Gebiet der
gewerblichen Künſte hinüberweiſt, aber wegen des zum
Theil ausgeſprochen retrofpektiven Charakters wohl mit
in dieſer Beihe genannt werden kann, iſt die Japan-
Kollektion von Profeſſor Georg Oeder-Düſſeldorf.
Von der mittelalterlichen Kunſt der rheiniſchen Lande
zur Kunſt des fernen Inſelreichs im Gſten unſeres
Erdballs iſt ein weiter Schritt — und doch finden
wir bei aller ſcheinbaren Gegenſätzlichkeit eine leiſe
Harmonie, die wie ein unſichtbares Band die Kunſt-
äußerungen aller ziviliſirten Völker dieſer Welt um-
ſchiingt. Auch Japans Kunft iſt durch einen jahr-
hundertelangen Entwickelungsprozeß geläutert und ge-
reinigt worden. Bohes Stilempfinden iſt durch eine
edle Geſchmacksbildung verfeinert und vervollkonumnet
worden. Aber ein Dorzug zeichnet Japans Kunft
vor der abendländiſchen aus: Sie iſt aus ſich ſelbſt
heraus entſtanden, unbehelligt von fremdländiſchen
Einflüſſen und Strömungen, was man bekanntlich
von der abendländiſchen Kunſt nicht behaupten kann.
Bildet doch gerade in den letzten Jahrzehnten
der „Japanismus“ bei Manet, Wiſthler und den
Schotten, bei modernen Illuſtratoren und Uunſtge-
werblern ein eminent ſtimulirendes Element zur
Begenerirung des „Kunſtſtils“ in modernem Sinne.
— Die Gederſche Sammlung verräth den feinſinnigen
und verſtändnißvollen Sammler. Alte koſtbare Kera-
miken und wunderbar erhaltene Lackarbeiten, ſtilvolle
Schwertzierrate und raffinirt gemachte Metallarbeiten
wechſeln mit originellen Holzfarbendrucken und Büchern,
die einem Spezialforſcher dieſer intexeſſanten Kunft
eine reiche Fundgrube kunſtwiſſenſchaftlicher Forſchung
bieten. In der Abtheilung Malerei ſind Werke be-
deutender Künſtler Altjapans in gut erhaltenen
Exemplaren vertreten.

IS ET

Turin:
I. Internat. Hussfellung

für moderne dekoratipe Kunst.
Von Dr. Heinrich Pudor.

er erſte Raum, durch welchen man, wenn

man von der großen Mittelhalle des Haupt-

Ausſtellungsgebaͤudes kommt, die Ausſtel-
lung „Germanias“ betritt, iſt als Veſtibül von
Prof. Behrens entworfen, macht indeſſen einen der-
artig feierlichen, ja ſchwermüthigen Eindruck, daß
man mehr an eine Gruftkapelle erinnert wird. Die
wände haben tiefe Niſchen und tragen als Grna-
mente ſteile Spitzbogen, in der Alitte des Raumes
befindet' ſich eine Quelle, deren Brüſtungen mit ſtyli-
ſirten Frauengeſtalten geſchmückt ſind, wobei die Arme
derſelben in die ſchmiedeeiſerne Brüſtung übergehen.
Der Raum iſt ziemlich ſpärlich. erleuchtet durch ein
in der Mitte der Decke befindliches Oberlichtfenſter
mit buntem, vorzugsweiſe gelbem Glas, das reinen
Wiederſchein in dem Wäſſer der uelle findet.
Dieſer Raum, der manches Hriginelle hat und ſicher-
lich „wirkt“, iſt zugleich Bepräſentationsraum des
hamburgiſchen Kunftgewerbes, das ſich aus gezeichnet
repräſentirt. Beſonders erwähnt ſeien die Bildteppiche
von Ida und Charlotte Brinckmany, die prächtigen
Tapiſſeriearbeiten von Frl. Emma Müller, ausgeführt
in der Gewerbeſchule für Mädchen, Hamburg, unter
Leitung von SFrl. Wally Buhbe, die Bucheinbände
nach Entwürfen G. Schwindrazheims, ſowie die Gold-
ſchmiedearbeiten von M. H. Wilkens Söhne in Ver-
bindung mit H. Allerding und die trefflichen Silber-
arbeiten von Alex Schönauer. Beſondere Erwähnung
verdienen die vortrefflichen Arbeiten des Keramikers
Bermann Mutz in Altona, die ſowohl in techniſcher
wie in künſtleriſcher Beziehung die gerade auf dieſem
Gebiete ſo lebhaft enibrannte Konkurrenz nicht zu
fürchten brauchen. Das hamburgiſche Kunſtgewerbe
zeigt im Allgemeinen ſehr liebenswürdige Zeiten, es
iſt ſtark national charakteriſirt, es zeigt Solidität und
bevorzugt kräftige Formen und eine wohltkuende
Rückfichtnahme auf den Gebrauchszweck und auf das
Material (vergleiche z. B. die trefflichen Lederarbeiten
von Georg Huͤlbe). Behrens hat auch in der Wahl
der Verglaſung, die ihm von G. Engelbrecht geliefert
wurde, einen fehr glücklichen Griff gethan, indem er
zu dem ſchweren Grau mit dunkelbraunen, Zwiſchen-
tönen des Innenraumes eine weſentlich gelbe Farben
enthaltendẽ Oberlichtfenſterverglaſung wählte. Aehn-
liches that Möhring in ſeinem eine Harmonie von
ſchwerem Dunkelgraublau zeigenden Raum (Der:-
glaſung von Hoffmann in Berlin). Billing brauchte
dagegen für den in einer Harmonie von Gold in
Silber gehaltenen Kaiſerſaal freudige Farben und
wählte ein weſentlich blaue Farhen enthaltendes
Fenſter (erglaſung von Schell in Offenburg).

Der groͤßte Saal iſt die erwähnte Kaiferhalle,
entworfen vom Architekten Billing in Karlsruhe, die
einen freudigen und feſtlichen Eindruck macht. Der
dritte, am bedeutendſten wirkende Raum iſt der vom
Architekten Kreis in Dresden entworfene und von
villeroy und Boch ausgeführte Saal. Die Wand-
bekleidung beſteht aus Chamotteſteinen, die mit einex
blauen, fließenden Glaſur überzogen ſind. Die archi-
tektoniſche Hliederung des Baumes iſt eine kräftige
 
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