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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 16
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Grosse Berliner Kunstausstellung 1902
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Rehfeld, Ernst Paul: Die grünen Mineralfarben
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0285

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Vr. 16


bärtige Wüſtenheilige, Chriſtus ſelbſt, gegenüber dem ver-
irrten Lämmchen an den Tag legt.

Ehedem war das Publikum daran gewöhnt, von der
Hiſtorienmalerei die großen erſchütternden Weltereigniſſe
vorgeführt zu ſehen. Heutzutage hält ſich der Hiſtorien-
maler mit Vorliebe an das engere vaterländiſche Gebiet,
wenn er nicht Lokalgeſchichte verbildlicht. Letzteres geſchieht
auf zwei monumentalen Darbietungen, von Klein-
Chevalier und W. Friedrich. In dem einem Falle
läßt uns der Maler die guten Stolper Bürger und Frauen
auf dem Wochenmarkte belauſchen; im anderen Bilde halten
die aus dem Huſſitenkriege heimkehrenden Beruauer einen
fröhlichen Einzug. Es iſt jetzt Mode, für ſolche realiſtiſch
aufgefaßte Szenen mit lebensgroßen Figuren den hellen
kühlen Freilichtton zu wählen, ſtatt der kräftigen warmen
Farbengebung, den die ältere Hiſtorienmalerei bevorzugte.
A. Kampf ſtellt von ähnlichen Schilderungen, die für das
Aachener Kreishaus beſtimmt ſind, hier drei Kartons aus
mit brillant gezeichneten Arbeiterfiguren. In einem vierten
Bilde, dem Interieur der Charlottenburger Schloßkapelle,
malt er mit friſchen Farben den alten Fritzen, dem das
Tedeum von Graun und die Erinnerung an die Gpfer
des ſiebenjährigen Krieges Thränen entlocken. Dieſe trotz
oder vielmehr wegen Ad. Menzel noch immer ſehr dankbare
friderizianiſche Zeit hat hier Karl Röchling in zwei derb
kolorirten Kriegsſzenen von Kolin und Hohenfriedberg be-
handelt. Ebenſo iſt die Epoche der Befreiungskämpfe durch
ein paar temperamentvolle Bilder von R. Knötel, A. von
Koſſak und Hoynk van Papendrecht vertreten. Am wirk-
ſamſten nimmt ſich darunter unbedingt Knötels Heldentod
des Prinzen Louis Ferdinand bei Saalfeld aus, der in einer
Schlucht von feindlichen Reitern zuſammengehauen wird;
Koſſaks Malerei wirkt bei aller Bravour der Schilderung
etwas roh und unruhig. —

(Weitere Artikel folgen.)

4

Die grünen Mineralfarben.

von Ernſt Paul Rehfeld.
Nachdruck verboten)

2
— on ſämmtlichen anorganiſchen grünen Farbſtoffen
iſt Schweinfurter Grün eines der älteſten. Es
wurde im Jahre 1814 zuerſt von Sattler und
Ruß in Schweinfurt dargeſtellt. Schweinfurter Grün iſt.
eine Derbindung von Aupferarſenit (arſenikſaures Kupfer-
oryd) und Aupferazetat (eſſigſaures Kupferoxyd). Die
fabrikmäßige Herſtellung des Schweinfurter Grüns erfolgt
jetzt meiſt in der Weiſe, daß man gleiche Theile arſenige
Säure und neutralen Grünſpan in möglichſt wenig Waſſer
löſt und die kochenden Löſungen vermiſcht. Es bildet ſich
dann zuerſt ein flockiger olivgrüner Niederſchlag, der bei
längerem Stehen der Flüſſigkeit auskriſtalliſtrt, eine intenſiv
grüne Farbe annimmt und das Schweinfurter Grün dar-
ſtellt. Den ſchönen Farbenglanz verdankt dieſer Stoff lediglich
ſeiner kriſtalliniſchen Natur. Wollte man das Schweinfurter
Grün zermahlen, ſo würde es ſeinen leuchtenden Glanz
vollſtändig verlieren und einem ſchmutziggrünen Staube
gleichen.
Das Scheelſche Grün, der chemiſchen Zuſammenſetzung
nach arſenikſaures Kupferoxyd, unterſcheidet ſich vom
Schweinfurter Grün vortheilhaft dadurch, daß es amorpher

Natur iſt; es kann nach Belieben zermahlen und mit Gel
vermiſcht werden, ohne ſeine urſprüngliche Schattirung auch
nur im Entfernteſten zu verändern. Aber den Aachtheil
hat es mit dem Schweinfurter Grün gemein, daß es außer-
ordentlich giftig iſt, und dieſer Umſtand bildete die Urſache,
daß dieſe beiden Farbſtoffe vollſtändig vom Farbenmarkte
verſchwanden. Nach einem Keichs-Geſetze vom 5. Juli
1887 dürfen geſundheitsſchädliche Farben bei Herſtellung
von Nahrungs- und Genußmitteln und Gebrauchsgegen-
ſtänden jeder Art in Deutſchland nicht mehr verwendet
werden.

Das Kobaltgrün, auch Binnmanns-Grün, Sächſiſches
Grün oder Zinkgrün genannt, wird durch Auflöſen von
ı Cheil Kobaltoxyd in Salzſäure, Hinzufügen von 15 Cheilen
Alaun und Hermiſchen der Löſung mit 50—100 Theilen
Zinkoxyd hergeſtellt. Dieſe Löſung wird dann verdampft,
der Rückſtand getrocknet und ausgeglüht. Der ſo gewonnene
Farbſtoff zeichnet ſich durch hohe Beſtändigkeit aus; er deckt
indeſſen nicht beſonders gut, auch läßt die Farbe an Feurig-
keit viel 3n wünſchen übrig. Das Uobaltgrün findet als
Farbſtoff nur ſehr beſchränkte Verwendung; der Grund
hierfür liegt hauptſächlich

Recht viel verwendet wird jetzt das Kuhlmann-Grün,
welches auch „giftfreies Grün“ genannt wird. Es iſt in
der Farbe dem Schweinfurter Grün zum Verwechſeln ähn-
lich, indeſſen abſolut giftfrei. Das Kuhlmann-Grün hat
vor dem Schweinfurter Grün auch noch den Vorzug, daß
es dauerhafter und billiger iſt; ſeiner chemiſchen Zuſammen-
ſetzung nach iſt es ein Kupferchlorid.

Das Chromgrün beſitzt außerordentlich ſchätzenswerthe
Eigenſchaften; es wird weder von der Luft noch vom Licht
oder im Feuer angegriffen, auch in den ſtärkſten Mineral-
ſäuren bleibt es unveränderlich. Und da ſich durch die
Zuſätze von verſchiedenen Erden auch jede beliebige Nüance
erzielen läßt, müßte man dieſen Farbſtoff als eine Ideal-
farbe bezeichnen, wenn er nicht ſehr theuer wäre. Der-
hohe Preis macht dieſe Farbe für die Verwendung in der
Dekorationsmalerei wenig geeignet. Um ſo mehr aber be-
dient ſich ihrer die Porzellanmalerei. Man unterſcheidet
zwei Arten von lichtem Chromgrün, das Chromoxyd und
das Ehromorydhydrat. Erſteres wird meiſt durch Glühen
eines Chromſalzes mit organiſchen Subſtanzen, wie Kar-
toffelſtärke, Papiermaſſe 2c., hergeſtellt. Letzteres, welches
auch die Vamen Guignata-Grün, Vert Diriginal,
vert Pelletion, Mittlers Grün oder Smaragd-Grün führt,
wird durch Erhitzen eines Gemiſches von ı Cheil kriſtalli-
ſirter Borſäure gewonnen. Wenn mit dem Erhitzen be-
gonnen wird, ſchäumt die Maſſe ſehr ſtark auf, um ſchließ-
lich zu einem ſchwarzgrünen Schwamme zu erſtarren. Das
echte Chromgrün wird außerordentlich viel durch Miſchen
von Chromgelb mit Pariſer Blau verfälſcht, und ſind ſolche
verfälſchungen ſelbſtredend bedeutend minderwerthiger.
Während das echte Chromgrün, wie geſagt, luft- licht-,
feuer⸗ und ſäurebeſtändig iſt, wird das Chromgelb von
Schwefelwaſſerſtoff, Kohlenſäure und ätzenden Alkalien fehr
angegriffen, verliert daher ſehr bald ſeine urſprüngliche
Nüance und nimmt einen bläulichgrauen Schimmer an,
auch ſei noch darauf hingewieſen, daß im Handel derartiges
Chromgrün vorkommt, welches trotz guter Deckfähigkeit
und feuriger Färbung bis zu 90 Prozent Schwerſpat ent-
hält. Solche Miſchfarben beſitzen ſowohl als Gel- wie als
Waſſerfarben eine gute Deckkraft, haben aber als Waſſer-
farben ein unſchönes Ausſehen.
 
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