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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 16
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Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0283

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Vr. 16


dem jüdiſchen Leben, von Herm. Emil Pohle eine
Beihe feinſinnig behandelter Bilder, von Eugen
Kampf ſechs landſchaftliche, ſtimmungsvolle Natur-
ſchilderungen aus Flandern. Drei ausgezeichnete
Landſchaften von Heinr. Hermanns ſind in einem
warmen, dunklen Ton gemalt und wirken doch luftig
und frei. Eine Perle der ganzen Düſſeldorfer Ab-
theilung iſt ohne Sweifel „Waldeinſamkeit“ von
Anton Henke — ein Buchenwald in traulichem
Halbdunkel, nur der von verdorrtem Laub überſäete
Waldboden und die grauſilbernen Baumſtämme ſind
ſichtbar.

Von den älteren Landſchaftern ſind vertreten:
die beiden Achenbachs, der ältere mit einer „Pro-
zeſſion in Oſtende“ und einer „Mondlandſchaft“, der
jüngere mit drei ſeiner bekannten italieniſchen Land-
ſchaften. Ich erwähne dieſe nur der Vollſtändigkeit
halber; Veues bieten ſie ebenſowenig wie die, übrigens
mit tadelloſem Können gemalten Landſchaften von
H. Lieſegang, Zugo Aühlig, Fritz v. wille
und die Thier- und Jagdbilder von Ehriſt. Kröner,
Carl Deiker + u. A. die zu bekannt find, als daß
ſie noch näherer Erläuterung bedürften.

Einer dex begabteſten unter den jüngeren Düſſel-
dorfern iſt Gtto Heichert. Sein „Ora et labor“
iſt eine ebenſo tüchtige, achtunggebietende Leiſtung
wie die „Holzſammlerin“; im Format tragen außer-
dem ſeine Bilder den Bekord unter den Marken diéſer
Abtheilung. Ludw. Heupel hat ſeinen übrigens
vorzüglich beobachteten „Eiſenbammer“ in einer über-
mäßig glatten und geleckten Technik gemalt, die mit
der wuchtigen und derben Art des Motivs nicht recht
harmonirt; Arthur Kampf, von dem weiter unten
die Bede iſt, hat in ſeinem „Walzwerk“ einen ähn-
lichen Stoff behandelt, aber auch in der Art der
Technik den zyklopiſchen Vorgang in überlegener
Weiſe zur Anſchauung gebracht. Im religiöfen
Henre ragt Altmeiſter Gebhardt mit fechs bibliſchen
Zzenen hervor. Die Eigenart dieſes Malers, die
bibliſchen Dorgänge in das deutſche Mitttelalter zu
verlegen (etwa in das Zeitalter Luihers), kommt auch
in der hier gezeigten „Bergpredigt“, in den „Jüngern
v. Emmaus!, in der „Auferweckung“ und der „Tempel-
ene“ deutlich zum Ausdruck. — Ein faſt ſklaviſcher
Nachahmer Gebhardts iſt der junge Düſſeldorfer
Louis Feldmann; ſein „Jüngling zu Nain“ und
ſein „Chriſti Fall unter dem Kreuz“ ſind voll edler,
religiöſer Empfindung, aber ſie entbehren der künſt-
eriſchen Selbſtſtändigkeit faſt vollkommen.

In Janſſens Bahnen wandelt dagegen Otto
Bover mit ſeinex Hiſtorie:„Albrecht Achilles während
der treffliche Claus Meyer mit ſeinen beiden
Figurenbildern auf durchaus ſelbſtſtändigem Boden ſteht.

Das Bildniß iſt in der Düſſeldorfer Abtheilung
ſehr zahlreich und mit äußerſt tüchtigen Ceiſtungen
vertreten. Da ift der kräftige, zuweilen etwas allzı
derb zugreifende Schneider-Didam, der in drei
Herrenporträts und einigen Paſtellen ein ſtarkes
Ztreben nach ungeſchminkler Realiſtik zeigt. walter
Peterſen pflegt vorwiegend das weibliche Bildniß
und entwickelt darin viel natürliche Charme. Alex.
Frenz, hat außer einem Porträt ſeiner Frau euͤt
lebendig aufgefaßtes Herrenbildniß ausgeſtellt. Max
Volkhart malte Georg Geder in der Art, wie Knaus
ſein Helmholtzbildniß aufgefaßt, Carl Murdfield
hat den Erzbiſchof Simar v. Köh in rothem Talar
ſehr lebendig aufgefaßt, Ludw. Ueller, Ernſt
Pfannkuchen, Hutſteiner, Fritz Röber und F$ried.
Dezin ſeien von den Porträtiſten noch weiterhin ge-
nannt. Von der langen Beihe der Düſſeldorfer

können wir Baummangels halber nur noch einige
Namen anführen: die Genres im altdüſſeldorfer
Sinne von Peter Philippi und C. Schreuer, die
Hiſtorienbilder von Alb. Baur sen. und jun., die
ausgezeichneten Thierbilder von Jul. Bergmann,
die Hochgebirgsbilder von Macco die trefflichen
Bilder Ad. Männchens u. A. m.

Wandern wir über den Ehrenhof, wo die Plaſtik
ihr Heim zugewieſen erhalten hat, auf den linken
Flügel des Kunſtpalaſtes, ſo gelangen wir in die
beiden Säle, wo die Berliner Kunft dominirt.
Der Geſammteindruck iſt zwar nicht einheitlich, da
die „Jungen“ und die „Alten“ in zu diametralen
Bahnen ſich bewegen, als daß von einer einiger-
maßen einheitlichen Wirkung die Bede ſein könnte.
Dieſe unſelige Serſplitterung und Gegenſätzlichkeit!
An ihr geht ein gut Theil der robuſten Kraft des
deutſchen Kunſtſchaffens verloren. Gruppen, Klubs,
Vexeine und Perbände, die ſich gegenfeitig, wenn
nicht offen, doch im Geheimen, mit ſcheelen Blicken
verfolgen!

Auch die Berliner Abtheilung hat ihren Clou:
Yugo Vogels Bieſenleinwand „der Senat der Hanſa-
ſtadt Hamburg.“ Die Bathsherrengruppe in ihren
Amtstalaren wandert über einen Korridor und be-
giebt ſich eben ins Berathungszimmer. Das Bild
iſt mit großer Lebendigkeit aufgefaßt und mit achtungs-
gebietender Technik gemalt. Von den erſten Berliner
„Alten“ glänzen viele durch Abweſenheit: Carl Becker,
Ant. v. Werner — auch Menzel iſt nur durch eine
unbedeutende Seichnung dem Vamen nach vertreten.
Aber die Herren von der Sezeſſion! Liebermann
hat ſich für ſeine großen „Vetzflickerinnen“ den ſchönſten
Platz an der Bampe ausgebeten; ferner iſt von ihm
da: die „Alte Frau am Fenſter“, das „Altmänner-
haus“ und die „Reiter am Strande“, ohgleich von
letzteren nicht recht einzuſehen iſt, mit welcher Be-
rechtigung ſie hier zur Schau gebracht ſind, da ſie
doch in zeichneriſchem wie maleriſchem Sinne gar
nichts bieten. Franz Skarbina bezeugt in einigen
kleineren Aquarellen ſeinen ſublimen Farbengeſchmack,
der leider nur zu oft an der Gberfläche der Dinge
haften bleibt. Slevogts „Verlorener Sohn“ erweckt
bei allen Ausſtellungsbeſuchern ungetrübte Heiterkeit;
ſchade, daß ein ſo trefflicher Könner wie Slevogt
auf ſo bedenkliche Abwege gelangen konnte. Auch
Corinths „Salome mit dem Haupte Johannis“ iſt
ein „Todſchläger“ und eigentlich gar nicht zu plaziren.
Arthur Kampf hat ſich mit ſeinem „Walzwerk“
gewiß an ein rohes Motiv gewagt, aber er hat es
doch wenigſtens verſtanden, künſtleriſchen Geſchmack
mit ſeiner Darſtellung zu verbinden. Walter
Leiſtikow hat fünf Bilder hier, darunter einen
„Grunewaldſee“, der denn doch gar zu billig in der
Mache iſt und in den graugrünen Valeurs obendrein
auch nicht recht glaubhaft erſcheint. Geſchmackvoll
und feinſinnig wie immer ſind die Aquarelle von
hans Herrmann, die Landſchaften von Max Fritz,
— SCn rrutter
Schönefeld-Charlottenburg u. A. m.

Im Bildniß kann ſich Berlin mit vollen Ehren
behaupten. Neinhold Lepſius hat zwei unge-
mein zart und vornehm wirkende Damenbildniſſe
hier, Sabine Lepſius malte ihre Tochter in einer
etwas geſucht originellen Stellung (am Boden
kauernd), Georg Ludw. Meyn zeigt u. A. das edel
und ganz in hellen Tönen gemalte Porträt einer
alten Dame Erau v. Cotta). Weitere gute Bildniſſe
ſind: Ludw. Noſters Porträt von 5. A. Krupp,
Harl Sieglers Porträt ſeines Vaters, Alb. Krügers
 
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