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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 6
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0107

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von Straßenperſpektiven, die in den hier ausgeſtellten Ab-
bildern des Canal grande Venedigs unerreichbar delikat
behandelt ſind. E. Serra verbindet mit äußerſt weicher,
glatter Malweiſe eine Poeſie des grün-grauen Tones, die
dieſen beiden Kampagna-Motiven einen hochidealen Reiz
gewährt. Als Schilderer des bunten ſüdlichen Volkstreibens,
von Kirchen: und Familienfeſten in Straßen, auf öffent-
lichen Plätzen, in maleriſch umſchloſſenen Höfen oder halb-
dunklen Gotteshäuſern offenbaren hier Barbaſan, Vincente
March, Poveda u. a. das reiche darſtelleriſche Können, das
heutzutage als ſpieleriſche oder kunſtgewerbliche Leiſtung
bisweilen unterſchätzt, von Sammlern dieſer Art Fein-

malereien aber noch immer bewundert und begehrt wird.

* *
*

In Casper's Salon (Behrenftr. 12) hat die zweite
Ausſtellung dieſer Saiſon einen Mittelpunkt in dem wür-
digen Grabmal W. Leibls von dem Münchener Bildhauer
Mathias Gaſteiger erhalten. Es iſt ein Gipsabguß in
Griginalgröße, der von dem Künſtler ſelbſt durch eine
zartt perlgraue Tönung genau das Anſehen des Marmor-
werkes erhielt, das demnächſt den Friedhof ſchmücken wird.
Schlicht und rührſam beſteht das kleine Denkmal aus einem
viereckigen niedrigen Tumulus, über den ſich eine unterhalb
verhüllte Frauengeſtalt wehklagend gebeugt hat. Soll ſie
die Muſe der Malerei vorſtellen, die um den Herluſt eines
ihrer erfolgreichſten Jünger trauert? Die Bilderſammlung
des Salons hat wieder eine Anzahl exquiſiter älterer eng-
liſcher und neuerer Stücke von deutſchen, belgiſchen, hollän-
diſchen und engliſchen Malern vereinigt. Von jenen ſeien
nur eine äußerſt breit und flott ausgeführte, braun-grün
getönte „Landſchaft in Eſſe,y' von Conſtable und eine
ſehr effektvolle Szenerie „The old mill“ von Wimperis be-
ſonders hervorgehoben. Von heutigen Engländern bezw.
Schotten ſind Cameron, William Kennedy, W. Padgett,
Prieſtman, Auſten Brown, Grosvenor Thomas, Emms u. A.
mit koloriſtiſch bemerkenswerthen Arbeiten vertreten. Der
Holländer Storm van s'Graveſande zeigt in zwei
breit ſkizzirten Paſtellen, einem Hafenbilde und einem
pflügenden Bauer, welche Wucht und Größe ſeinem ener-
giſchen Naturalismus innewohnt. G. Klimt iſt wieder
mit einigen gezeichneten und gemalten Köpfen ſeiner mon-
dainen Frauenſchönheiten am Platze. Neben ihm wirkt der
junge Berliner Ernſt Heilemann in dem dunkelfarbigen
Konterfei einer brünetten Dame bürgerlich ehrbar. Ein
köſtliches Stück auch als Malerei iſt die reizende Knaben-
figur des Müncheners Karl Marr. Ein älteres dunkles
Blumenſtück (1869) von Hans Thoma halte ich nicht nur
des berühmten Urhebers wegen für bemerkenswerth. Endlich
ſei auch dem Werke eines Unberühmten ein Wort gegönnt,
dem liebevoll durchgearbeiteten Doppelporträt eines älteren
Ehepaares von Otto Jung. Der Beſucher ſolcher Aus-
ſtellungen, der mit Muße und Andacht zu ſtudiren gewöhnt
iſt (wie es dem Berliner Bezenſenten leider verſagt iſt),
wird hier gewiß ſehr auf ſeine Koſten kommen.

* *
*

Die Ausſtellung im Salon Wertheim leidet empfind-
lich unter dem hier herrſchenden Mangel an Cagesbeleuch-
tung, die ja im Dezember auch anderwärts ſchlecht genug
iſt. Die Bäume ſind, wie ſchon früher bemerkt wurde, in
einen Flügel des impoſanten Geſchäftslokals der Firma
hineingebaut worden, ohne daß auch nur der Derfuch ge-
macht worden wäre, die Lichtfrage dem künſtleriſchen

Zwecke angemeſſen zu löſen. Voch ſchlimmer ergeht es
dieſer Auswahl von Bildern, die — ſei es aus Prinzip,
ſei es aus Noth — den Atelierbeſtänden meiſt jüngerer
naturaliſtiſcher Landſchafter entnommen ſind, wenn elek-
triſches Licht auf die Leinwand mitleidslos ſtrahlt. Da
fieht man auf mancher paſtoſen geklexten Leinwand gerade
dort grelle Lichtfetzen, wo in Wirklichkeit ſchwarze Schatten
lagern. Unter ſolchen Umſtänden muß der Uritiker davon
abſtehen, dieſen Werken völlig gerecht zu werden. Er kann
dieſes Mal nur konſtatiren, daß zwei Kollektionen von
Studien und Bildern der Münchener Richard Kaiſer und
P. P. Müller dem Gebiete der baveriſchen Landſchafts-
ſchilderung angehören und eine energiſche Auffaſſung des
Gegenſtandes verrathen. Deutlich erkennbar iſt dagegen
ein „Hahnenkampf“ des unübertrefflichen Hubert von
Hevden, der die leuchtende Federpracht des wüthenden
Angreifers mit virtuoſem Können gemalt hat. Kurz er-
wähnt ſeien die Arbeiten des trefflichen Marinemalers
Karl Leipold, die Landſchaften der Düſſeldorfer Eugen
Kampf, Nikutowski, F. von Wille, A. Dirks, ſowie der
Münchener Franz Hoch, W. Geffcken, Alfred Bachmann.
Das ſehenswertheſte Stück der Sammlung iſt eine kleine
helltönige Tuſchzeichnung von A. Böcklin, eine zarte,
poeſievolle Frühlingsnatur, belebt durch einige Kinderge-
ſtalten mit „Maipfeifen“. Es iſt in jedem Falle ſehr zu
ſchätzen, daß die Firma nicht den ihr näher liegenden Zweck
verfolgt, leichter verkäufliche Marktwaare zu bieten, viel-
mehr dem künſtleriſchen Ehrgeiz des Leiters dieſer Ab-
theilung, Hans Looſchens, freie Hand läßt.

wegen Raummangels mußten die Beferate über

die Künſtlerhausausſtellung und „Aus Werkſtätten
jüngerer Künſtler“ für Heft 7 zurückgeſtellt werden.

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Runſtehronit.

* Berlin. Am 7. Dezember fand die Vorbeſichtigung
der Ausſtellung „Aus Werkſtätten jüngerer Künft-
ler“, Siegmundshof 11, ſtatt. Vertreten ſind Profeſſor
P. Breuer, A. Achtenhagen, Geſteritz, R. Kohtz, M. Fabian
u. a. — Wie in früheren Jahren hat auch in dieſem Monat
der Verein der Künſtlerinnen und Kunſtfreun-
dinnen eine Weihnachtsmeſſe von Arbeiten ſeiner
mitglieder im Hauſe Leipzigerſtraße 12 eröffnet. — Im
Bohenzollern-Kunſtgewerbehans hat eine „Her-
einignng für Kunſtgewerbe“ eine Sonderausſtellung
eröffnet. — Ein neuer Kunſtſalon untex dem Namen
„Jiinenkunſt“ iſt in der Lutherſtraße 47 eröffnet worden.
Es ſollen alle Gattungen moderner Kunſtübung gepflegt
werden. — Bildkauer Hermann Obriſt, München, hielt
im verein für deutſches Kunſtgewerbe einen Vortrag über
das Thema: „Veue Moöglichkeiten in der bildenden Kunſt.“
Redner äußerte ſich ſehr peſſimiſtiſch über das, was bisher
in der angewandten Kunſt geleiſtet wurde. Er verlangt
Einführuns einer ſtaatlichen Verſuchsſtation,
zur Prüfung der Erzeugniſſe des Kunſtgewerbes, ferner
Gefchmackskurſe“ und „Proteſtverſammlungen“, um Denk-
mäler des ſchlechten Geſchmacks öffentlich zu brandmarxken.

Magdeburg. Im Uunſtverein wurde dieſer Tage
eine Ausſtellung Magdeburgiſcher Künſther und
Kunſthandwerker eröffnet.

* Deffau. Am 28. November wurde die Gründung
der „Anhaitiſchen Kunſthalle“ vorgenommen. Es iſt
hier ein Mittelpunkt aller heimiſchen Kunſtbeſtrebungen
geſchaffen.

»Leip3ig. Das Kunſtgewerbemuſeum hat mit
einer Ausſtellung deutſcher Keramik und Bronze
 
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