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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 8
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Gustav, Leopold: Die Winterausstellung der Münchener "Sezession"
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0141

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oder im Walde. Aber welch' verſchiedenes Weiß hat der
Künſtler auf der Palette, wenn die Baumſchatten darauf
fallen, der Dunſt der Landſchaft oder ein paar ſchüchterne
Sonnenſtrahlen. — Bachwaſſer oder weiße Wölkchen bieten


Der Staat hat eine Anzahl dieſer Bilder gekauft.
Dem Künſtler bieten ſie noch mehr wie dem Laien. Schwer
iſt zu ſagen, ob dieſe Art die Höhe und das letzte Wort
von Langhammers Kunſt bedeutet hätte, wenn er länger
gelebt hätte. Daß dieſe feine harmoniſche Kunſt ebenſo
techniſch hochſteht, wie unſerem heutigen Empfinden ein-
ſchmeichelnd wohlthut, ſteht feſt. Die prunkende, roth-
ſeidene Wandbeſpannung des einen Saales, die mir nie
gefallen konnte, mochte ſ. 5. den ſtarken Tönen der
Stuckſchen Kunſt als Hintergrund immerhin dienlich ſein,
für die zarten Studien in Weiß mit ihren ſtillen, ariſto-
kratiſchen Reizen paßt ihr aufdringlicher Charakter nicht.

Ein Lebender iſt jener Dreizahl angereiht, ein Architekt,
der kürzlich von hier nach Stuttgart überſiedelte: Theodor
Fiſcher. Seine Arbeiten laſſen ſehr bedauern, daß
Münchens Stadtbauamt ſich nicht dieſe erſte Kraft zu er-
halten geſucht hat. Theodor Fiſcher gehört nicht zu den
Baukünſtlern von heute, die zu verblüffen ſuchen, die eine
krankhafte Sucht treibt, es um jeden Preis anders machen
zu wollen. Er iſt von der deutſchen Benaiſſance ausge-
gangen. Seitdem entwickelte er ſich immer mehr auf dem
Wege zur formalen Vereinfachung und Schlichtheit. Seine
Projekte zu Iſarbrücken künden ſein feines Naturgefühl
für die Silhouette der Landſchaft; ſie ſind bei aller Ein-
fachheit von markiger Wirkung. Seine Münchener Schul-
bauten tragen eine wundervolle Harmonie der Gliederung
zur Schau; welch' geiſtvolle Ideen drücken ſich in der
ſchlichten Ornamentik der proteſtantiſchen Kirche Schwabings
aus; ohne ins Vüchterne zu fallen, ſpricht aus dieſem Bau
ſpezifiſch lutheriſcher Charakter. Das bekannteſte Werk
Fiſchers iſt das wuchtig-eigenartige Denkmal Bismarcks.
Das iſt echte, deutſche Kunſt!

Berliner Kanstschaua.,

Von Franz Imhof.

[ Die winterausſtellung der „Sezeſſion“ ¶I).

Die Zeichnung war immer die ſtarke Seite der deutſchen
Kunſt. Selbſt in den Epochen des Derfalls ift ſehr fein
gezeichnet worden. Wir brauchten darin niemals die Kon-
kurrenz des Auslandes zu fürchten. Unſer ſog. Volk der
Denker fühlte ſich von dem abſtrakten Charakter der Zeich-
nung fraglos ſympathiſcher berührt, als andere Nationen,
welche den farbigen Schein der Wirklichkeit nur ungern
entbehrten. Dürer, Kornelius, Rethel und Schwind waren
in erſter Linie Graphiker. Und auch in unſeren Tagen
giebt es ſogar eine Menge tüchtiger Zeichner, Radirer,
Lithographen, deren Malereien wir minder erträglich
finden: Klinger, Greiner, Sattler, Schieſtl u. v. A., von
den Illuſtratoren und den Humoriſten des Stiftes gar nicht
zu reden.

Die ſo reichhaltige Ausſtellung der „Sezeſſion“ enthält
von jeder heute vorkommenden Gattung von Zeichnungen
bemerkenswerthe Proben, und innerhalb jeder wiederum
charakteriſtiſche Verſchiedenheiten, die den Individualitäten

der betheiligten Künſtler entſprechen. Die Paſtelliſten be-
dienen ſich zwar des graphiſchen Materials der Farbſtifte,
aber ſie behandeln damit ihre Arbeiten oft wie Gemälde
und gehören von Bechts wegen dann nur bedingungsweiſe
in dieſen Kreis. Hans Baluſchek bezeichnet ſeine Bilder
aus dem ärmlichſten Berlin O. oder N. als Aquarell-Pa-
ſtelle; er iſt genau derſelbe in ſeinen Oelbildern. Auch
von O. H. Engel, O. Frenzel, W. Georgi, K. Lang-
hammer, Latendorf, Looſchen, Leiſtikow, Glde, Schmidt-
Michelſen, Schultze-Naumburg, Skarbina, Strathmann,
Thoma, Uth u. A. ſind Darſtellungen in Paſtell oder
Aquarell vorhanden, die nicht den prickelnden Beiz der ab-
ſtrakten Zeichnung beſitzen, ſondern ſichtlich auf eine kon-
trete, völlig bildmäßige Wirkung abzielen.

Eine zweite Gruppe von Blättern umfaßt das Skizzen
und Studienmaterial der Maler in faſt jeder Art von
Technik. Da unſere Maler (ſoweit ſie „modernen“ Unter-
richtsgrundſätzen huldigen) viel weniger ſorgfältige zeichne-
riſche Vorſtudien zu ikhren Werken als früher machen, ſo
können ſie mit dieſen Studien, ſei es Akten, Bildniſſen oder
Landſchaftsſkizzen, nicht allzuviel Ehre einlegen. Ehrlich
und kurz geſagt, das Meiſte — inkl. der Hälfte der hier
von Max Liebermann ausgeſtellten Skizzen — iſt dürftiges
und langweiliges Zeug und überraſcht nur, wenn man an
den Bildrahmen die hohe, in Keichsmark ausgedrückte


mag ja die Schauſtellung dieſer Art von Ateliermaterial
gerechtfertigt ſein; ja, lebhaft intereſſirt, ſchnüffeln die
wahren und die vermeintlichen Uenner an der endloſen
Keihe der theilweiſe ziemlich gleichgültigen Aktſtudien von
L. von Hofmann und Mar Klinger herum — aber bis zu
Hinz und Kunz herab reicht dieſe geduldige Theilnahme
des Publikums für die oft „ſchmutzige Wäſche“ der künſtle-
riſchen Arbeit leider nicht aus.

Anders verhält es ſich mit den gezeichneten Vorlagen,
die für irgend eine Beproduktion beſtimmt ſind: zu Ra-
dirungen, Lithographien, Autotypien, Farbendrucken ꝛc. In
dieſer Abtheilung ſcheint mir der Schwerpunkt und die
Bauptbedeutung der Ausſtellung zu liegen, ganz abgeſehen
davon, daß auch äußerlich dieſe Abtheilung am impoſan-
teſten ſich ausnimmt. In vielen Fällen ſtellen die Künſtler
(3. B. Alb. Krüger, H. Struck, M. Klinger n. A.) nicht
die Originale, ſondern die Reproduktionen aus; und man
muß bekennen, daß bei den heutigen verfeinerten Mitteln
der Beproduktionsverfahren Lithographie, Badirung,
Farbendruck u. ſt w. annähernd den friſchen Reiz der Gri-
ginale beſitzen. Ich kann es darum nicht unterlaſſen, eine
Anzahl von Künſtlern namhaft zu machen, die ſich auf
dem berührten Gebiete — jeder auch durch ſeine eigen-
thümliche zeichneriſche, formale oder auch farbige Behand-
lung — Verdienſte erwarben, von denen hier ihre Arbeiten
Zeugniß geben: F. Andri (Wien), P. Behrens (Darmſtadt),
Ed. Edel (Berlin), L. Feininger (Berlin), W. Georgi
(München), Th. Heine (München), Graf £. von Ualckreuth
(Stuttgart), J. Klinger (Berlin), Mar Klinger (Leipzig),
käthe Hollwitz Gerlin), E. M. Lilien (Berlin), Ad. Münzer
(münchen), E. GOrlik (Prag), Bruno Paul München),
F. von Beznicek (München), M. Schieſtl iMünchen),
Ww. Schulz (Berlin), Ed. Thöny (München), H. von Volk-
mann (Karlsruhe), R. Wilke (München), H. Zille Gerlin).

An einer Anzahl von Blättern haftet der Blick des
Beſuchers mit beſonderem Vergnügen, die, ungeachtet ihres
 
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