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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 16
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Rehfeld, Ernst Paul: Die grünen Mineralfarben
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Brosch, L.: Aus Venedig: Kunstbrief
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Von Münchener Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0286

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Vr. 16

Werden ſolche Chromgrüne einem intenſiven Licht aus-
geſetzt, ſo iſt ein ſchon nach zwei Stunden
bemerkbar.

Grüne Erde iſt ein Naturprodukt und wird in Kaaden,
Böhmen (als Böhmiſche Erde, Kaadener Grün), am Garda-
ſee, in Südtirol, an verſchiedenen Orten in Belgien und
in Gegenden vulkaniſchen Charakters als zähe, thonartige,
halbfeuchte Maſſe gefunden. Die grüne Erde beſteht im
Weſentlichen aus kieſelſaurem Eiſenoxydul und Thon;
durch natürliche Beimengung eines eiſenoxydulhaltigen
Materials hat ſie häuſig ein gelbliches Ausſehen. Die
grüne Erde findet ſehr verbreitete Verwendung als Waſſer-
farbe; ſie hat keine beſonders lebhafte Färbung, iſt aber
außerordentlich beſtändig und wird aus dieſem Grunde,
wie auch wegen ihrer Billigkeit, ſehr geſchätzt.

2
NAus Venedig:

Kunſtbriei.

m Frühling pflegen ſich die Ateliers am Canal

Grande zu leeren. Von den Arbeiten, die während

der Winterzeit ihren Abſchluß finden, kommen
viele auf deutſche Ausſtellungen. Denn Venedig hat längſt
aufgehört, die Goldgrube der Maler zu ſein, aus welcher
engliſche Kunſthändler ihre Produkte bezogen. Jetzt herrſcht
weniger Nachfrage für ſpeziell Venezianiſches; ſelbſt die
gemalten Interieurs der Markuskirche finden keinen Abſatz
mehr, nur kleine wohlfeile Aquarellveduten gehen noch und
ſchützen die Künſtler oder Kunſthandwerker vor den
dringenſten Bedürfniſſen des täglichen Lebens. Kürzlich
rief es beſondere Erbitterung hervor, daß von Cairati aus
München nur ſpärliche Einladungen an italieniſche Künſtler
eingelaufen ſind. Dies nur nebenbei. Ich ſchreibe eigentlich
dieſe Zeilen nur, um den Deutſchen einen vergeſſenen Maler
vorzuſtellen, der auf der heurigen Münchner Jahresaus-
ſtellung mit vier Bildern vertreten ſein wird. Jacopo
d'Andrea iſt ſein Name. Wer iſt der Mannd In
venedig ſelbſt könnte Inhnen nicht Jedermann darüber
Auskunft geben. Der jetzt achtzigjährige d'Andrea bekleidet
ſeit 30 Jahren eine Profeſſur an der hieſigen Akademie:
alle Jüngeren zählen zu ſeinen Schülern, Favretto war ſein
Aſſiſtent. Im Dogenpalaſt erblickt man ſeine Kopien nach
zwei in Paris befindlichen Bildern Paolo Veroneſes. In
der Seineſtadt pflegte er einſt regen Umgang mit Boſſini,
bei welchen er in Paſſy des öfteren Gaſt war; ſo zählte
auch Verdi zu ſeinem Bekanntenkreis. Seine Uunſt fügte
ſich indeß nicht modernen Prinzipien. D'Andreas Paſſton
fußte tief in der Technik, die er ſchließlich zu beherrſchen
verſtand, wie ein alter Meiſter. In München wird man
Bilder ſehen, die er vor 40 Jahren gemalt hat und die
noch eine Eriſche beſitzen, als ſeien ſie geſtern gemalt
worden. Eine Leuchtkraft ſondergleichen zeichnet ſie aus,
Phosphoreſcenz und Weichheit; die Schatten ſind mit Laſuren
erzielt, während Lichtpartien mit dicker Farbe aufgetragen
wurden. Ueinen kleinſten Sprung zeigen dieſe Bilder,
ſprühendes Email, mit klar leuchtenden Tönen ſind ihr
eigen. D'Andrea, den ſelbſt ausländiſche Künſtler öfter
aufſuchen, erklärt offen, er pflege weder Oel- noch Tempera-
malerei — ſein Geheimniß wahrt er mit größter Eiferſucht.
Und gerade für unſere Zeit, in der es den Bildern an

guter, konſiſtenter Materie fehlt, wäre es von Nutzen, wenn
der Meiſter den Schleier lüften wollte, um ſeine Malmittel
Jedem zugänglich zu machen.

8
von Münchener Kunst.

L. Broſch.

ie III. Ausſtellung, welche die Künſtlervereinigung
„Phalanr“ veranſtaltet hat, iſt zwei aus-
wärtigen Malern gewidmet, Louis Corinth
und Wilhelm Trübner. Der letztere iſt ſeit ſeiner Ueber-
ſiedelung nach Frankfurt hier nur einmal mit einer größeren
Zahl von Arbeiten vertreten geweſen. Seine Kollektion
iſt hier nicht reich in numeriſcher Beziehung. Die ſechs
Pferdeköpfe ſind Vorſtudien zu Reiterbildern. Von Figuren-
bildern erwähne ich „Adam und Eva“ und „Suſanna“.
Der Akt der Epa, wie derjenige der im Bade Belauſchten,
iſt aus rein maleriſchem Intereſſe gebildet; da beide dem
Beſchauer den Bücken kehren, konnte ein Ausdruck des
Empfindens nicht betont werden. Adam, dem das Weib
den Apfel entgegen hält, ſchaut ziemlich gleichgültig drein,
und die beiden Männer auf dem Suſannenbilde ſtehen weit
im Hintergrunde. Dem ünſtler kam es, wie geſagt, nur
auf die Aktgeſtalten an; ſie ſind im vollen Tageslicht ge-
ſehen, unerbittlich wahr, aber wunderbar richtig, jeder
Strich iſt prim aufgeſetzt; der Künſtler that nichts, um die .
Herbheit zu mildern. Es iſt, wie ſtets bei Trübner; er
kommt uns nicht entgegen; die rauhe Schale müſſen wir
hinnehmen, um uns an ſeiner herbkräftigen Kunft freuen
zu können. Leider iſt von Landſchaften diesmal nichts
vorhanden.
Corinth, der kürzlich nach Berlin verzogen, bietet in
der Hauptſache noch Bilder Münchener Urſprungs. Im
Porträt erweiſt ſich der Künſtler ungemein treffſicher. Das
des Grafen Keyferling iſt in den grau nüchternen Tönen
gehalten, die Corinth ſo liebt. Mit mehr Verve hinge-
ſtrichen erſcheint der Kopf des Dr. v. Wilke. Uoloriſtiſch
iſt das Bild der Frau Holm im Boudoirinterieur mit außer-
ordentlichem Geſchick gemacht. In der Charakteriſirung
fehlt es dem Künftler auch hier nicht an dem ſicheren Blick
für das Wichtigſte, doch erſcheinen mir die Züge zu herb
aufgefaßt. Am liebenswürdigſten iſt das „Bernrieder
Gartenbild“, Max Halbe im Familienkreis zeigend. Die
Gruppe wirkt völlig ungezwungen in der Haltung. Die
Perſonen, wie die ſie umgebende Natur ſind friſch geſehen
und das Ganze flott hingeſtrichen; ähnlich wirkt auch das
Stück ſonnige Wieſe mit dem malenden Leiſtikow darauf;
ein wenig bizarr erſcheint mir das Bild mit der Dame,
deren übergroßer Federhut den Rahmen zu ſprengen ſcheint.
Seine Virtuoſität, weiß von weißem Grunde ſich abheben
zu laſſen, zeigt Corinth in dem Bilde eines Herrn in
Hofgala. Sehr plaſtiſch wirkt das Haupt mit dem Monoele
im Auge. Ein Wädchen mit Herbſtblumen in gedämpften
Lilatönen hebt ſich kaum vom Hintergrunde ab, macht aber
in dekorativer Hinſicht einen koloriſtiſch feinen Eindruck; eben-
falls farbig, von feinem Reize iſt das Bild der Dame im Kahn,
in welchem die Farbenwerthe des Sees, Himmels, Kleides
und Schirmes gut abgeſtimmt ſind. Koloriſtiſchem Intereſſe
verdankt wohl auch das Schweinebild ſein Daſein. Ich
wende mich auch den Phantaſiegeſtaltungen flüchtig zu.
 
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