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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 8
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0143

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die mit dem blaſſen, ins Graue ſpielenden Inkarnat jenen
vornehmen ſanften Akkord geben, der dem Auge ſo wohl
thut. Beſonders einſchmeichelnd wirkt die dekolletirte
jugendliche Blondine ohne Barett, das ſonſt dieſe Damen
tragen, in Fliederfarbe und Grau gekleidet; es hat einen
helleren freudigeren Ton als die übrigen Bilder Laverys.
An den beſten Empiregeſchmack erinnert das köſtliche Doppel-
bildniß Mutter und Töchterchen. Ueberraſchend konventionell
wirkt dagegen eine vom Kücken geſehene nackte Ariadne,
die über eine blaue Meeresfläche blickt.

Eine Kolleftion von 36 Arbeiten des Londoners
william Rothenſtein umfaßt Oelgemälde, Lithographien,
Zeichnungen und einige Medaillen. Unter den Gemälden
‚ gefallen mir die Interieurs am beſten, die etwas von
Biedermeierzeit-Stimmung haben. Die Wände ſind weiß
gemalt, ſehr ſauber in der Durchführung wie die ſchwärz-
lichen Schatten, die alle Gegenſtände ſtark plaſtiſch erſcheinen
laſſen. Die Zeichnungen Bothenſteins ſtehen meiſt noch
unter dem Mittelmaß.

Die Bekanntſchaft mit einer Leiſtung von außerordent-
lichem techniſchen Können und künſtleriſchem Feingefühl
verdanken wir dem hieſigen Emailmaler Ernſt Baſtanier,
der hier ferner mit mehreren ſeiner längſt geſchätzten
Miniaturbildniſſe vertreten iſt. In jenem Hauptwerke
kommt er nicht mit einer Uebertragung in Schmelzfarben,
ſondern als ſelbſtſtändiger, freiſchaffender und gedanken-
reicher Künſtler. Ein eigenartiger, geſchnitzter, brauner
Rahmen umgiebt ein kleineres Triptychon, deſſen drei Dar-
ſtellungen den Segen des Glaubens verbildlichen. Die
Symboliſirung des auf „das Wort“, als der Offenbarung
des Geiſtes, gegründeten Glaubens iſt die Schilderung der
Mitteltafel. Links wird der Troſt des Glaubens dem
Manne durch das Weib, rechts dem Weibe durch den
Mann geſpendet. Durch die wunderſam leuchtenden Farben
dieſer Schmelzmalerei erhölt die Kompoſition eine feierlich
prächtige Wirkung.

Hans Bohrdt bietet den Beſuchern des Salons die
künſtleriſche Ausbeute der im vorigen Jahre ſtattgefundenen
„Kaiſerfahrt nach dem Nordland.“ Bohrdt geht in dieſen
zahlreichen kleinen Studien nicht auf atmoſphäriſche Sen-
ſationen aus, ſondern er weiß mit ſeiner eminenten
Aquarelltechnik den einfachen ozeaniſchen Erſcheinungen
mancherlei feine maleriſche Reize abzugewinnen. Willy
Stöwer wirkt daneben mit ſeiner Aquarellſerie „Vom
deutſchen Segelſport“ wie ein gröberer Illuſtrator. Ein
maleriſch feſſelndes Kaſino-Interieur von Ferdinand Brütt
iſt voll von vorzüglich beobachteten Spielertypen der ele-
ganten Lebewelt. Einige hübſche Mädchenbildniſſe von
Fedor Enke und Plaſtiken von Sandor Jaray und M.
Schauß mögen zum Schluß kurz erwähnt ſein.

* *
*

Der Akademie-Präſident Ende hat einem Kreife von
Kunſtfreunden kürzlich Gelegenheit gegeben, das von Prof.
Bugo Dogel für Hamburg gemalte koloſſale Gruppenbild-
niß „Der Senat der Stadt Hamburg“ im Uhrſaal der
Akademie kennen zu lernen. Die Mitglieder des Senats
in ihrer pompöſen Amtstracht, ſchwarzen gemuſterten

Sammetröcken, weißen Halskrauſen und pelzbeſetzten
Baretten, nehmen ſich äußerſt würdevoll aus in dieſer
ziemlich ungezwungenen und maleriſchen Gruppirung, die
trotzdem faſt jeder Figur räumlich wie geiſtig gerecht wird.
Das gewählte Motiv der Darſtellung iſt offenbar, daß der

vom verſtorbenen Gberbürgermeiſter Dr. Versmann ge-
leitete Hamburger Senat, aus ſeinem Verſammlungsraume
nerabgeſtiegen, ein Foyer mit weißgetünchten Wänden
eben durchſchreitet, um ſich nach dem Feſtſaal zu begeben.
Gegenüber den altholländiſchen ſog. Regentenbildern, denen
die Schöpfung Prof. Vogels künſtleriſch ſehr nahe ſteht,
beanſprucht letztere dennoch eine gewiſſe ſelbſtſtändige Be-
deutung. Die Großzügigkeit der Leinwand und die liebe-
volle Charakteriſtik nicht weniger Köpfe verdienen Aner-

kennung.

Runstehronik.

*Berlin. Das Agl. Kupferſtichkabinet beab-
ſichtigt die wexthvolle Sammlung von Handzeichnungen
alter meiſter des Herrn A. von Beckerath, die mehr als
3000 Nummern umfaßt, anzukaufen. Verlangt wird außer
30 000 Mk. Anzahlung, eine jährliche Rente für den Be-
ſitzer. — Im Hohenzollern-kunſtgewerbehauſe wurden
am 7. d. M. Ausſtellungen von Albert Maennchen-Berlin
(Studien und Entwürfe für dekorative Malerei) und von
Renée Davpids⸗Paris (Bildniſſe in Blei- und Rötel-Stift)
eröffnet — Die Kunſtausſtellung Wertheim hat neue
Bilder zur Ausſtellung gebracht, darunter Arbeiten von
E. Bracht, O. Frenzel, Häniſch-;äinchen, H. Lietzmann-
München, B. Pietzſch-Nünchen, Küſtner-Rünchen. — Frau
Hermione von Preuſchen, die talentvolle Stillleben-
malerin, hat eine große Kollektion von Gemälden und
Studien in gemietheten Räumen am Hausvogteiplatz zur
Ausſtellung gebracht. Die Sammlung, die zuletzt in Paris
zu ſehen war, iſt zum Theil ſchon aus einer früheren Ber-
liner Ausſtellung bekannt und neuerdings durch landſchaft-
liche Studien von Sylt, aus dem Spreewald und der Um-
gebung von Schmargendorf vermehrt worden. Ueber die
tiefſinnigen Allegorien, die Frau von Preuſchen als Haupt-
ſtücke bietet, müſſen wir uns, ebenſo wie über ihre melodra-
matiſchen Abende, zu berichten verſagen. — Der Verein
Berliner Künſtler veranſtaltet am Karnevalsſonntag
(8. Februar) ein großes Winterkoſtümfeſt. Das Pro-
gramm lautet: Das deutſche Märchen.

CCn LYrein mutoe am
5. Januar eine neue Ausſtellung eröffnet, u. a. mit Porträts
des Münchener Meiſters Leo Samberger, Landſchaften des
Malers Charles Palmié, Werken Saſcha Schneiders, W. Kamp-
manns, L. Dettmanns und einer umfangreichen Sammlung
kunſtgewerblicher Objekte. Außerdem wird der Berliner
Bildhauer Walter Schmarje eine Kollektion ſeiner Skulpturen
ausſtellen.

kKöslin. Eine NKaiſer-Wilhelm-Gedächtnißkirche
ſoll hier errichtet werden.

»Dresden. Die auf der letzten „Internationalen
Kunſtausſtellung“ ausgeſtellte Büſte Franz Liszts von
Max Klinger hat der Pianiſt Silati dem Leiziger Ge-
Gewandhauſe als Foyerſchmuck geſchenkt.

Leipzig. Im Kunſtſalon Mittentzwey-Windſch
ſind n. A. hervorragende Werke von Lenbach, G. Mar und
Ed. Grützner ausgeſtellt. Die Uollektion der „Société
moderne des bedux arts“ aus Paris erregt immer noch
das größte Intereſſe. — Bei Pietro Pel Vecchio ent-
hält die Januar-Februar-Ausſtellung u. 4 folgende
Werke: H. Siemiradski: Gondelfahrt einer Patrizierin,
Anton von Werner: Kaiſer Wilhelm auf dem Sterhebette.
W. Brozik: Huß vor dem Konzil in Konſtanz. Großes
Intereſſe erregt das Gemälde von B. Linnig: „Hexen-
fahrt“, welches im vorigen Jahre in Antwerpen Aufſehen
erregte.

% Breslau. In der Gemälde-Ausſtellung Kunft-
verein-Lichtenberz im Muſeum der bildenden Künfte
gelangt eine neue Serie der Mitglieder des Mäxkiſchen
Künſtlerbundes zur Ausſtellung. — Im Kunſtſalon von
Bruno Richter waren zuletzt ausgeſtellt: von W. Ha-
macher: St. Margherita (Nahender Sturm), Geſtrandet,
Helle Mondnacht; Iſola Bergeggi: Meeresbrandung bei
 
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