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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 20
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Strassburg. i. E. Der neue Reinhardtsbrunnen
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Kunstchronik
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Vr. 20

ſich nie vergißt, der in jedem Augenblick darauf bedacht
iſt, ſich gefällig oder würdevoll darzuſtellen, nein, das iſt
dieſer Vater Rhein nicht! Eben iſt ihm ein Fang gelungen.
„Da hab' ich ihn! Seht her, ihr Leute!“ Um den Fiſch
zu fangen, muß er ſich unmittelbar vorher in gebückter
oder ſonſtwie von der aufrechten Haltung abweichenden
Lage befunden haben; noch hat er das ruhige Gleichgewicht,
die volle Beherrſchung über ſeine wuchtigen Gliedmaßen
nicht wiedergefunden; er ſtemmt ſich ſtark auf das rechte
Bein, ſo daß die Hüfte herausgedrängt wird, während er
nach der andern Seite in ſeinem Hakenſtock eine Stütze
ſucht; das linke Bein dagegen bleibt ganz locker; vielleicht
hält er es in Bereitſchaft zum nächſten Sprung. In alle-
dem iſt ſowohl der dauernde Charakter, als die augen-
blickliche Situation konſequent und ſprechend durchgeführt.

Freilich bleibt auch für mich, nachdem ich bisher den
kKünſtler vertheidigt habe, eine Ausſtellung übrig, die, wenn
ſie berechtigt wäre, nicht leicht wiegen würde: die nämlich,
daß das geſchilderte Bewegungsmotiv keineswegs von allen
Seiten in der zu wünſchenden Klarheit faßbar wird. Was
der Künſtler darauf antworten würde, glaube ich ungefähr
errathen zu können. In ſeiner gedankenreichen Schrift
„Das Problem der Form in der bildenden Kunft“ (bei Heitz
u. Mündel erſchienen) erklärt er für das Normale, daß
ein plaſtiſches Werk weſentlich für einen Standpunkt, und
zwar den frontalen, berechnet ſein müſſe. Dies kommt
ſogleich in der Wahl des Platzes zum Ausdruck. Er hat
den Brunnen nicht in die Mitte des Broglie geſtellt, ſondern
ans Ende. Er hat ihm einen feſten Hintergrund gegeben.
(geider keinen ſehr günſtigen! Denn die ſich wiederholenden
geraden Linien der Säulen an der Theaterfront verſchärfen
nur den Eindruck der Unruhe in der Geſtalt.) Er hat
ferner dem Becken eine beſtimmte, vorausberechnete Aus-
dehnung gegeben. Der Platz vor demſelben giebt die ge-
wollte Hauptanſicht. Verhindern kann er freilich nicht,
daß Mancher den Vater Bhein ſich auch in der Nähe und
von der Seite betrachtet . . . vielleicht ſogar von hinten!
Das iſt die Schwäche des Werkes. Wer an daſſelbe aber
nicht herantriit, um ſeine Schwächen auszuſpähen, ſondern
zu allererſt, um ſich klar zu machen, was der Künftler
beabſichtigt hat, der beſchränke ſich auf die Vorderanſicht.
Es bleibe dahingeſtellt, ob Hildebrands Forderung theoretiſch
unanfechtbar ſei; als eine Bedingung für das Verſtändniß
des Werkes muß ſie berückſichtigt werden. Soviel Ent-
gegenkommen darf ein jeder Künſtler beanſpruchen.

Ich wiederhole: Daß ich mit meinen obigen Bemer-
kungen das intimere Derſtändniß nennenswerth fördern
könnte, ſo weit geht meine Erwartung nicht. Was ich
herbeigeführt haben möchte, iſt nur die Einſicht, daß wir
uns mit dem Beinhardtsbrunnen noch recht lange werden
beſchäftigen müſſen, bis unſer Urtheil über ihn reif ſein kann.

G D:

P
KunfteBronik,

* Bayreuth. Der Derfhönerungsverein beabſichtigt
die Erbauung eines Ausſichtsthurmes auf dem Hühlberge.

*Berlin. Patriz Huber, der begabte Architekt,
theilt mit, daß er aus dem Derbande der Darmſtädter
künſtlerkolonie, der er ſeit ihrer Gründung angehört, aus-
geſchieden ſei. Er beabſichtigt in Berlin dauernd ſeinen
Wohnſitz zu nehmen und hat hier (Faſanen-Straße 24) ein
Atelier für Architektur und Kunſtgewerbe eröffnet.

* Bremen. Die Ausſchmückung der oberen Halle
des alten Ratkhauſes hat ihren Abſchluß gefunden.
Sie ift im Rahmen der gegebenen Architektur ausgeſührt,
nachdem man längſt von einẽm umfaſſeuden Verſ chönerungs-
plan des hieſigen Architekten J. Popp abgekommen wär.
Die neuen Holztäfelungen drängen fich in keiner Weiſe
por, und wenn erſt der Glanz des Veuen davon gewiſcht
iſt, wird man den Eindruck gewinnen, als ob die Halle
die Cäfelung immer gehabt hätte. In den Einzelheiten
der Holzſchnitzereien hält die neue Eäfelung ailerdings
keinen Vergleich mit den Kunſtwerken der Gildekammer
und der berühmten Galexietreppe aus. Die fenſterloſe Nord-
wand iſt noch nicht fertig.

Breslau. Beim Provinzial-Landtag ſoll eine Er-
höhung des Zuſchuſſes für die Denkmalspflege der
Provinz von 3000 M. auf 6000 M. beantragt werden.

Breslau, Der Muſikſaal der Univerſität. Nach-
dem im vorigen Jahre bis zu Gſtern dieſes Jahres die an den
Wänden und der Decke angebrachten Stuckarbeiten im
Muſikſaale zum Cheil ausgebeſſert, zum Theil erneuert
worden ſind, iſt ſeit dem Monat Mai der Kunſtmaler und
Lehrer an der hieſigen Kunſt- und Uunſtgewerbeſchule,
Joſeph Langer, mit der künſtleriſchen Wiederherſtellung
der Deckengemälde beſchäftigt. — Der Kunſt- und SGe-
werheſchule iſt aus Privaͤtbeſitz eine reiche Sammlung
von Kupferſtichen, Radirungen ꝛc. überwieſen worden.

»Frankfurt a. M. Dem Städelſchen Kunſt-
inſtitut ſind zwei neue Geſchenke zugegangen. Profeſſor
Bans Thoma in Karlsruhe überwies den Sämmlungen ein
von der Hand ſeiner jüngſt verſtorbenen Gattin Frau
Cella Thoma, glänzend gemaltes Blumenſtillleben; Birẽktor
Otto Cornill, hier, ſtifteke ein von Johann David Paſſavant,
dem ehemaligen Inſpektor des Inſtituts, ausgeführtes Ge-
mälde der heiligen Familie aus der römiſchen Studienzeit
des Künſtlers.

»Graz. Eine Sängerhalle für das deutſche
Sängerbundesfeſt iſt nach den Plänen des hieſigen
Architekten Prof. Friedrich Siegmundt auf dem Terrain
der Bennbahn errichtet worden.

»Bagen (i. W.) Folkwang-Muſeum, nach dem
mythiſchen Palaſt der Freia, iſt der Name eines dieſer Tage
neu begründeten Kunſtinſtitutes. Stifter deſſelben iſt Herr
Karl Ernſt Gſthaus, ein reicher junger Kunſtfreund, der
dieſes „Muſeum für Kunſt und Wiſſenſchaft“ in erſter
Linie der modernen Kunſt gewidmet hat. Zeit zwei Jahren
etwa hat Herr Oſthaus geſammelt und bereits eine Beihe
höchſt werthvoller Erwerbungen gemacht. Das Muſeums-
haus, ein älteres Gebäude, hat Henry van de Delde zu
dem neuen Zweck im Innern umgebaut und ausgeſtattet.

*Jena Das ſtädtiſche Muſeum wird nach ſeiner
Fertigſtellung im Herbſte folgende Abtheilungen enthalten:
Zimmer des Rathes, Zimmer der Zünfte, Saal von 1806
Schlacht von Jena), Goethe- und Schillerzimmer, Zimmer
der Univerſität, Zimmer der Jenaer Künftler, Räume für
kirchliche und graphiſche Kunſtwerke, Trachtenſammlung,
Reliquien des Univerſitätskarzers, kunſtgewerbliche Gegen-
ſtände und Funde aus dem Boden der Stadt und Um-
gegend.

»xAopenhagen. Am 1. Juli wurde in Schloß
Charlottenborg in Anweſenheit von Dertretern des Staates,
der Gemeinde und der Künſtlerſchaft die Ausſtellung der
Gemäldeſammlung eröffnet, welche der Großinduſtrielle
Heinrich Hirſchſprung dem Staate und der Gemeinde Kopen-
hagen geſchenkt hat. Dieſelbe war die größte private
Gemäldeſammlung in Dänemark und ſoll als ſelbſtſtändige
öffentliche Sammlung erhalten bleiben.

* Dofen. Ein „polniſcher Kunſtſalon ſoll hier
gegründet werden. Der „Kuryer Poznanski“ ſchreibt, daß
im Poſenſchen eine größere Anzahl von polniſchen Malern
lebe, die jedoch unter der Ungunſt der Derhöltniffe zu
leiden hätten, und deren Lage durch ein ſolches Inſtitut
ſehr verbeſſert werden würde. Außer Gemälden ſollen in
dem Kunſtſalon künſtleriſche Frauenarbeiten, Amateux-
Photographien u. ſ. w. ausgeſtellt werden. „In Anbetracht
deſſen“, — ſchreibt der „Kuryer“, — „daß in Poſen kein
Hunſtgeſchäft ſich in polniſchen Händeu befindet, wäre der
Erfolg eines Kunftfalons geſichert.“ Zunächſt ſollen Werke
 
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