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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 21
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Paris: Internat. Holzschnittausstellung 1902
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Zur Kunstpflege in Bayern
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0376

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— Z

ſoll, als der bis dahin für den älteſten gehaltene deutſche
Schnitt — welcher von 1423 datirt, während der von
macon ſchon 1340 entſtanden ſein ſoll. Daß dieſer alte
Schnitt natürlich zum „Clou“ der Ausſtellung wurde, iſt
bei der leichten Erregbarkeit des romaniſchen Blutes zu
begreifen. Handelt es ſich doch um nichts Geringeres, als
die erſte Anwendung des Holzſchnittes uunmehr den Fran-
zoſen zuzuſchreiben.

Doch abgeſehen von dieſem „Clou“ enthält der alte
franzöſiſche Holzſchnitt, befonders aus dem 15., 16. und 12.
Jahrhundert, eine Fülle von guten Leiſtungen der beſten
meiſter dieſer Zeiten. Da fehlen wohl wenige von den-
ſelben — man hat verſucht, ein ziemlich lückenloſes Bild
zu geben und dies iſt gelungen. Deutſchland führt die
herrlichen Schöpfungen der Blüthezeit des 16 Jahrhunderts
vor und legt damit Ehre ein. Die übrigen Epochen hat
es weniger berückſichtigt. Italien zeigt ſeine Holzſchnitt-
werke aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Hier fällt die
Blüthe der venezianiſchen und römiſchen Schulen beſonders
auf, mit ihren oft rein maleriſchen Wirkungen. Aeußerſt
ſeltene Blätter ſind dabei, zu denen Tizian, Baffael,
michelangelo, da Vinci, die Zeichnungen gemacht oder die
Farben angegeben. Die Niederlande glänzen mit Arbeiten
nach Rubensſchen Gemälden, die dieſer zum Theil ge-
zeichnet und in eigenen Verlag genommen hatte. Auch
Spanien und England bieten manch ſeltenes Blatt.

Es iſt ausgeſchloſſen, daß der alte Holzſchnitt je wieder
in ſolch' vollſtändiger und verſtändnißvoller Weiſe mit ſo
werthvollen und ſeltenen Exemplaren vorgeführt werden
0 —

Der moderne Holzſchnitt in den unteren Sälen zeigte
ſich in ſeiner ganzen DielfeitigFeit auf allen Gebieten und
in jedem Genre. Diel Schönes gab es im Fakſimileholz-
ſchnitt zu bewundern, beſonders bei den Franzoſen und den
Deutſchen. Die letzteren glänzten mit den bekannten Ar-
beiten nach Adolf Menzel, Schnorr, Rethel, Liezenmayr ꝛc.
Im Conſchnitt hatte Frankreich die beſten Leiſtungen auf-
zuweiſen und auch die meiſten Anſtrengungen gemacht, ein
möglichſt vollkommenes Bild ſeines modernen Schnittes zu
geben. Man ſah Blätter von ſeltener Schöne, nicht bloß
meiſterwerke der Technik, ſondern auch des künſtleriſchen
verſtändniſſes. Deutſchland fiel im Tonſchnitt ſehr ab,
aber nur veranlaßt durch ſeine ſchlechte Betheiligung. Aehn-
liches gilt von England, Italien, Spanien 2C.

Der Hriginalholzſchnitt fehlte nicht. Als Führer und
meiſter zeigte ſich hier Auguſte Lepsre mit einer ganzen
Hollektion hervorragender Leiſtungen in Schwarz-Weiß oder
in mehreren Farben. Lepére iſt bei uns noch viel zu
wenig bekannt, das iſt ſchade. Würde in Deutſchland
auch nicht alles gefallen, was er ſchafft, ſo würden wir
doch ſein immenſes Talent anerkennen müſſen. Veben
dieſem Großen fällt es natürlich Valloton, Collin, Bel-
trand, Labat, Laboureur ꝛc. ſchwer, mit ihren Clair obscure-
Blättern aufzukommen.

Bei den engliſchen Griginalholzſchnitten fallen die
bemerkenswerthen Leiſtungen von Morley Fletſcher be-
ſonders auf. Auf deutſcher Seite waren hier unter Anderen
Grlik und M. Hahn, Bamburg, vertreten.

Im Dergleich zu dem retroſpektiven Theile der Aus-
ſtellung zeigte der moderne ſo manche Lücke. Immerhin
wird die ganze Ausſtellung den eigentlichen Zweck der
veranſtalter doch erreicht haben: die künſtleriſche und
kulturelle Bedeutung des Holzſchnittes den Beſuchern vor

Augen geführt zu haben. Die jetzigen Leiſtungen des
modernen Holzſchnittes laſſen es als ausgeſchloſſen er-
ſcheinen, daß derſelbe den billigen, mechauͤiſchen Verfahren
werde weichen müſſen. 4

5
Zur Kunsfpilege in Bayern.,

uch für den Künftler gilt das Sprüchwort: „Was

der Wenſch ißt, das — iſt er“ in entſprechender

Modifikation. Was der Künſtler vom Staate em-
pfängt, das iſt ſein Werth für den Staat. In dieſer Frage
erſcheint die am 15. Juli in München ſtattgehabte Sitzung
des Finanzausſchuſſes von Belang. Auf Förderung und
Pflege der Kunft wurden 60 000 Mark bewilligt; dagegen
wurde auf Antrag des Referenten, des Zentrumsabgeordneten
Dr. Schädler, die von ihm in ſeinem ſchriftlichen Refergt zur
Bewilligung empfohlenen 100 000 Mark für Ankauf aus-
gezeichneter Kunſtwerke durch den Staat von ihm nunmehr
aus politiſchen Gründen zur Ablehnung beantragt. Mini-
ſterialkommiſſär v. Wehner erklärte, daß die verweigerung
dieſer Mittel eine ſchwere Schädigung für die Münchener
Kunft und die Künſtler bedeuten würde. Noch habe
münchen die führende Stellung in der deutſchen Aunſt,
aber durch die erweigerung der Mittel müſſe dieſe Führung
nach und nach in andere Hände übergehen. Seit ı2 Jahren
werde dieſe Summe alljaͤhrlich anſtandslos bewilligt, und
ſie ſei abfolut nöthig zur Aufmunterung der Künſtler und
zur Pflege der Kunft. Auf den letzten hieſigen Aus-
ſtellungen ſind bereits 32 Kunſtwerke vom Staat bedingungs-
weiſe angekauft worden; mit der Ablehnung dieſer Summe
würden eine Menge Hoffnungen getäuſcht, was bei der
jetzigen Depreſſion, unter weicher beſonders die Künſtler
am meiften ieiden, unendlich bedauerlich und geeignet
wäre, den Ruf Müncheus als Kunſtſtadt aufs Schwerſte zu
beeinträchtigen. Abg. Dr. Deinkard trat warm für die
Bewilligung dieſer Poſition ein; es hänge davon dex gute
Ruf Münchens als Kunſtſtadt ab, und das Geld ſei dringend
nothwendig, um die Uunſt zu unterſtützen.

Abg. Dr. Schädler fürchtet das Haͤberfeldtreiben nicht,
das fich über die Haltung ſeiner Fraktion erheben werde,
und eı ſei ſich der Tragweite ſeiner Anträge wohl bewußt.
Wenn er aber in die Beratung eintreten wollte, ſo würde
er eine andere Verwendung für dieſe Summe beantragen,
nämlich zu einer Art Prämie für jüngere und ſtrebſame
Künſtler Beiden Ankäufen für die Staatsſamm-
Iungen begegne man aber immer denſelben
Kamen, und zibar Namen von Künſtlern, denen die jetzige
geſchäftliche Depreſſion wenig anhaben wird. Wenn übrigens
don der Bewilligung dieſer Zumme der gute Buf Münchens
als Kunſtſtadt allein abhänge, dann ſtehe derſelbe doch auf
fehr wacklichen Füßen. Iın Uebrigen mögen diejenigen die
verantwortuͤng fragen, welche uns in die gegenwärtige
Situation hineingetrieben haben.

Abg. Lerno findet eine ganze Beihe vorjähriger Kunft-
erwerbungen für nicht würdig den ſtaatlichen Sammlungen,
wir haben die Dorlage für Wohnungsgeldzuſchüſſe leider
ablehiien müſſen aus Rückficht auf die ſinanzielle Lage, und
wenn man hier am Nothwendigſten ſparen muß, ſo kann ich
es nicht verantworten, Geld für Prunkſtücke auszugeben.
vielleicht kann man dieſe Summe von 100 000 Mark für
die Aufbeſſerung der Lage der unterſten, Beamtex ver-
wenden. Der Stellvertreler des Kultusminiſters, Staats-
rath v. Schraut, bat nochmals dringend, im Intereſſe der
wirklich ſchwer unter den Zeitverhältniſſen leidenden
Künftler dieſe Summe zu bewilligen, und Abg. Dr. Hammer-
ſchmied machte auf den ungünſtigen Eindruck aufmerkſam,
den der Abſchlag dieſer Summe auswärts machen müſſe.
Dabei wies er auf die hier erſchienene Broſchüre hin,
welche den Niedexgang Münchens als Kunſtſtadt behandle.
Die von dieſer Ablehnung betroffenen Künſtlex ſtehen ganz
gewiß nicht im Zuſammenhang mit den veränderten poli-
üſchen Verhältniffen, und die 100 000 Mk. für Aufbeſſerung
 
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