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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 11
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Das Palais Lanckoronski in Wien
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Dworaczek, Wilhelm: Vom Wiener "Hagenbund"
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0192

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Martin, die von einem Wagen der Madame Dubarry
herrühren; darauf prächtige Bronzebüſten des Prinzen
Eugen und Coudons von Sumbuſch. Ein herrlicher Wand-
ſchirm mit altjapaniſchen Kakemonos ſteht zur Seite.
Fackelträgerinnen aus Marmor, ſchönſte italieniſche
Arbeit des 16. Jahrhunderts, jetzt allerdings zu
Spenderinnen elektriſchen Lichtes umgewandelt, flankiren
den mächtigen Kamin. An den Wänden hängen
Familienbilder, alle künſtleriſch werthvoll, darunter
das lebensgroße Bild einer Herzogin von Lothringen
von Madame Lebrun und zwei Grafen Bzewuski
von Pompeo Battoni. Die Stiege, welche von der
Halle nach der oberen Gallerie führt, zeigt eine
Zupraporte von Hugo Charlemont „Die Kunſt“,
Büſten von Tilgner „Makart“ und „Wolter“, einen
„Hof in Nürnberg“ aus Budolf v. Alt's beſter Zeit,
ein Porträt des Beſitzers all' dieſer Schätze von
Makart. Glaskaſten mit koſtbarem Porzellan u. v. A.
Rings um die Decke läuft ein in Seide geſtickter
Fries aus dem Palazzo Borgheſe.

Die oberen Bäume des Palais Lanckoronski
enthalten eine ſolche Ueberfülle ſeltenſter Raritäten
aus jedem Gebiete der Kuuſt, daß es faſt unmöglich
ſcheint, in der kurzen Zeit eines Beſuches auch nur
dem Erleſenſten gerecht zu werden. Ein einziges
Stück von dem, was hier in den Verbindungsgängen
und in den Treppenhäuſern untergebracht iſt, würde
in ſo manchen Sammlungen den Stolz des Beſitzers
ausmachen. Den Freskenſaal mit den auf Leine-
wand übertragenen Griginalfresken von Dominichino
füllen nebſt dem Sarkophag aus dem dritten Jahr-
hundert Marmorreliefs aus dem klaſſiſchen Athen
zur Zeit ſeiner höchſten Blüthe, egyptiſche Alter-
thümer, griechiſche Terrakotten, antike Bronzen,
Vaſen, eine römiſche Bacchusſtatue, eine Herme
aus der Zeit Hadrian's, andere größere und kleinere
antike Büſten, eine altrömiſche Faun -Kopie nach
griechiſchem Griginal, leider nur ein Torſo. Der
Plafond in dieſem Saale iſt mit Kopien nach den
Planetenbildern von Baffael in Sta. Maria del
Popolo in Bom geſchmückt. In dem holländiſchen
Saal, deſſen Decke die Beliefs der Nacht und der
ſechs Wintermonate von dem Wiener Bildhauer
Friedel trägt, bilden den Glanzpunkt: Bembrandt's
„Judenbraut“, „Brautvater“ und der bereuende
Petrus. Natürlich ſind auch ſonſt die beſten Nieder-
länder vertreten. Was alles in den Vitrinen auf-
geſpeichert iſt, kann in kurzen Worten nicht geſchildert
werden. Das Pendant zum bolländiſchen iſt der
italieniſche Saal, deſſen Decke das Friedel'ſche Belief
„Der Tag und die Sommermonate“ ziert. Da reiht
ſich Perle an Perle aus der Glanzepoche italieniſcher
Frühkunſt. Es genügen die Namen Fra Angelico,
Signorelli, Lorenzo Lotto, Doſſo Doſſi, Gianbellini,
Botticelli, Moretto da Brescia, um den Werth jedes
einzelnen Stückes zu erweiſen. Ganz merkwürdig iſt
die oberitalieniſche Odyſſee in der Tracht des
15. Jahrhunderts. Weiter enthält dieſes Stockwerk
die Kapelle, das kleine italieniſche Kabinet und die
beiden Stiegenhäuſer, alle ebenſo werthvoll im Schmuck,
wie das Treppenhaus in dem zweiten Stock, welcher
den Gang der Aquarelle, den Vorraum zum Arbeits-
zimmer, dieſes ſelbſt und ein Ausſichtszimmer enthält,
das den Blick über das Belvedere und einen Theil der
Eaiſerſtadt bis zum Stephansthurme gewährt.

2

Vom Wiener „Fagenbunch“.

Don Paul Wilhelm.

Eine neue Künftlervereinigung iſt in Wien ins Leben
getreten und hat vor Kurzem ihre erſte Ausſtellung er-
öffnet. Man muß ſagen, unter den günſtigſten Ausſichten.
— vielleicht mit weniger äußerem Pomp, mit weniger
Prätenſion als die „Sezeſſion“, aber im Großen und Ganzen
mit einem poſitiveren Programm. Während es bei der
Sezeſſion der Sturm und Drang, ſich von der ünſtler-
genoſſenſchaft um jeden Preis loszureißen, war, der der
Vereinigung ihre Kampftendenzen eingab, und vor allem
der bedeutſame Einfluß fremder Aunſtwerthe den
Anſtoß zu der großen Loslöſung der Mitglieder der
Sezeſſion vom Künſtlerhaus gab, hat der Hagenbund
vor Allem die Heimathkunſt und ihre Pflege auf ſein
Programm geſchrieben, und in dieſem Beſinnen auf den
Werth und die Bedeutung des heimathlichen Elementes im
Schaffen des Künſtlers liegt nach meinem Gefühl der be-
deutſame Schwerpunkt der neuen Beſtrebungen, welche
eine ganze Anzahl der hervorragendſten Wiener Talente
unter ihrer Flagge vereinen. Und man muß freudig ein-
geſtehen, die kleine Künſtlerſchaar, welche mit ungleich
größeren Schwierigkeiten — vor Allem finanzieller Natur
— zu kämpfen hatte, als die Sezeſſion, tritt mit ihrer erſten
Ausſtellung nicht nur äußerlich, ſondern auch innerlich ſehr
bedeutſam auf den Plan. Zum Ausſtellungsgebäude wurde
ein Theil der Großmarkthalle adoptirt, und wenn die Nähe
des großen Nahrungsmittelverkaufes auch zu zahlreichen
mehr oder weniger geſchmackvollen Witzen Anlaß geben
dürfte, muß man doch dem Geſammteindruck der Aus-
ſtellungsräume vollſte Anerkennung zollen. Die Sacade hat
der ſehr begabte Bildhauer Heyda mit einem vielleicht
namentlich in der Farbe etwas marmorirten, aber ſehr
lebensvollen Beliefſchmuck ſtattlich ausgeſchmückt, während
in den Innenräumen Joſeph Urban ſeinen feinen und
diskreten und dennoch durchaus modernen Geſchmack walten
ließ. Das Entree in mit vornehmer Grnamentik durch-
ſchnittener Holzverkleidung macht einen überaus ruhigen
und einladenden Eindruck, und auch die Ausſtellungsſäle,
welche von beweglichen Wänden in feinen und ruhig
wirkenden Farben gebildet werden, wirken voll Stimmung
und künſtleriſcher Nobleſſe.

Was die Ausſtellung betrifft, darf man mit Freuden
konſtatiren, daß ſie zu den einheitlich beſten gehört, welche
wir ſeit Jahren in Geſterreich von heimiſchen Künſtlern
zu ſehen bekamen. Der ausgeſtellten Bilder ſind nicht
allzu viele, aber die Yuswahl iſt eine ſehr ſorgſame, und
nur hier und da hat man das Gefühl, daß andere, als
rein künſtleriſche Geſichtspunkte die Jury ein Auge zu-
drücken ließen. Dies ſind aber nur ſehr vereinzelte
Fälle, wie ſie wohl bei keiner Ausſtellung ganz zu ver-
meiden ſind.

Im erſten Saal fällt ein großes Bild „Die Eismänner“
von Karl Mediz auf — eine hochbegabte Arbeit voll
feiner Detailkunſt bei einem großen und eigenartigen Zug
der Kompoſition. Die Kunſt, im Einzelnen und in der
Farbe eminent maleriſch zu bleiben und bei bewußter Stili-
ſirung in der Linie naturwahr zu wirken, verräth eine
ſtarke und nach Hohem ſtrebende Begabung. Weit weniger
vermag ich mich mit den ſtiliſirten Landſchaften der Gattin
des Künſtlers, Frau Mediz-Pelikan, zu befreunden. Sie ſind
 
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