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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 10
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0178

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Ur. 10

Berliner Kanstschaa.

Don Franz Imhof.

Auch bei Ed. Schulte pflegt es eine „Saiſon“ für
wild und Sport zu geben. Sie hat ſich hier in dieſen
Tagen glänzender als in früheren Jahren aufgethan.
Nicht nur ein Saal, nahezu drei Räume umfaſſen diesmal
die Sonderausſtellungen Berliner, Düſſeldorfer und
Münchener Spezialiſten der Jagdmalerei. Auf dieſem
Gebiete aber ſcheinen mir, ſo anſpruchsvoll auch nach Um-
fang und Motiv, die Werke eines F. von Pauſinger, Graf
Brühl, M. Hünten und ſelbſt eines Zügel — in deſſen
temperamentvoller „Sauhatz“ ebenſo ſehr der Einfluß eines
Rubens und Snyders wie die Kraft der eigenen Inſpira-
tion zu Tage tritt — ſich geben, die Berliner Herren nicht.
nur jeden heutigen Mitbewerb zu ſchlagen, ſondern auch
in der Sachlichkeit ihrer Schilderungen von Wald und
Thier die ältere Thiermalerei erheblich zu übertreffen.
Meiſter Zügel hat in jener „Sauhatz“ den bekannten Weg
ſeiner Freiluftgrundſätze plötzlich gründlich im Stich ge-
laſſen, und wenn trotzdem der künſtleriſche Eindruck dieſes
braunſaucigen „Galleriebildes“, dieſe kühne, großzügige
Studie „frei nach Rubens“ überans packend wirkt, ſo iſt
dies lediglich ein Beweis dafür, daß heutzutage ſelbſt ein
Rubensbild aus zweiter Hand gegenüber modernen Pyg-
mäenkunſtſtücken ſich noch immer ſiegreich behauptet. Aber
dieſe an ſich gewiß ſehr intereſſante Erſcheinung raubt den
hier anweſenden Berliner Meiſtern nicht das Verdienſt, daß
ſie in einer Fülle von Malereien die volle Keife der künſt-
leriſchen Ausdrucksform offenbaren, jeder im Kreiſe ſeiner
eigenthümlichen Motive. Was neulich Hans Bohrdt über
den Marinemaler ſo richtig bemerkte, daß ihn der Zwang
der Sachlichkeit vor der Flunkerei des fog. modernen Stils
ſchütze, gilt ganz gewiß auch für den Jagdmaler: In dieſem
Sinne zählen die Bichard Frieſe, Kappſtein, W. Kuhnert,
Karl Wagner, K. Zimmermann, Ernſt Otto u. ſ. w. ent-
ſchieden zur alten Richtung. Eminente Landſchafter ſind ſie
übrigens alleſammt. Frieſe hat wieder einige Eisbären
in ihrer bläulichen Eis- und Schneewüſte vorzüglich beob-
achtet, ſein Beſtes aber in Waldinterieurs mit Bothwild
gegeben. W. Kuhnert hat ſein gelblich dürres afrikaniſches
Jagdrevier mit wundervoll gezeichneten Elephanten und
Löwen belebt. Kappſtein, der inzwiſchen ein wirklich
„Großer“ ſeines Faches geworden iſt, brillirt mit allerlei
Federvieh und kleinen Jagdthieren. Georg Kochs deko-
rative Szene mit Rothröcken vervollſtändigt das Enſemble,
deſſen koloriſtiſche Höhe die zumeiſt kleinern, aber breit und
farbenſchön gemalten Arbeiten von Ernſt Otto reprä-
ſentiren. In Bezug auf minutiöſe Genauigkeit des Chier-
porträts ſteht natürlich H. Sperling ohne Rivalen da;
als Landſchafter mit Thierſtaffage zählen Karl Wagner
und K. Zimmermann mit zu den Beſten. Die Bild-
hauer der Gruppen R. Ruſche, Max Landsberg und
O. Pflug haben eine Anzahl kleiner Thierplaſtik, zumal
Hunde und Pferde, von ſorgfältigſter Modellirung zur
Schau gebracht.

Unter den übrigen Stücken der reichen Sammlung
mögen zumal die großen Kartons mit den Gemsjagden
F. von Pauſingers den Jagdfreunden Bewunderung ab-
nöthigen. Für den Nichtjäger dürfte es wohl ſchwer ſein,
zu entſcheiden, ob hier der größte Grad von Natürlichkeit
erreicht iſt. Jedenfalls wird durch die Ausführung in

ſchwarzer Kohle, die Abweſenheit der Farbigkeit, die
Illuſion dieſer maleriſchen Szenerien ſtark beeinträchtigt.
Eine Kollektion des bekannten Kopenhagener Ehe-
paares Michael und Anna Ancher bringt uns neue
Arbeiten, Typen von Kindern, Mädchen, einfachen Stadt-
leuten, Fiſchern, die in der trivialſten Umgebung ihrer
däniſchen Heimath vorgeführt werden, nur um uns die
gleichgültige Häßlichkeit dieſer Menſchen ſo eindringlich wie
möglich und das freilich nicht immer geglückte Spiel von
Licht und Luft ſo ausdrucksvoll wie möglich zu zeigen.
Endlich wirbt eine Gruppe junger Münchener
Graphiker mit ihren Erzeugniſſen in Lithographie, Al-
graphie, Holzſchnitt, Radirung aber auch in Paſtell,
Gouache und Bleiſtift um die Aufmerkſamkeit des hieſigen
Publikums. Die Blätter mit ihren vielfältigen Herſtellungs-
weiſen und Effekten intereſſiren techniſch faſt durchweg un-
gemein, beſonders die kleinen farbigen Radirungen von
Heinrich Wolff und H. Völkerling, die geiſtreich impreſſio-
niſtiſch behandelten Paſtelle von Moritz Heymann. Aber
der künſtleriſche Eindruck ſteht keineswegs überall auf
gleicher Höhe, beſonders nicht in den von japaniſchen
Muſtern ſtark beeinflußten farbigen Holzſchnitten von Ernſt
Neumann und G. Braumüller.

*

Für einen wohlthätigen Zweck hat Frau Bicky
Zaeslein, die Gattin des hieſigen Uunſthändlers
Herrn Zaexlein, in einigen Bäumen des gleichnamigen
Hunſtſalons in der Leipzigerſtraße, eine Bevue ihrer
Thätigkeit als Porträtmalerin in den letzten acht Jahren
veranſtaltet. Wir haben es mit einem entwicklungs-
fähigen hübſchen Talente zu thun, das uns in einer
Anzahl von männlichen und weiblichen Bildniſſen, Studien-
köpfen und Kinderfiguren zum Cheil recht friſche, fleißig
gemalte Abbilder der Modelle darbietet. Zu einer perſön-
lichen Handſchrift iſt es bisher freilich noch ebenſowenig
gekommen, wie zu verfeinerter Farbengebung, die ſolchen
Werken erſt das künſtleriſche Gepräge und Leben verleiht.
Beſonders gelungen ſcheint mir in der Menge des Ge-
botenen das offenbar „ſprechend ähnliche“ Paſtellknieſtück
einer Frau X. mit Schleier und blauem Federhut. Eine
miß St. in ganz ſchlichter, weißer Robe wirkt durch die
edlen, ſchlanken Formen ihrer von der Rückfeite gegebenen
Figur vornehm. Lebensgroß erſcheint auch Mile Berley,
eine brünette Pariſer Chanſonette, im orangegelben kurzen
Kleide mit Federhut; hier beweiſt die Künſtlerin durch die
lebhafte Poſe ihres Modells und die Perve der Ausführung,
daß ſie auch ein wirkungsvolles Bild zu malen weiß.

%.

Kunstchronik.

»Berlin. In der „Sezeſſion“ iſt nun endlich das
eingetreten, was nicht allzu Kurzſichtige von vornherein
prophezeien konnten: nachdem 5. Skarbina, O. Frenzel,
K, Herrmann und O. H. Engel aus dem Horſtande aus-
ſchieden bezw. nicht wiedergewählt wurden, iſt die „Parthei
Liebermanit“ übrig geblieben. Keugewählt wurden außer
L. von Hofmann und Bildhauer A. Gaul der aus München
kürzlich übergeſiedelte Louis Corinth. Die ihm angetragene
Ehrenmitgliedfchaft hat Prof. Skarbina ahgelehnt.

* Berlin. Im Treppenhauſe des Kunſtgewerbe-
muſeums wurde am 25. Januar ein vom Kaitfer ge-
ſtiftetes prächtiges Glasgemälde feierlichſt eingeweiht.
Das Datum bezieht ſich auf den Vermählnngstag des
 
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